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Entscheidung über sächsische WahllistenTeilsieg für Sachsens AfD

Das sächische Landesverfassungsgericht erweitert die Landesliste der AfD auf 30 Bewerber. Eine endgültige Entscheidung gibt es am 16. August.

Hat über die Landesliste der AfD entschieden: der sächsische Verfassungsgerichtshof Foto: dpa

Lepizig taz | Die sächsische AfD darf nun doch mit mindestens 30 ihrer 61 Listenbewerber zur Landtagswahl am 1. September antreten. Mit dieser einstweiligen Anordnung folgte der neunköpfige sächsische Verfassungsgerichtshof am Donnerstag nach langer mündlicher Verhandlung zumindest teilweise einer Verfassungsbeschwerde der AfD.

Die Landespartei hatte diesen einzig möglichen Rechtsweg beschritten, nachdem der Landeswahlausschuss am 5. Juli wegen angeblicher Formfehler nur die auf einem ersten Nominierungsparteitag beschlossenen ersten 18 Listenplätze zugelassen hatte. Am Mittwoch hatte das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Beschwerde nicht angenommen und auf das höchste sächsische Gericht in Leipzig verwiesen.

In der Hauptsache wird das Gericht erst am 16. August entscheiden. Dann könnte es den Landeswahlausschuss sogar vollständig korrigieren und alle 61 Listenplätze mit Ausnahme zweier unkorrekter Einzelbewerbungen zulassen.

Eine Tendenzentscheidung aber ist mit der einstweiligen Anordnung nach Auffassung der AfD-Vertreter und anderer Verfahrensbeobachter bereits getroffen. In diesem „besonderen Ausnahmefall“, so die Begründung der Entscheidung, erachtet das Gericht die Beschwerde als zulässig, da ein Teil der Listenkürzung durch den Landeswahlausschuss „mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist“ und somit das Landtagswahlergebnis am 1. September anfechtbar würde.

Vorläufige Entscheidung

Der sächsische Verfassungsgerichtshof unterscheidet dabei zwischen zwei Aspekten der Ausschussverfügung. Vergleichsweise unwichtiger erscheint ihm die Frage, ob mit einem zweiten AfD-Nominierungsparteitag im März gegen das sächsische Wahlgesetz verstoßen wurde. Entscheidend ist das von Landeswahlleiterin Carolin Schreck selbst vorgebrachte Argument, bei dieser Fortsetzungsversammlung sei vom Einzelwahlverfahren zum effizienteren Gruppenwahlverfahren übergegangen worden. Das aber war erst ab Listenplatz 31 der Fall. Deshalb erkannte das Verfassungsgericht nun die nach dem gleichen Einzelprinzip gewählten Plätze 19 bis 30 ebenfalls an. Vorläufig, wie stets betont wird.

taz ost

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In der von Verfassungsgerichtspräsidentin Birgit Munz energisch geführten Verhandlung geriet Landeswahlleiterin Carolin Schreck zunehmend in die Defensive. Sie verteidigte die am 5. Juli vom Landeswahlausschuss unter ihrem Vorsitz getroffene Entscheidung zunächst vehement. Maßgeblich sei das geänderte Wahlverfahren, das die Chancengleichheit der Bewerber mindere. Die Landeswahlleiterin betonte nach AfD-Vorhalten die Transparenz der in öffentlicher Sitzung gefundenen Verfügung des Wahlausschusses.

Offen blieb in der Anhörung aber, ob die Wendung „eine Versammlung“ im Wahlgesetz so auszulegen sei, dass die Landesliste nur auf einem einzigen Parteitag unter identischen Bedingungen bestimmt werden darf. So verstand es der Wahlausschuss.

Die AfD erschien mit gleich drei versierten Juristen, die grundsätzliche Erwägungen anstellten. Dieser in der Bundesrepublik so noch nicht bekannte „Ausnahmefall“ weist nach deren Auffassung auf einen Mangel im Bundeswahlrecht hin, vor einer Wahl keinen Rechtsschutz zuzulassen. Erst danach ist eine Wahlprüfung möglich.

In einem anderen sächsischen AfD-Einzelfall aus dem Wahljahr 2014 nahm sie vier der fünf Jahre der Legislaturperiode in Anspruch. AfD-Fraktionsberater und Staatsrechtler Michael Elicker verlangte, dass Entscheidungen wie die des Wahlausschusses künftig noch vor der Wahl anfechtbar sein müssten. Landesvorsitzender Jörg Urban und der auf Listenplatz drei nominierte Jurist Joachim Keiler sahen den Proporz im künftigen Landtag gefährdet und die Wahl vorab belastet. Dem Argument folgte das Gericht schließlich teilweise.

Der AfD werden bei einem Zweitstimmenanteil von 25 Prozent bis zu 30 Mandate im neuen Landtag zugetraut. Wäre sie nur auf die Landesliste angewiesen, hätte sie Landtagssitze nicht besetzen können. Über ihre Chancen auf Direktmandate wird derzeit nur spekuliert. Landeschef Jörg Urban sprach nach dem Gerichtsbeschluss von „einem großen Sieg nicht nur für die AfD, sondern für die Demokratie“. Der Wahlausschuss habe „fahrlässig gehandelt“, die AfD sei stets überzeugt gewesen, keine Formfehler begangen zu haben. Man werde nun die Wählerstimmen auch absehbar im Landtag umsetzen können.

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13 Kommentare

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  • Jeden Morgen surfe ich auf den Seiten der sogenannten "Leitmedien", um mich schnell über aktuelle politische Entwicklungen zu informieren.



    Erstaunlicherweise fand ich über dies Gerichtsentscheidung weder bei SPIEGEL, FAZ, Focus, SZ oder SR irgendetwas, sowenig wie gestern im TV.



    Auch wenn ich mit den hier verbreiteten politischen Meinungen selten bis nie übereinstimme, die TAZ ist das einzige Medium, das seinen Informationsverpflichtungen auch nachkommt.



    Dafür meinen Dank.

    • @Don Geraldo:

      Ich schaue gerade die Tagesschau von gestern 20:00..... da wir das als erstes rein innenpolitisches Thema ausführlich behandelt.

  • Die Wirkung ist verheerend. Am Ende wird die AFD noch dafür belohnt, dass sie nicht in der Lage ist recht einfache Regeln einzuhalten. Wieso hat man sich nicht vorher beraten lassen und wo waren die drei "versierten" Juristen eigentlich als man sie gebraucht hätte? Übrigens kann man Zweifel an der jerzigen einstweiligen Verfügung und ihrem Bestand haben. Wenn es keinen Rechtsschutz vor der Wahl gibt, dann kann man ihn auch nicht einfach erfinden. Nach Rechtslage kann die Wahl erst nach ihrer Durchführung angefochten werden. Die Wirkung mag dann noch schlimmer sein, aber Recht ist Recht.

    • 8G
      83492 (Profil gelöscht)
      @Benedikt Bräutigam:

      "Am Ende wird die AFD noch dafür belohnt, dass sie nicht in der Lage ist recht einfache Regeln einzuhalten"

      Wenn die Regeln wirklich so einfach wären, warum ist dann die Entscheidung des Landeswahlausschuss vom Juli nach Meinung des Gerichts nicht über *jeden* Zweifel erhaben? Unfähige Juristen im Ausschuss ..,

      "Übrigens kann man Zweifel an der jerzigen einstweiligen Verfügung und ihrem Bestand haben"

      und im sächsischen Landesverfassungsgericht auch? Ich denke, unser Rechtssystem ist zu komplex als dass reproduzierbare Entscheidungen zu erwarten wären (ganz schlechte de.wikipedia.org/w...Reliabilit%C3%A4t) .

      • @83492 (Profil gelöscht):

        Die Regelung ist recht leicht zu fassen. Anwendung eines Wahlverfahrens. Wurde nicht gemacht, ergo Probleme.

  • Immer noch mehr als die hälfte gestrichen, das wird den letzten unschlüssigen Sachsen motivieren die Afd zu wählen, selber schuld.



    Wo ist das stellen auf der Sachebene mit Argumenten. Haut ab und es gibt kein Recht auf N propa... und wer nicht hüpft ist ein Nazi ist einfach zu platt.



    Gute Nacht Deutschland !

  • Entscheident ist doch wohl hoffentlich immer noch das Wahlergebnis. Leider machen es die anderen Parteien der afd durch ihre Politik sehr einfach gute Ergebnisse einzufahren. Entweder, wie FDP und Union, äffen sie die afd nach oder sie geben sich im Politikalltag als deren politische Stützrädchen her.

  • Na, schönen Dank auch, Frau Wahlleiterin!



    Nun wird die AfD mit diesem Rückenwind wohl stärkste Kraft werden. Eigentlich stagnierte die Partei ja zuletzt. Doch man wird sich jetzt zumindest mit dem Gedanken an einen AfD-Landtagspräsidenten schon mal anfreunden müssen.



    Als Antifaschist werte ich schon als Erfolg, wenn die AfD unter 35 Prozent gehalten werden könnte.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    welcher sieg folgt auf den teilsieg?

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Ein Teilsieg ist auch ein teilweise verlorener Prozess. Anders als beim in Aussicht gestellten Endsieg.