Sachsens Landeswahlleiterin unter Druck: Showdown in Leipzig

Wegen der gekürzten AfD-Wahlliste verhandelt am Donnerstag der sächsische Verfassungsgerichtshof. Auch Landeswahlleiterin Schreck ist geladen.

Die sächsische Landeswahlleiterin Carolin Schreck mit Anzug und Brille

Muss als Landeswahlleiterin öffentlich unter Polizeischutz tagen: Carolin Schreck Foto: dpa

Dresden taz | Wenn Carolin Schreck am Donnerstag in Leipzig vor den sächsischen Verfassungsgerichtshof tritt, wird das wohl kein leichter Gang: weil die bundesdeutsche Presse zuschauen wird, während ihr fachlicher Ruf auf dem Spiel steht. Aber auch weil an dem Tag ein juristischer Konflikt kulminiert, der von der AfD zu einem politischen erklärt wurde und in dem Schreck zuletzt zur Zielscheibe rechten Hasses wurde.

Bedroht wurde die Präsidentin des Statistischen Landesamtes und Landeswahlleiterin in Sachsen, seit sie als Vorsitzende des Wahlausschusses Anfang Juli mitverantwortete, dass die Liste der AfD für die anstehende Landtagswahl auf weniger als ein Drittel zusammengeschrumpft ist. Nur 18 der 61 AfD-KandidatInnen wurden zugelassen. Am Donnerstag werden nun die Verfassungsbeschwerden der AfD und von acht ausgeschlossenen KandidatInnen verhandelt.

Die AfD hatte die ersten 18 Listenplätze auf einer Mitgliederversammlung im Februar, die folgenden 43 im März gewählt. Es ist möglich, dafür zwei Termine anzusetzen. Die AfD in Brandenburg etwa hat es genauso gemacht – Ende der vergangenen Woche wurde ihre Liste bestätigt.

Ausschuss geht von getrennten Versammlungen aus

Bei Sachsens AfD allerdings hatten die beiden Aufstellungssitzungen zwei verschiedene Versammlungsleiter und getrennte Wahlverfahren. Ein No-Go, befanden Schreck und die Mehrheit der BeisitzerInnen des Wahlausschusses.

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Schreck hatte das alles geduldig erklärt. Schon in den Tagen vor Fristende sei auf die „erheblichen rechtlichen Bedenken“ hingewiesen worden, erklärte ihre Behörde. Es folgten Mängelschreiben und weitere Erörterungen im Büro der Landeswahlleiterin. Auch bei der Sitzung des Landeswahlausschusses am 5. Juli selbst nahm sich Schreck drei Stunden Zeit, um die Lage mit dem AfD-Vertrauensmann sowie Landeschef Jörg Urban durchzugehen.

Freundlich, nüchtern, aber bestimmt sei sie aufgetreten, so beschreiben es BeobachterInnen. Schreck habe sich „die Butter nicht vom Brot nehmen lassen“, trotz leiser Nervosität, die ob der Tragweite der Entscheidung an dem Tag im Raum zu spüren gewesen sei. Sie habe jeden Eindruck zu vermeiden gesucht, dass politische Vorlieben statt formal-juristische Fragen verhandelt würden.

Dennoch hagelte es seitdem Bedrohungen und Hassnachrichten gegen Schreck und ihre MitarbeiterInnen. Öffentliche Sitzungen der Behörde stehen künftig unter Polizeischutz.

AfD hält Entscheidung für „Willkür“

Von „Tricks“ sprach Parteichef Alexander Gauland, als „politische Willkür“ und „Missbrauch der Möglichkeiten“ hatte AfD-Landeschef Urban die Entscheidung des Wahlausschusses bezeichnet und gar die Wahlfälschung in der DDR als Referenz bemüht, um sich später von allzu wütenden Botschaften im Internet zu distanzieren.

Kritik an Schreck und dem Wahlausschuss kam indes nicht nur von den Rechtspopulisten. Im SPIEGEL etwa sprach die Düsseldorfer Parteienforscherin Sophie Schönberger von „unprofessionellen Entscheidern“ und einem Problem für die demokratische Wahl.

Im Wahlausschuss, der mit drei Abgeordneten der CDU sowie jeweils einem von SPD, Linken und AfD besetzt ist, saßen neben der Landeswahlleiterin allerdings mehrere JuristInnen.

Schreck selbst hat in Tübingen Rechtswissenschaften studiert und in ihrer Verwaltungskarriere durchaus Erfahrung in Fragen des Wahlrechts gesammelt: Bereits von 2001 bis 2005 war sie stellvertretende Landeswahlleiterin, davor Referatsleiterin und Fachreferentin in der Sächsischen Staatskanzlei und im Innenministerium. Bevor sie im Januar ihr Amt als Präsidentin in der Behörde in Kamenz antrat, war sie Vizepräsidentin der Landesdirektion Sachsen.

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