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Maaßvolle SelbstwahrnehmungAn der Realität vorbeigeschrammt

Zwischen seinen Flirts mit der AfD und verschwörerischen Thesen ordnet sich der ehemalige Verfassungsschutzchef Maaßen selbst als links ein.

Träumerle mit schlechtem Einschätzungsvermögen? Oder mit kalkulierender Strategie? Foto: dpa

H ans-Georg Maaßen hat mal wieder ein Interview gegeben, Provokation inklusive. Das an sich ist eigentlich kaum noch bemerkenswert. Denn der Mann lässt kaum eine Chance aus, sich in die Öffentlichkeit zu drängen, seit er als Verfassungsschutzchef geschasst wurde – wegen der Verbreitung von an Verschwörung grenzenden Vermutungen, mit denen er via Bild-Zeitung der Kanzlerin öffentlich und ohne Vorwarnung in den Rücken fiel.

Seit er den Posten also los ist, hat der offensichtlich schwer gekränkte Ex-Sicherheitsbehördenchef einen neuen Resonanzraum gesucht – und ihn bei der Werteunion gefunden. Bei jener kleinen Truppe am rechten Rand der CDU, die eine Öffentlichkeit genießt, die in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Einfluss in der Union steht. Und die mit einer Koalition mit der AfD liebäugelt.

Für die Werteunion macht Maaßen gerade auch Wahlkampf in Sachsen, wo er AfD-Funktionäre in Begeisterung versetzt, am Mittwoch zum Beispiel in Radebeul. Jens Maier war da, ein Rechtsaußen in der AfD-Bundestagsfraktion, der sich freut, wenn man ihn „Kleiner Höcke“ nennt. Und der für eine Einlassung auf der CDU-Veranstaltung noch mehr Beifall bekam als Maaßen selbst.

Absurde Selbsteinschätzung

Jetzt also hat Maaßen der Rheinischen Post dieses Interview gegeben, bei dem er wegen kritischer Nachfragen den Redakteuren mehrfach mit Abbruch desselben gedroht und am Ende bei der Autorisierung auch noch alles umgeschrieben haben soll.

Wen wundert das noch? Schließlich lobt Maaßen inzwischen den russischen Propagandasender RT Deutsch und hält die Neue Züricher Zeitung für „Westfernsehen“ – was ja wohl im Umkehrschluss heißt, dass in seinen Augen die deutschen Medien so etwas wie die „Aktuelle Kamera“ sind. Warum also deren Fragen ernst nehmen?

Wer ihn für links hält, muss wohl verdammt weit rechts stehen

Der Rheinischen Post sagte Maaßen den bemerkenswerten Satz: „Menschen, die mich näher kennen, halten mich für sozial und damit für eher links.“ Das wirft Fragen danach auf, wer Maaßen so kennt. Denn wer ihn für links hält, muss wohl verdammt weit rechts stehen.

Und, auch nicht schön bei einem ehemaligen Verfassungsschutzschutzchef: Was weiß der Mann eigentlich über die extreme Rechte? Schließlich wurde und wird da – von der Höcke-AfD über die NPD bis zu Nationalso­zialisten selbst – ständig die soziale Karte gespielt.

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Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.
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13 Kommentare

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  • Das ist doch vollkommen klar eben national und sozial und schließlich waren die Nazis laut AfD und Erika Steinbach auch links und sozialistisch.



    Außerdem ist links der NPD nicht eh alles links. Oder sind das die Vertreter des versifften Systems nicht eh alle ?

  • Typen wie Maaßen haben doch schon immer alles mit links gemacht (;-))

  • Ich bringe keine Menschen um, bin ich dann auch links?

    • @danny schneider:

      Nein, einfach nur harmlos.

  • Es gibt halt internationale und nationale Sozialisten. Links sind allerdings nur die ersten. Aber woher soll ein Verfassungsschutzchef der Bundesrepublik Deutschland das wissen? Aus der Schule? Aus der Zeitung? Von seinen Amtsvorgängern? Von den Leuten, die ihn „näher kennen“ oder von denen, die ihn „groß gemacht“ haben?

    Diese Art Realitätsverlust kommt nur da zustande, wo die Realität selber aus lauter Fake News besteht, fürchte ich.

  • Maaßen ist einer der wenigen in der CDU, der rechtskonservative Wählergruppen von der AfD zurück holen wird. Dafür sollte man ihm - nicht nur in der CDU - dankbar sein. Dass er sich für sozial und damit für irgendwie für links hält - geschenkt.

  • Hans-Georg ist nicht wie andere Kinder, Spendenkonto DE 00 815

  • Vielen dank, ich darf jetzt erstmal Pudding vom Monitor wischen.

    Wobei Eure tagline nicht stimmt, Maaaaaaaaßen ordnet sich nicht links ein, er sagt andere(tm) ordneten ihn so ein. Er sagte explizit nichts zu seiner Selbsteinschätzung

    • @Yodel Diplom:

      doch, sagt er. nämlich "Menschen, die mich näher kennen, halten mich für sozial und damit für eher links – und für einen Realisten. So sehe ich mich auch."

      • @christine rölke-sommer:

        OK, und das steht WO in diesem Artikel? Wenn das in der Quelle steht sollte man eventuell das ganze Zitat übernehmen.

        • @Yodel Diplom:

          es steht bei RP zu lesen.



          auch das hick-hack darum, dass die tageszeitungen nicht immer auf der ersten seite bringen, was Hans-Georg dort gern läse, ist sehr vergnüglich zu lesen.

          • @christine rölke-sommer:

            Dann stimmt mein Hinweis. Die tagline ist irreführend, es stimmt nicht mit dem überein was im Artikel steht. Warum man den entscheidenden Teil weglässt und dann meint die Leser müssten halt selber recherchieren erschliesst sich mir nicht. Aber ihr werdet schon Eure Gründe haben warum Ihr die 9 Worte nicht mitzitiert.

      • @christine rölke-sommer:

        ok jetz hab ich auch pudding auf dem Bildschirm.

        das Originalzitat ist Gold wert, wieso wurde das gekürzt?