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Linksregierung gegen steigende PreisePortugal deckelt die Mieten

Auch in Portugal leiden Großstädter unter Mieterhöhungen. Deshalb begrenzt die Regierung ab Juli die Mieten. Der Aufschrei der Eigentümer bleibt aus.

Mieten steigen: Innenstadt von Lissabon Foto: dpa

Madrid taz | Portugals Großstädte haben das gleiche Problem wie viele Metropolen im restlichen Europa auch: Die Mieten steigen unaufhörlich. Viele Familien müssen deshalb in die Vororte abwandern. Allein in Lissabon zogen die Mieten seit 2013 um 71 Prozent an. Die Steigerungen liegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum seit langem im zweistelligen Bereich, zuletzt betrug die Teuerungsrate satte 20 Prozent. Das soll jetzt ein von der Linksregierung unter dem Sozialisten Antonio Costa erstelltes „Programm für erschwingliche Mieten“ stoppen. Vermieter, die mitmachen, erhalten danach Steuervergünstigungen.

Bereits am 1. Juli geht es los: Das Programm teilt das Land je nach Mietpreisniveau in Zonen auf und legt dann entsprechende Mietpreise fest. Lissabon ist die teuerste Zone. Dort werden die Höchstpreise für Wohnungen innerhalb des Programms 600 Euro für ein Apartment, 900 Euro für eine Ein-Zimmer-Wohnung, 1.150 für zwei , 1.375 Euro für drei, 1.550 Euro für vier und 1.700 Euro für fünf Zimmer betragen. Für noch größere Wohnungen, von denen es in Lissabon nicht wenige gibt, darf die Miete höchstens um weitere 150 Euro pro Zimmer steigen.

In der nächstgünstigeren Region, also die meisten Vorstädte Lissabons sowie Porto, die zweitgrößte Stadt des Landes, beginnt die Skala bei 525 Euro für ein Appartement und endet bei 1.500 Euro für eine Fünf-Zimmer-Wohnung. In der nächsten Preisebene, in der der größte Teil Portugals eingestuft ist, darf ein Appartement 250 und eine Fünf-Zimmer-Wohnung 675 Euro kosten.

Anspruch auf Wohnungen aus dem „Programm für erschwingliche Mieten“ haben Alleinstehende, die maximal 35.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Für Paare liegt der Betrag bei 45.000 Euro, für jedes weitere Familienmitglied dürfen weitere 5.000 Euro eingerechnet werden.

Mindestlaufzeit von fünf Jahren

Die Mietverträge aus dem Programm haben eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren. Nur für Studierende dürfen auch kürzere Mietverträge ausgestellt werden. Üblicherweise werden in den großen Städten Portugals Mietverträge mit einer Laufzeit von einem Jahr ausgestellt.

Die Reaktionen der Hausbesitzer sind gemäßigt: Zwar befürchtet die Lissaboner Eigentümervereinigung (ALP), dass „die Regierung mit ihrer Idee, absurde Beschränkungen einzuführen, die Eigentümer davon abhält, ihre Häuser zu vermieten“.

Aber anders als in Berlin, wo die Landesregierung die Miete aus ähnlichen Gründen wie in Portugal für fünf Jahre lang deckeln will, bleibt ein Aufschrei aus. Bei aller Kritik rät die ALP nicht gleich zu sofortigen Mieterhöhungen wie in Berlin. Der Grund: Die Vermieter profitieren vom „Programm für erschwingliche Mieten“ dank einer Reihe von Steuererleichterungen.

So wird die Einkommenssteuer auf die Mieten völlig erlassen. Außerdem können die Vermieter ihre Wohnung günstiger als auf dem freien Markt gegen Schäden und Mietausfall versichern. Die Gemeindeverwaltungen sind angehalten, auch bei der Vermögens- und Grundsteuer Nachlässe einzuräumen.

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6 Kommentare

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  • So schafft man Ruinen!



    Das Einfrieren der Mieten wird zunächst durch das Aussetzen der Besteuerung mehr als kompensiert (in Deutschland käme das einer Verdoppelung der Mieteinkünfte gleich).



    Aber durch den fehlenden Steuer(absetz)anreiz lohnen Investitionen oder Instandhaltungen für die Vermieter nicht mehr.



    Anfangs freuen sich alle, in ein paar Jahren ähnelt Lissabon dann Havanna ...

  • Um es klar zu sagen, es ist nicht vergleichbar zu den Berlin Plänen.

    Es gilt nur für Vermieter, die bei dem Programm mitmachen.

    Und diese Vermieter bekommen einen zusätzlichen Gewinn, der von allen gegenfinanziert wird, nämlich deutliche Steuererleichterungen.

    Kein Wunder, dass Vermieter dagegen nicht auf die Strasse gehen.

    • @fly:

      exakt, ist freiwillig. danke, @fly.



      plus - mindestlohn bei 600€ (660€ wenn beim staat angestellt); durchschnittliches einkommen bei 900euro (meist p/familie). do the math...

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Geht doch!



    Schlage vor, alle SPDler mitsamt den unseligen christlichen werden zwangsverpflichtet, sich von den Experten beraten zu lassen.

  • Die gleichen Dummheiten wie in Berlin. Den Markt nicht verstanden...

    • @Wellmann Juergen:

      Es ist die Gesellschaft, die den Rahmen für "Märkte" setzt. Was hat denn nun die portugiesische Regierung ihrer Meinung nach nicht verstanden so dass es gerechtfertigt wäre von "Dummheiten" zu sprechen?