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Grüner durch Rot

Markant gefärbt setzt die neue Fahrradroute in der Parkstraße ein Zeichen für eine Wende zum klimafreundlichen Verkehr. Ein Ziel, das die Parteiprogramme sehr unterschiedlich gewichten: Die Wahl bestimmt, wer in Bremen Vorfahrt hat

So viel Rot war nie: Außer für Menschen mit Protanopie ist die Parkstraße jetzt unverkennbar markiert – als Fahrradvorrangroute Foto: Jean-Philipp Baeck

Von Jean-Philipp Baeck

Es wird rot. Also ja: In der Regierung nach der Wahl vermutlich, aber heute auch schon auf der Straße. Bremen ist damit ein bisschen grüner: Seit in der vergangenen Woche der Verkehr in der Bremer Parkallee freigegeben wurde, ist mit der neuen Straßenbemalung eine weitere, kleine Weiche in Richtung Verkehrswende und klimafreundlichere Stadt gestellt worden.

Richtig knallrot strahlt der Belag, der nun zwischen Rembertitunnel und Stern auf fast einem halben Kilometer markiert, dass hier Radfahrende Vorfahrt haben. Hinzu kamen Fahrrad-Piktogramme und Umbaumaßnahmen. Unter anderem wurde die Fahrbahn verengt und Parkraum auf die Straße verlegt. Mehrere runde Tische, Verkehrsausschuss und Pipapo gingen voraus. Von einem „Auswärtsspiel für Autofahrer“ sprach der grüne Verkehrssenator Joachim Lohse bei der Wiedereröffnung.

Nötig war das alles, weil in der Fahrradstraße Parkallee der Verkehr weniger einem Spiel als einem täglichen Kampf ähnelte. Autos drängelten, Radfahrer kuschten. Hin und wieder frei werdende Lücken zwischen parkenden Autos wurden für sie zum Panic Room, in dem sie sich mit einem kurzen Schlenker vor den Autos flüchten konnten. Gefährliche Situationen, obwohl ja auf Fahrradstraßen die Radfahrer den Ton angeben sollen.

Der rote Belag soll nun helfen, das durchzusetzen. Bislang ist die Farbenlehre bei Radstraßen noch größtenteils eine Geschmacksfrage. Festgelegt ist in der Straßenverkehrsordnung für Fahrradstraßen zunächst nämlich nur die Beschilderung. Dass der Asphalt in der Parkallee rot gestrichen wurde, war eine Festlegung – gegen Grün, was man sich im grün-geführten Ressort nicht traute, weil es zu dick aufgetragen hätte wirken können. Und gegen Blau, weil das zu stark an Autobahnen erinnert.

Mit der Farbe ist nun auch für die weiteren Radstraßen in Bremen eine Entwicklung angestoßen. Laut seinem Sprecher hat Lohse vergangene Woche die Verkehrsabteilung angewiesen, ein Konzept zur Fahrbahnmarkierung der neun geplanten Rad-Premiumrouten zu entwickeln.

Schilder allein tun es eben nicht, hat die Erfahrung ja gelehrt. Ein Beispiel könnte die Stadt Göttingen sein, wo Fahrradrouten zwar nicht großflächig, aber immerhin an beiden Seiten jeweils mit einem dicken Farbstreifen markiert sind – dort allerdings in Blau.

Fahrradstraßen sind für Bremens weitere Verkehrsentwicklung nicht unbedeutend. Denn anders als in Residenzstädten mit großen Prachtstraßen ist in Bremen oft kaum Platz für eigenständige „Bike Lanes“. Im Verkehrsentwicklungsplan 2025 heißt es daher, Fahrradstraßen sollen „systematisch eingesetzt“ werden, „um wichtige Radverbindungen zu schaffen“. Etwa wie im Fahrradmodellquartier in der Neustadt, und eben auch auf Abschnitten der neun geplanten Rad-Premiumrouten.

Doch wie wird es damit nach der Wahl weitergehen? Der Verkehrsentwicklungsplan wurde 2014 von der Bürgerschaft beschlossen – gilt also unabhängig davon, wer künftig das Verkehrsressort führt. Gleichwohl lassen sich Prioritäten verschieben. Das zeigte sich zuletzt an der Planung zweier Fahrrad- und Fußgängerbrücken, die zwischen Altstadt und Neustadt über den Stadtwerder sowie parallel zur Autobahn 1 als Verbindung zwischen Hemelingen und Habenhausen führen sollten. Obwohl im Entwicklungsplan so vorgesehen, wurde Lohse vom Koalitionspartner SPD gebremst, als es um die neue Brücke in der City ging.

Unterschiede gibt’s auch in den Wahlprogrammen: Während die Grünen das Rad zum „Verkehrsmittel Nr. 1“ machen und Fahrradbrücken sowie -Premiumrouten ausbauen wollen, ist die SPD deutlich zurückhaltender. Sehr klar bekennen sich die Sozis zu einer Radbrücke zwischen Hemelingen und Habenhausen. Von einer neuen Innenstadtquerung indes ist bei ihnen trotz Verkehrsentwicklungsplan keine Rede. Ohnehin: Auch Rad-Premiumrouten sollen weiter ausgebaut werden, der klare Fokus für die SPD liegt allerdings auf der Verbesserung des „Alltagsnetzes“.

Hier sind sie nahe bei der Linkspartei. Die hält Rad-Premiumrouten nur für eine Verbesserung, wenn sie auch für schwache Verkehrsteilnehmer sicher sind.

Junge und ältere Radfahrer würden oft durch Autofahrer abgedrängt. „Diese Verunsicherung kann durch echte, abgegrenzte und breite Radinfrastrukturen mit einer Spur pro Fahrtrichtung gelöst werden.“ Ein Muss wäre auch für Die Linke nur eine neue Fuß- und Radfahrerquerung zwischen Arsten und Hemelingen.

Nur die CDU spricht sich im Wahlprogramm explizit für zwei Fahrradbrücken aus – in Hemelingen und in der Innenstadt über Große und Kleine Weser.

Den Fahrradverkehr bei Bauvorhaben mitdenken wollen die Christdemokraten. Rad-Premium- oder -Schnellrouten allerdings werden bei ihnen nicht erwähnt.

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