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Verkehrswende und BundeshaushaltScheuer entdeckt die E-Mobilität

Der Verkehrsminister fordert eine Milliarde Euro vom Finanzminister, um die Infrastruktur für die Antriebswende zu fördern.

Sollte zum Busfahrer weitergebildet werden: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Foto: dpa

Zumindest eine Antriebswende fasst jetzt auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ins Auge. Er fordert eine Milliarde Euro mehr für den Haushalt seines Ministeriums, um private und öffentliche Ladestationen für Elektroautos zu fördern. „Wir brauchen Lademöglichkeiten zu Hause, am Arbeitsplatz und am Supermarkt“, sagte Scheuer der Bild am Sonntag, „Wir wollen den Bürgern Ladepunkte und deren Einbau in der eigenen Garage zur Hälfte fördern.“

Laut Ministerium laden die Besitzer von Elektroautos ihre Fahrzeuge zu 75 bis 85 Prozent zu Hause oder am Arbeitsplatz. Deshalb solle der Staat beim Ausbau privater und gewerblicher Ladestationen bis zu 50 Prozent der Kosten übernehmen. Laut BamS wird eine Normal-Ladestation mit Einbau und Netzanschluss dann mit bis zu 3.000 Euro gefördert, für Schnell-Ladestationen gäbe es bis zu 30.000 Euro.

Mit dem Vorstoß entspricht der Minister einer ersten Handlungsempfehlung der Nationalen „Plattform Zukunft der Mobilität“, die diese am Freitag veröffentlicht hatte. Das Expertengremium hatte festgestellt, um den steigenden Neuzulassungszahlen von Elektroautos auch eine entsprechende Infrastruktur bereitzustellen, müssten „bereits in diesem Jahr Maßnahmen getroffen werden, die den Ausbau beschleunigen“. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zählte Ende 2018 insgesamt über 16.100 Ladepunkte in Deutschland, 12 Prozent davon Schnelllader. Laut Wirtschaftsministerium gibt es bundesweit rund 8.000 öffentliche Ladesäulen.

Der Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Stefan Kapferer, forderte laut dpa, damit die Fördergelder „auch wirklich fließen können, muss sichergestellt werden, dass jeder Mieter und Wohnungseigentümer eine Ladesäule einbauen kann, wenn er es möchte und die Finanzierung sicherstellt“. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) müsse das Miet- und Wohnungseigentumsrecht anpassen.

Mehr Ladesäulen, aber schnell

Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionschef der Grünen im Bundestag, begrüßt zwar den Anreiz, E-Autos statt Verbrenner zu kaufen. Das könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Andreas Scheuer insgesamt nicht bereit sei, die notwendigen Maßnahmen für eine ernsthafte Verkehrswende zu ergreifen.

Ähnlich kommentiert Tobias Austrup, Verkehrsexperte von Greenpeace, Scheuers Plan. „Wir brauchen schnell mehr Ladesäulen“, so Austrup, „darum ist es nachvollziehbar, dass der Staat hier finanziell einspringen will.“ Allerdings sei es zusätzlich notwendig, eine Quote für Elektroautos einzuführen, um den Herstellern Anreize zu geben, ihre Modellpolitik umzustellen. Abgesehen davon sei die Antriebswende weg vom Verbrennungsmotor hin zur Elektromobilität nur ein Teil einer notwendigen Entwicklung: „Wenn wir 40 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor durch 40 Millionen E-Autos ersetzen, haben wir nichts gewonnen.“

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13 Kommentare

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  • Naja, die deutsche Autoindustrie ist doch bereits dabei E-Autos zu produzieren. Da können sicherlich ein paar Milliarden für dafür notwendige Infrastruktur nicht schaden. Das würde sicher auch ein paar "Grüne" freuen. Und Scheuer würde weniger mit seinem Stickstoffgrenzwert-Aussetzers verbunden werden. Klar ist auch, dass das alles ökonomisch motiviert ist und nicht ökologisch. Eine Antriebswende ist eben noch lange keine Verkehrswende ;)

  • sowas nenne ich eine Marketing-Idee aus dem Scheuer`schen Ministerium. Liest sich prima und wird nicht umgesetzt: Ladestation in der Garage, geht´s eigentlich noch verrückter ?

  • Was soll das eigentlich?

    Ohne Lademöglichkeiten ist ein e-Mobil nicht funktionsfähig. Also gehört ein Ladegerät normalerweise zur Standardausstattung.

    Schnelladungen sollten wie das normale Tanken auch privat organisiert werden. Wieso sollte jemand der e-Mobile ablehnt oder mangels Finanzen nie in den Genuss kommt (Renter, Arbeitslose) mit ihren Steuerzahlungen die Einrichtung von privaten Ladestationen mittragen.

    • @Martin_25:

      Das mal ganz abgesehen davon, das besagte Personengruppen natürlich nur sehr geringfügig (wenn überhaupt) steuerpflichtig sind.

    • @Martin_25:

      Aus dem gleichen Grund warum Nichtraucher, die Behandlung der durch das Rauchen verursachten Erkrankungen mitfinanzieren,ä oder Leute ohne Kraftfahrzeug den Straßenbau mitfinanzieren. Solidarität.

  • Wie soll jeder Mieter eine eigene Ladestation einrichten? Nicht jeder hat eine Garage. Soll jeder Mieter dann seinen privaten Parkplatz mit Ladestation haben oder liegen dann Kabel vom Parkplatz bis zur Wohnung? Wie soll das in der Stadt mit Mehrparteienhäusern funktionieren? Praktischer wäre es, wenn man an der Tankstelle einen automatischen Batteriewechsel vornimmt. Aber dafür müsste sich die Autoindustrie auf einen einheitlichen Standard der Batterien einigen. Daran sollte die Bundesregierung und die EU arbeiten.

    • @Andreas J:

      Nein. Weg mit dem Individualverkerhr. Auch als E-Mobil ist der heutige Zustand nicht nachhaltig.

      Erst recht nicht, wenn man die Wachstumszahlen aus den feuchten Träumen von VW (und deren Gartenzwerge, darunter Scheuer) mit "einpreist".

      Klar braucht es einen Übergang, aber wir sollten *jetzt* emsig daran arbeiten, statt die Weichen in die völlig falsche Richtung zu stellen.

      Es gibt kein Recht auf SUV (auch nicht auf Auto, übrigens).

      • @tomás zerolo:

        Das sehe ich auch so. Leider wird eine radikale Verkehrswende aufgrund der Bedingungen Staat+Kapitalismus+Parlamentarismus sehr schwer.

      • @tomás zerolo:

        Da gebe ich dir vollkommen recht. ich habe seit 30 Jahren keinen PKW mehr. Bis die Menschen soweit sind und Einsicht zeigen ist es aber noch ein langer Weg.

  • Wie viele Milliarden Gewinn haben BMW, VW, Mercedes & Co. im letzten jahr noch mal gemacht?

    • @Käptn Olgi:

      Habe ich auch gedacht. Nun wird mit meinen Steuern erneut die Autoindustrie subventioniert und die Mitbürger, die meinen sich ohne Auto nicht fortbewegen zu können.

  • Also den letzten Satz muss mir noch mal jemand erklären. "Nichts gewonnen" kann ja wohl nicht sein.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Vielleicht mal selber denken.

      Blind "dasselbe in E" zu machen ist eine Katastrophe: wir brauchen plötzlich mehr Strom der dann... aus fossiler Quelle kommt. Dazu kommen noch die Kollateralien (Lithium für die Akkus, seltene Erden für die Motoren...).

      Es wird Zeit, dass wir uns von dem kranken Modell verabschieden, dass es 1000-2000 Kg Untersatz braucht, um 60-120 Kg müden Fleisches von hier nach da zu bringen.

      E-Autos ja, aber nur mit *wesentlich weniger* Autos kombiniert macht das Sinn.

      Herr Scheuer täte gut daran, diese Milliarde in den Ausbau von ÖPNV zu stecken -- aber der Kerl ist gekauft. Oder dumm. Oder beides.