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Blackfacing in Polizei-Mitteilung„Wir bedauern unsere Bildauswahl“

Nach Protesten nimmt die Bremerhavener Polizei ein Bild aus dem Netz, das einen „Schwarzfahrer“ als Menschen mit dunkler Hautfarbe darstellt.

Fahren mit Ticket ist gut, Rassismus nicht Foto: Roland Weihrauch/dpa

Bremen taz | „Schwarzfahrer“ – so betitelte die Bremerhavener Polizei am Mittwoch ein Foto, das die stechend blauen Augen eines Mannes in einem geschwärztem Gesicht zeigt. Es sollte eine Pressemitteilung über die Festnahme eines Mannes bebildern, der ohne Ticket Bus gefahren war. Lustig? Nein, rassistisch, fanden einige User, unter ihnen der Landtagsabgeordnete Nelson Janßen (Die Linke). Nach Protesten entfernte die Polizei das Bild aus ihren sozialen Medien – einen Tag später.

Frank Schmidt, Leiter der Pressestelle, schreibt dazu der taz in einer E-Mail: „Wir nehmen die Kritik an unserer Bildauswahl sehr ernst, bedauern sie und nehmen die Angelegenheit zum Anlass, unsere Arbeit zukünftig noch sensibler und verantwortungsvoller zu gestalten.“ Und weiter: „Eine Verunglimpfung oder rassistische Darstellung liegt uns absolut fern und entspricht auch nicht den Kommunikationsregeln bzw. der Bildsprache unserer Behörde.“

Diese Reaktion sei gut, sagt Tahir Della, Sprecher des Vereins „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“: „Die Polizei hat den Fehler eingesehen und sich entschuldigt.“ Das sei nicht immer so. Häufig würde das Verwenden stereotyper Bilder oder auch das Blackfacing verharmlost.

Nach Protesten entfernte die Polizei das Bild Screenshot: Polizei Bremerhaven

„Dann heißt es ‚Stellt euch nicht so an und kümmert euch mal lieber um richtigen Rassismus‘.“ Richtiger Rassismus: Damit seien Nazis gemeint, die AfD, physische Gewalt.

Doch wer „schwarz“ als Projektionsfläche für alles Negative verwende, handele genau so rassistisch, sagt Della. Dabei ginge es nicht um das Wort „Schwarzfahrer“ – das von manchen auch für diskriminierend gehalten wird –, sondern um den durch das Bild hergestellten Zusammenhang zwischen Kleinkriminalität und Menschen mit nichtweißer Hautfarbe.

Blackfacing

Als Blackface wird das meist in Show- und Theaterkontexten praktizierte Schwarzschminken von Gesichternzur karikierenden Darstellung bezeichnet. Spätestens seit den Ministrel-Shows der Wende zum 20. Jahrhundert ist diese Darstellung untrennbar mit bewusstem rassistischem Verächtlichmachen schwarzer Menschen verbunden, die selbst in die Unsichtbarkeit verdrängt sind. Auch in europäischen Kontexten – etwa beim Drei-Königs-Laufen – dient die Schwarzfärbung traditionell dazu, den Geschminkten als unheimlich oder teuflisch zu markieren.

„Das ist Rassismus und das muss auch so benannt werden“, fordert Della. Deshalb reicht ihm die Entschuldigung der Bremerhavener Polizei nicht. „Wer sich ernsthaft mit Rassismus auseinandersetzt, muss sich erst einmal ehrlich eingestehen, aufgrund seiner Sozialisation davon nicht ausgenommen zu sein.“ Dasselbe gelte für Männer, die sich vielleicht sogar für Feministen halten und dennoch entgegen ihrer Überzeugung sexistisch denken oder handeln.

Letztlich beweise die Bremerhavener Geschichte, dass die Polizei als Institution eben nicht frei von Rassismus ist, wie es oft behauptet wird, sagt Della. Wer nicht merke, was ein „Schwarzfahrer“-Bild aussagt, habe auch keine Antennen dafür, wenn Polizist*innen nach dem Racial Profiling Menschen aufgrund körperlicher Merkmale häufiger kontrollieren als andere.

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13 Kommentare

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  • "Sie hören also auf, sich mit Kultur zu beschäftigen..." (Warum denkt...)



    Wie kommen Sie bloß auf diese Idee?

    • @LittleRedRooster:

      Durch Ihren Beitrag? Oder wie war es sonst gemeint?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        "Oder wie war es sonst gemeint?" (Warum denkt...)



        Ich hatte bereits einen längeren Beitrag über die Idiotie des Rassismusvorwurfs bezüglich geschminkter Gesichter anläßlich Theater, Karneval oder Drei-Königs-Singen in unserem Lande geschrieben. Der ist nicht durch die taz-Zensur gegangen. Und widerholen möchte ich mich heute nicht.



        Nur soviel: Wer das alles mit dem tatsächlich rassistischen us-blackfacing bei Vaudeville-Shows in einen Topf schmeißt, der stellt nur seine kulturhistorischen Bildungslücken zur Schau. Und da sind nun Sie gar nicht gemeint.

  • "Was macht eine Schulklasse, die in Mitteleuropa Huckleberry Finn aufführen will?" (Warum denkt...)



    Ich denke, diese Schulklasse macht interessante Erfahrungen mit dem merkwürdigen und streitsüchtigen Geisteszustand ihrer halbgebildeten Elterngeneration - und wandert angewidert aus den Metropolen ab. Kann das sein? Das wird so sein!

    • @LittleRedRooster:

      Sie hören also auf, sich mit Kultur zu beschäftigen, gehen auf's Land und tun dort was?

  • "Auch in europäischen Kontexten – etwa beim Drei-Königs-Laufen – dient die Schwarzfärbung traditionell dazu, den Geschminkten als unheimlich oder teuflisch zu markieren."

    Bitte erst recherchieren und dann schreiben, liebe TAZ. Die 3 Könige symbolisieren die damals bekannten Erdteile. Hat mit Rassismus nichts zu tun.

    Es ist richtig, Rassismus zu bekämpfen. Aber nicht mit absurden Verdrehungen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      wahrscheinlich eher eine Vermischung: das Blackfacing beim Sternensingen, wo einem Weißen Jungen unter allgemeiner Heiterkeit das Gesicht pechschwarz angemalt wird und am besten auch gleich mit dicken roten Lippen. auch schon per se und an sich rassistische Handlung. und dann eben besonders die niederländische Variante von Knecht Ruprecht (swarte pit oder so?), der nicht nur dann ein schwarzes Gesicht hat, sondern auch noch eine meht als antagonistische Rolle einnimmt.



      im ersten Fall: guckt mal wir fremd und albern und lasst mal rausfinden, wie viele Stereotype wir benennen können



      im zweiten Fall: schwarz = böse

      • @LajosH:

        Nein. Im Ersten Fall wird einfach eine Verkleidung angelegt, um die Geschichte mit den 3 Erdteilen darzustellen. Der Rassismus fängt in diesem Fall eigentlich dort an, wo mehr hinein gedichtet wird.

        PS: Was macht eine Schulklasse, die in Mitteleuropa Huckleberry Finn aufführen will?

  • Was mich erstaunt, ist die Tasache, dass so was nicht auf dem Mist eines Polizeibeamten gewachsen ist. Konzept, Grafiker, Absegnen, Umsetzung, nochmals Absegnen - Menschenkette von Idioten?

    • @agerwiese:

      Liegt vielleicht daran dass es nicht als Blackfacing wahrgenommen wurde.



      Als ich das Bild gesehen habe dachte ich nicht an einen dunkelhäutigen Menschen, das ist schließlich Schwarz, nicht dunkel-hautfarben. Und ich bezweifle sehr das es einen dunkelhäutigen Menschen darstellen soll, sonst hätte man einen nicht extrem unnatürlich wirkenden Farbton und eine Person mit knall blauen Augen genommen.



      Für mich ist das eher unsensibel und nicht bis zum Ende gedacht gegenüber den Gefühlen von manchen Leuten mit dunkler Haut. Aber eine Rassistische und schlechte Absicht zu unterstellen halte ich in anbetracht dessen für übers Ziel hinaus geschossen.



      Wäre das der Fall gewesen, dann wäre auch jemandem klar geworden dass das zwangsläufig nach hinten losgeht.



      Und es gibt doch wirklich klare Rassismusfälle auf zu vielen Dienststellen, bei denen nicht nur Gefühle verletzt werden, um die sich dringend gekümmert werden sollte.

      Bild entfernt, entschuldigt, sich zum Deppen gemacht, Sache erledigt und zurück zu größeren Problemen - wäre meiner Ansicht nach der wünschenswerte Ablauf des Nachspiels.

  • Wenn mich das Internet nicht belogen hat, hat Nelson Janßen eine helle Haut, (relativ) helle „Schnittlauch“-Haare und grau-braun-grüne Augen. Woher will dieser Mann wissen, was einem „Standard-Schwarzen“ (sensible Leser dürfen hier gern person of color einfügen, wenn sie sich dann mitgemeinter fühlen) ernsthaft zu schaffen macht?

    Wissen kann Tahir Della – den ich persönlich nach einem Blick auf seine Fotos im Netz ebenfalls nicht nach seiner „Herkunft“ fragen würde – nur eins: „Die Polizei“ hat sich öffentlich entschuldigt. Nicht wissen kann er, ob sie „den Fehler eingesehen“ hat. Ich denke, sie hat es nicht getan. Und zwar schon deswegen nicht, weil es „die Polizei“ so wenig gibt wie „den Standard-Schwarzen“.

    Wer „schwarz“ als Projektionsfläche für alles Negative verwende, handele rassistisch, so viel steht fest. Den Begriff Schwarzfahren aus dem Duden zu streichen, wird aber nicht helfen. Das Problem ist nämlich: der Duden hat keine Macht. Er gibt nur Regeln vor. Durchsetzen kann er sie nicht.

    Ob ein Wort gestrichen wird aus dem Duden oder nicht, ist dem Großteil der Leute herzlich egal. So lange es noch einen Straftatbestand „Beförderungserschleichung“ gibt, wird es auch einen umgangssprachlichen Begriff dafür geben. Einen, der weniger monströs und also weniger abschreckend wirkt. Und so lange ein Geld, das offiziell nicht existiert, noch Schwarzgeld heißt in Deutschland, weil das Dunkel, in dem gut munkeln ist, da länger haust, als Menschen dunkler Hautfarbe etwas zu sagen haben, werden die Leute Bilder in ihnen Köpfen produzieren. Auch wenn die Polizei diese Bilder nicht (mehr) in der S-Bahn plakatiert.

    Gegen die Bilder im Kopf sind Leute wie Nelson Janßen und Tahir Della allerdings eben so machtlos wie der Duden. Sie können nur hoffen, dass irgendwann die Gewohnheit Macht ausübt. Muss kein gutes Gefühl sein für Männer mit Anspruch. Gewohnheiten, schließlich, ändern sich nicht innerhalb von Legislaturperioden. Oft nicht einmal in einer Lebenszeit.

  • "Auch in europäischen Kontexten – etwa beim Drei-Königs-Laufen – dient die Schwarzfärbung traditionell dazu, den Geschminkten als unheimlich oder teuflisch zu markieren."

    Also ich bin kein Christ, aber mir ist nie aufgefallen das bei den Sternsingern hier in der Stadt irgendwelche Unterschiede zwischen den Kindern gemacht wurden. Gibt es irgendwelche Belege dafür, dass dies der Zweck der Schminke war? Wo sollte der Sinn davon liegen, die katholische Kirch verehrt diese 3 Personen als Heilige, man diskreditiert doch eigentlich nicht die eigenen Symbolfiguren.

    • 9G
      93779 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      Danke für die klaren Worte!