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Kolumne BauernfrühstückPolitischer Einsatz fürs Klima? Och nö

Bei „Fridays for Future“ gehen Woche für Woche SchülerInnen auf die Straße. Manchen PolitikerInnen passt das gar nicht.

Engagierte junge Leute – sind für einige Erwachsene einfach nur störend Foto: boillot

W as für ein Freitag. Die weltberühmte Brandenburger CDU-Bundestagsabgeordnete Jana Schimke schaute nichtsahnend aus dem Fenster des Jakob-Kaiser-Hauses im Berliner Regierungsviertel. Und was musste sie sehen? Störer.

Unten auf der Dorotheenstraße zogen zur besten Lunch-Zeit „Fridays for Future“-DemonstrantInnen durch die Dorotheenstraße und lärmten. Frau Schimke nestelte ihr Handy heraus, nahm von oben – quasi aus dem Himmel über Berlin (so viel Referenz muss sein) – ein Dreizehn-Sekunden-Video auf und twitterte dazu: „Kinder, geht zur Schule! #Schulpflicht #FridaysForFuture“.

Dieser Tage gefallen sich so einige CDUler darin, jungen Menschen, die es wagen, BerufspolitikerInnen während ihrer Arbeitszeit aufzusuchen, argumentativ quasi vor die Füße zu spucken. Frau Schimke – die passenderweise im Bundestagswahlkampf das schöne Motto „Heimat in guten Händen“ gewählt hatte – ist nur eine von ihnen.

Ich persönlich befürworte das. Auf geradezu vorbildliche Weise triggert Frau Schimke hier junge Menschen. Denn mal ehrlich, möchte man mit 16, 17 Jahren dem abfällig formulierten Rat einer CDU-Politikerin folgen? „Kinder, geht zur Schule!“ – das ist ungefähr so anschlussfähig wie das gute alte „Geh arbeiten, du Gammler“ in den Sechzigern oder das Siebziger-Jahre-Geningel, man habe „ja nichts gegen lange Haare, aber gewaschen müssen sie sein“.

Foto ja, Politik nein

Es ist so sexy wie in den Achtzigern die Ansage des Freundschaftsratsvorsitzenden der FDJ, man könne sein Abitur vergessen, wenn nicht au!gen!blick!lich! der „Schwerter zu Pflugscharen“-Aufnäher vom Parkaärmel abgetrennt werde. Wer derart im argumentativen Tiefflug angegriffen wird, kann ja nur tatsächlich mal ein bisschen an den Verhältnissen schrauben wollen.

Insofern also: Klasse, liebe Frau Schimke. Und superlieben Dank, Paul Ziemiak. „Pure Ideologie“ unterstellt er der 16 Jahre alten Klimaaktivistin Greta Thunberg, die – zugegeben – auf dem vom CDU-Generalsekretär getwitterten Foto recht unentspannt guckt. Aber warum sollte sie eigentlich?

Klasse, liebe Frau Schimke. Und superlieben Dank, Paul Ziemiak

Ein gern verwendetes Argument ist ja der Vorschlag, man möge morgen wiederkommen. Samstags sei immer noch Zeit, sich politisch zu engagieren. Auch das: witzig. Die Erwachsenen – und die PolitikerInnen vorneweg – definieren jetzt also, was politisch opportun ist. Und was nicht. Und zu welchen Zeiten es ihnen passt. Es passt ihnen: eher gar nicht, und wenn, dann bitte zu den von ihnen definierten Schalterzeiten.

Dabei können sie auch anders. Wahlkampfzeiten, Bildungsmessen die drohende Schulschließung im Wahlkreis – bitte, liebe junge Menschen, strömt doch mal eben freitagmittags aus euren Klassenräumen und gebt mal rasch ein gutes Fotomotiv für die Lokalpresse ab. Ich stelle mich auch direkt in die erste Reihe zu euch. Aber Umweltpolitik? Sorry, soll warten, bis die Schule aus ist.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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30 Kommentare

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  • Von „Klimaschutz“ zu reden ist Ablenkung und Verdummung



    Meine Enkelin ist beim Hambacher Forst dabei. Sie findet Greta Thunberg gut, sie hätte allerdings in Davos nicht gesagt: „W I R haben versagt“. Sie sagt: Bei den Nürnberger Prozessen 1945 ff. sind hochrangige Nazis gehängt worden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die durch Untätigkeit und Blockierung in Sachen Klimaschutz begangenen Verbrechen gegen die Menschheit überstiegen die Verbrechen der Nazis schon längst um Megapotenzen. Allerdings sei nicht zu erwarten, dass die Mächtigen sich selbst bestrafen… . Von „Umweltschutz“ und „Klimawandel“ zu reden hält meine Enkelin für falsch, weil verdummend und ablenkend. Es geht um eine Produktionsweise, die über Leichen geht und unseren Planeten opfert (Kapitalismus). Die einen haben das Recht, Millionen zu machen und die Millionen Ausgebeuteten haben das Recht dafür zu sterben und krank gemacht zu werden. Hiergegen gibt es keine Therapie, es sei denn, man bezeichne die Revolution als eine solche. Diese Revolution müsste mit Krankheit zu tun haben als ihrem Umwälzungsgrund, Startpunkt und Motor. Unter dem Gesichtspunkt Krankheit, d.h. der millionenfachen Vergiftung, Verkrüppelung und Schädigung bekommt die Frage nach der Verantwortlichkeit noch ein ganz anderes Gewicht. Ich bin froh, dass ich meine Enkelin unterstützen kann und habe sie auf das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) verwiesen.

  • Zur Abwechslung mal ne gute Nachricht aus der Politik...... wenn auch aus der Schweiz:



    m.bazonline.ch/articles/18780932

  • Den SchülerInnen muss nunmal von Anfang an klar gemacht werden, dass es in diesem Land keine nennenswerten umweltpolitischen Veränderungen geben kann, solange CDU-PolitikerInnen auf allen entscheidenden Positionen sitzen. Damit verdeutlicht die CDU nicht nur die Hauptursache des Problems, sondern bietet indirekt auch die Lösung an. Weiter so Frau Schimke und Herr Ziemiak. Sie machen nicht nur der Jugend Hoffnung auf eine Zukunft ganz ohne CDU (;-))

  • Gegenfrage: wieviel hat den die CDU geleistet, um die Umwelt tatsächlich zu schützen?

    Ist es nicht vielmehr so, dass Deutschland die Ziele, die es selbst mitformuliert hat, nicht einmal ansatzweise erreicht hat? Und ist es nicht so, dass den Kohleausstieg so weit hinauszuschieben mehr mit dem Kotau vor RWE & Co. zu tun hat, als mit Klimaschutz??

    Kleiner Tipp: die Kinder wollen nicht nur einen Schulabschluss, die würden gerne noch danach leben dürfen...!!

  • Wow. Geht's noch bornierter?

    Man kann schon in der 7. Klasse ganz gut verstehen, dass wir den Planeten mit "unserer Art zu Leben" vor die Wand fahren / gefahren haben.

  • Die Kids auf dem Bild verstehen vom Klima weniger als die Kanzlerin vom Internet...

  • Frau Schimke hat doch einen Punkt: Was erreichen denn die "Streikenden" damit, daß sie ihren "Streik" in die Unterrichtszeit legen? Sie schaden sich doch nur selbst, weil es ist ja nicht so, daß nicht ohnehin schon genug Schulstunden ausfallen.

    Aber andererseits: "Aktivisten" brauchten noch nie Bildung.......

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

      ...nein, Menschen wie Frau Schimke schaden diesen jungen Menschen.

  • Diese Kinder haben längst kapiert, daß sie bei ihren unfähigen Lehrerinnen nichts versäumen. Bevor sie sich um Jobs beim Abu-Chaker-Konzern bewerben, versuchen sie halt mal, sich politisch zu profilieren. Wer wirft hier den ersten Stein?

    • @C.O.Zwei:

      Man kann ja gern spöttisch sagen, dass die Kids in Berlin auf der Strasse eh mehr Bildung erhalten als im Berliner Nicht-Bildungssystem.

      Ich glaube nur nicht, dass dies am Lehrerpersonal liegt sondern an der Schulpolitik.



      In Bayern, Ba-Wü oder auch den schwarzen ostdeutschen Ländern sieht es etwas anders aus.



      Auch wenn es schwer fällt, dass schwarze Bildungspolitik bessere Ergebnisse liefert als die rot/grüne Bildungspolitik - mir persönlich fällt es schwerer, dass die Herkunft über den Motivationsgrad im Job bestimmen soll.

    • @C.O.Zwei:

      Nicht nur unfähig, sondern auch noch faule Säcke. Damit passen die LehrerInnen bestens zu den Politikern und Managern.

      Überhaupt, die Einzigen, die richtig arbeiten, vernünftig entscheiden und kaum auf andere einprügeln sind hier.

  • Die Angst geht um! Ist doch ein gutes Zeichen, wenn die, für die alle Parteien die Zukunft gestalten wollen, endlich Taten sehen und nicht nur "kluge Ratschläge" aus interessengesteuerten Köpfen hören wollen.

    Es erinnert ein wenig an die Panik der CDU/CSU/SPD/FDP, als in den 70er und 80er Jahren, plötzlich die Umweltbewegung und die ersten Grünen Grüppchen aufmuckten, gegen das Allerheiligste: "unbegrenztes Wirtschaftswachstum". Heute heißt es zwar "klimaneutrales Wirtschaftswachstum", doch das neue Adjektiv ist längst als Fake News von den SchülerInnen enttarnt worden.

  • Ich würde lieber samstags gehen! Dann könnten sich auch mehr Erwachsene anschließen.

  • Nicht die Erwachsenen definieren, was zu welchen Zeit politisch opportun ist, Frau Maier, sondern das Gesetz. Das sieht nämlich Schulpflicht vor.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Lockenkopf:

      Manchmal muss man gegen Regeln verstoßen, wenn man etwas erreichen will.

      Das scheinen die Schülerinnen und Schüler besser zu verstehen als Sie, der oder die offensichtlich mit 40 auf die Welt gekommen ist.

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Ich kann Sie beruhigen, ich bin gerade erst 40 geworden. Das Problem mit Ihrer Einstellung ist, dass Sie das gleiche Recht auch allen anderen einräumen müssen: Einem Rechten, der die Zufahrt zu einem Asylbewerberheim blockiert; einem Evangelikalen, der eine Arztpraxis blockiert, wo Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden etc. Alle werden immer geltend machen, sie wollen unser Land retten: Der Linke vor dem Klimawandel, der Rechte vor Überfremdung und der Evangelikale vor Gottlosigkeit. Diese Motive sind in den Augen des jeweils Handelnden immer ehrenwert. Wenn Sie anfangen, Gesetzesverstöße mit Motiven des jeweils Handelnden zu rechtfertigen, können Sie den Rechtsstaat gleich abschaffen.

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @Lockenkopf:

          Den will ich ja gar nicht abschaffen.

          Example: Ist ein paar Jahre her, da wanderte die "Wehrmachtsausstellung" durchs Land. Das hat den Nazis mächtig gestunken. Also wollten sie dagegen demonstrieren.

          Z.B. in München auf dem Marienplatz. Der war aber Stunden vorher besetzt von tausenden Münchner Bürgerinnen und Bürgern.

          Die Demo der Nazis war genehmigt. Also hätte, will man den Rechtsstaat nicht abschaffen, die Polizei, zur Not mit Gewalt, den Platz räumen müssen.

          Tat sie aber nicht. Es gibt so etwas wie die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Es gibt nicht Rechtsstaat on - Rechtsstaat off.

          Seitdem und auch schon davor gab es viele Blockaden, die eine ging so aus, die andere so. Der Rechtsstaat ist nicht untergegangen.

          Sollen die Rechten blockieren oder es versuchen. Vielleicht verhindert es die Polizei, vielleicht die Zivilgesellschaft, vielleicht die Antifa.

          Ich plädiere nur für etwas Augenmaß anstatt dem Herumfuchteln mit Paragraphen.

          • @88181 (Profil gelöscht):

            Vielen Dank für den guten Beitrag.

          • @88181 (Profil gelöscht):

            Der Rechtsstaat ist aber auch nicht untergegangen als wir Bin Ladens Leibwächter - zu der Zeit - illegal endlich abgeschoben haben.

            Und mit ihrem Augenmaß würde ich aufpassen. Nicht das noch einer auf die Idee kommt dass die Luft jetzt nicht so dreckig ist dass man Fahrverbote machen muss.



            Ich bin mir aber sicher bei den beiden Themen argumentieren sie auch mit Paragraphen.

            Ich bin voll bei ihnen: Rechtsstaat off/Rechtsstaat on geht nicht.

            Nur ändere ich meine Meinung nicht ständig - je nachdem ob ein brandstiftender Nazi, ein vergewaltigender Nicht-Staatsbürger oder eine tretende Umweltaktivisten den Rechtsstaat zu spüren bekommt.

            • 8G
              88181 (Profil gelöscht)
              @Thomas_Ba_Wü:

              Sehen Sie, der Rechtsstaat scheint ganz robust zu sein. Mir hat er öfter eine zu große Schräglage nach rechts, aber sonst passt es schon.

              Auf die Idee mit der Luft sind schon ein paar Spezis gekommen. Es findet sich immer einer, der auf blöde Ideen kommt.

              Also die zarte Umweltaktivistin mit dem Nazi und dem Vergewaltiger in einem Satz unterzubringen, das hat aber schon ein Geschmäckle.

              Gerade wie die Argumente des Richters. Wenn die junge Frau unser Land als "Scheiss-Staat" empfindet und so bezeichnet, ist das ihre Sache.

              Sie deswegen härter zu bestrafen, finde ich nicht richtig. Sie hat ja kein Massaker angerichtet, soweit ich weiß niemanden verletzt.

              • @88181 (Profil gelöscht):

                Also die zarte Umweltaktivistin mit dem Nazi und dem Vergewaltiger in einem Satz unterzubringen, das hat aber schon ein Geschmäckle

                Nein hat es nicht. Die Regeln im Rechtsstaat gelten für alle - egal ob sie ihnen oder mir symphatisch sind oder nicht.



                So besagt zum Beispiel eine Regel, dass ein rassistischer Hintergrund einer Tat strafverschärfend wirkt - bei "Rettet die Welt" als Motiv gilt das nicht.

  • Die Reaktionen der Politiker ist echt unterirdisch und zeigt wie ernst die Schüler genommen werden.

    PS:



    Warum das Streik statt Demo heißt, ist mir nicht klar. Bin da halt persönlichkeitsgestört und eher der Zahlen, Daten, Fakten Mensch.

  • Es handelt sich um Schulstreik und Schule ist nun mal eher selten am Samstag

    • @Opossum:

      Samstags würde auch keiner demonstrieren.

  • Frau Schimke verdient die Beachtung durch diesen Artikel nicht.



    Wie peinlich ist die denn

  • Durch Schulschwänzen wird kein Problem gelöst. Durch Lernen, Denken und Erfinden löst man Probleme. Von daher finde ich die Instrumentalisierung von Kindern für politische Zwecke überhaupt nicht zielführend. Mit der Schulschwänzerei "für die gute Sache" bringt man den Kindern nur bei, daß fachlich nutzloses lamentieren eine "Haltung" sei, die irgendetwas bewirken könne. Tatsächlich ist aber ncht Jammer-Greta der Star, sondern Bill Gates.

  • Wobei ich schon finde das eine Demo am Wochenende effektiver wäre, weil da viele Menschen unterwegs sind um zu bummeln, zumindest diejenigen die arbeitsfrei haben.Infostände könnte man auch in Fußgängerzonen aufstellen, sofern es ausgearbeitetes nicht wissenschaftlich formuliertes, aber aus seriösen Quellen stammendes Material gibt. Am Freitag erzeugt man nur Unmut und keine Aufmerksamkeit.



    Allerdings haben die Demos gegen die Arbeitsmarktreformen damal s auch nur kurze Aufmerksamkeit erzeugt, weil mit falschen Zahlen über die Teilnehmer manipuliert wurde und in Berlin waren viele, ich war dabei.

    • @Reiner Lorber:

      Unmut ist Aufmerksamkeit.

    • @Reiner Lorber:

      Wenn die Jugendlichen mittels freitäglichem zivilen Ungehorsam Unmut erzeugen, ist das allemal besser, als wenn ihnen samstags geheuchelte Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Jetzt denken unsere Politiker darüber nach, wohin das führen soll. Aufruhr, Revolte? Ihr sollt Angst bekommen, sagte Greta Thunberg. Richtig so. Damit sollen sich diejenigen, die immer noch fleißig daran mitarbeiten, den jungen Menschen eine Müllhalde namens Erde zu hinterlassen, ruhig mal beschäftigen. Da darf der Arsch ruhig auf Grundeis gehen.

  • Schön das die Kids hier Rückewind bekommen!