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ÖPNV verschleppt ökologischen UmbauKaum Elektro-Busse im Einsatz

Nahverkehrsunternehmen würden gerne auf umweltfreundliche Fahrzeuge umrüsten. Aber die Industrie kann nicht liefern.

In Hannover sollen ab 2023 nur noch E-Busse wie dieser fahren – wenn die Industrie liefert Foto: dpa

Berlin taz | Ganze 97 der rund 35.000 Busse deutscher Verkehrsunternehmen fahren elektrisch. Zwar wollen die Betriebe ihre Dieselflotten bis zum Jahr 2030 zu weiten Teilen oder ganz umstellen – doch vorerst kaufen sie erst einmal neue Dieselbusse. „Das Problem ist: Wir sind von Dritten abhängig“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann am Mittwoch bei der Präsentation der Zahlen für 2018 in Berlin. Die Hersteller von E-Bussen können nicht liefern, weil sie nicht genug Fahrzeuge bauen.

Im VDV sind mehr als 600 Unternehmen aus dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zusammengeschossen. Im Jahr 2018 nutzten 10,4 Mil­liarden Kunden Busse und Bahnen, 0,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Die Diskussion um Dieselfahrverbote setzte die Unternehmen unter Druck, ihre Busflotten umzurüsten. Sie haben 90 weitere E-Busse bestellt, für 630 liegen Förderbescheide vor. Das Bundesumweltministerium stellt für die Umrüstung 35 Millionen Euro bereit. Verkehrsunternehmen können bis zu 80 Prozent der Mehrkosten im Vergleich zum Kauf eines Dieselbusses finanzieren. Darüber hinaus gibt es Fördergelder von Kommunen, Ländern und der EU. Ein E-Bus kostet nach Angaben des VDV zurzeit etwa 570.000 Euro, ein emissions­armer Euro-VI-Dieselbus 220.000 Euro.

In China gehen große Städte das Problem der stinkenden Busse schon seit zehn Jahren an. Dort sind Zehntausende Fahrzeuge im Einsatz. Auch andere Länder probieren E-Busse schon länger aus, nur Deutschland hinkt hinterher. In Deutschland gab es die ersten Tests im öffentlichen Nahverkehr mit Elektrobussen 2015.

Deutsche Hersteller erst am Anfang

„Wir werden auf chinesische Busse zurückgreifen, wir machen das auch schon“, sagte Wortmann. Anders als in Frankreich oder Italien sind sie in Deutschland bislang nur vereinzelt anzutreffen. Die meisten E-Busse hierzulande kommen aus europäischen Nachbarländern, etwa Polen oder den Niederlanden.

Deutsche Hersteller wie MAN oder Mercedes beginnen gerade erst mit der Serienherstellung. Die klassischen Lieferanten in Deutschland hätten die Nachfrage unterschätzt, sagte Wortmann. Vor dem Jahr 2020 sei nicht mit größeren Lieferungen zu rechnen. „Ich hoffe, dass ab 2025 die Kapazitäten steigen“, sagte er. Bei der Finanzierung bräuchten die Verkehrsunternehmen dringend mehr Unterstützung. Probleme bereite nicht nur die Anschaffung, sondern auch die Infrastruktur für den Betrieb der E-Busse.

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15 Kommentare

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  • Ja. Ich glaube, die Menschheit will einfach nicht begreifen, daß sie sich an einem bestimmten Punkt in Punkto Ressourcenverbrauch beschränken muss. Wir suchen immer weiter nach technischen Lösungen, von denen keiner weiß, wie lange sie funktionieren. Dieses ökologische Risiko sollte nach meinem Empfinden von Kontrollbehörden minimiert werden.

    • @shashikant:

      Sorry, aber das ist doch Nonsens. Die Suche nach technischen Lösungen hat dazu geführt, dass Du bequem vor Deinem Computer/Handy sitzen kannst und hier Deine Meinung kundtun kannst, ohne Angst davor haben zu müssen, dass Dich irgendein wildes Tier frißt. Natürlich müssen wir auf den Ressourcenverbrauch achten. Wenn ich etwas nur beschränkt zur Verfügung habe, muss ich mir überlegen ob- und wofür ich es einsetze. Das ist klar. Aber gerade dabei das zu gewährleisten helfen uns wieder technische Lösungen. Wer verzichten will, soll von mir aus gerne auch verzichten. Nur diese ewige Bevormundung geht mir mächtig auf den Zwirn. In dieser Welt wurde alleine durch selbstauferlegten Verzicht noch nie etwas bewegt und das wird auch in der Zukunft nicht anders sein. Wir können den Menschen ja verbieten zu leben und wenn sich das nicht machen lässt dann kontrollieren eben Kontrollbehörden, dass auch jeder so lebt, wie andere das bestimmen. Ist ja alles schon dagewesen. Schade nur, dass man daraus nichts gelernt hat.

  • Eine klassische Variante des Elektrobusses ist der Oberleitungsbus oder Trolleybus, wie er in der Schweiz heisst, der ohne Batterie (oder nur mit einer kleinen für den Hilfsantrieb) auskommt. In der kleinen Schweiz sind Trolleybusse in zwölf Städten im Einsatz, darunter modernste Doppelgelenk-Modelle z.B. in Zürich oder Luzern. Im weitaus grösseren Deutschland nur gerade in Solingen, Eberswalde und Esslingen am Neckar. Warum eigentlich?

  • 9G
    90618 (Profil gelöscht)

    Sind Elektrobusse denn so umweltfreundlich? Erstens müssen die Batterien hergestellt werden — und die Rohstoffgewinnung u.a. in Südamerika ist nicht gerade ökologisch. Zweitens haben Gummireifen immer einen erheblichen Abrieb. Beide Probleme hat die Straßenbahn nicht. Dank Oberleitung bzw. Stromschiene werden kaum Batterien benötigt. Und Gummireifen gibt es auch nicht. Nachteil: Die Straßenbahn ist das von Autofahrern meistgehaßte Verkehrsmittel.

  • Und unterdessen fahren in Paris massenweise Hybridbusse, die ja auc irgendwer herstellt. Man muss halt mal NICHT von Mercedes kaufen...

  • Der Deutsche mag keine Veränderung.



    Der deutsche Manager noch weniger und die Aktionäre noch weniger, wegen



    Gewinn. Innovation wie anstrengend.

  • Dafür werden die neuen KKWs Volk braucht Elektrosmog, auch im Fahrzeug.



    Ein gesundes intelligentes Volk ist nicht so leicht zu regieren, E-Smog macht so schön schläfrig und nebulös. So mögen sie uns.

  • @shashikant: So sehe ich das auch und v.a. vermute ich dahinter ein Geschäftsmodell der Autoindustrie: So, wie früher mal Diesel als spaarsam und damit umweltfreundlich galten, ist das jetzt mit Elektromotoren. Wenn dann alle Welt so ein E-Auto hat, stellt sich dann (ganz zufällig!) heraus, wie sehr es die Umwelt belastet. Dann gibt es sicherheitshalber noch eine Abwrackprämie und die deutsche Autoindustrie hat wieder einen neuen Absatzmarkt - diesmal dann vielleicht für Gas oder Brennstoffzellen?

  • Wenn ein Elektrobus derzeit noch mehr als das 2,5-fache eines normalen Busses kostet und darüber hinaus aufgrund von eingeschränkten Reichweiten und Ladezeiten mit erheblichen Einschränkungen dauerhaft zu rechnen ist, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Hersteller nicht entsprechend vorgesorgt haben. Kein vernünftiger Mensch kauft unter diesen Umständen solche Busse. Weshalb sollten dann die Hersteller in diese Technik investieren?

    • @DiMa:

      Vielleicht weil der Bedarf nach effizienten Lösungen schon lange offensichtlich ist und es letztendlich darum geht, ihre Kundschaft, die eigene Lebensgrundlage, zu erhalten?

      Ob E-Mobilität oder Wasserstoff oder beides die bessere Lösung wäre, darf die Branche gerne selbst herausfinden, anstatt mit Betrug und Verweigerung kurzfristig den shareholder value zu manipulieren und damit baden zu gehen.

      Man muss keine Lösung vorgeben, aber eine Aufgabe und ihre Zielsetzung können schon hilfreich sein, damit das „Privatinteresse“ mal in die Hufe kommt, 40 Jahre nach der ersten Klimakonferenz.

      • @Volker Maerz:

        Wasserstoff könnte möglicherweise irgendwann eine Lösung sein. Für batteriebetriebene E-Busse gilt dies unter Berücksichtigung sämtlicher Fakten sicherlich nicht.

  • Sehr geehrte Frau Krüger,



    viele Menschen, Politiker usw. setzen dieser Tage auf Elektromobilität. Klingt ja auch toll und ökologisch.



    Ich persönlich bin da nicht so sicher. Wie sieht es mit der Gewinnung der Rohstoffe für bspw. Batterien aus? Ist ein umweltverträgliches Recycling der Batterien möglich? Falls ja, wie fundiert sind die Studien dazu?



    Der größte Teil des Stroms in Deutschland wird bisher in Kohlekraftwerken erzeugt, das Emissionsproblem mit den Abgasen wird damit nur von den Städten auf die Kraftwerke verlagert.



    Sie schreiben, daß die Chinesen uns im Einsatz von Elektrobussen voraus sind. Mag ja sein. Solange o. g. Fragen nicht geklärt sind, dürfen sie das auch bleiben.

    • @shashikant:

      Dem würde ich beipflichten. S- und Straßenbahnen benötigen so etwas nicht. Deren Bilanz stelle ich mir wesentlich ökologischer vor.

      • @Uranus:

        Danke für Ihren Hinweis. Das glaube ich auch.



        Ich habe in letzter Zeit zunehmend das Gefühl, wir sind dermaßen im Stress und Wettbewerbsdruck, daß wir auf jede noch so unausgegorene Idee anspringen.

  • Nur mal so zur Erinnerung, zu welchen Leistungen die japanische Automobilindustrie schon im Jahre 1974 in der Lage war. Nach Regierungsbeschluss, ab 1976 nur noch Katalysator PKW zuzulassen, waren sie in der Lage die gesetzliche Vorgabe zu erfüllen.

    Eine Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung, z.B. ab 2020 werden nur noch Gas-/E-Busse zugelassen und fertig ist die Laube! Aber bei uns ging so was noch nie, ohne Milliarden und Millionen Umverteilung zu den Not leidenden Auto und Busherstellern. Kommt mal aus dem Quark!