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Studie zum Ende von Öl, Gas und KohleGefahr für die Weltwirtschaft

Der fossile Abstieg kommt schneller als gedacht, sagt eine Studie. Gut für's Klima, schlecht für Investoren und Finanzplätze – wenn sie nicht reagieren.

Bald eine bedrohte Art? Ölbohrung auf See Foto: reuters

Berlin taz | Zehn Jahre nach dem Beginn der globalen Finanzkrise droht der Weltwirtschaft laut einer aktuellen Studie die nächste große Gefahr – durch einen Absturz des fossilen Energiesystems. Schon in fünf Jahren werde das Wachstum der Energienachfrage völlig von Wind- und Solarkraft gedeckt und der Verbrauch von Öl, Gas und Kohle seinen Höhepunkt erreichen, sagt eine Untersuchung der gemeinnützigen Expertengruppe Carbon Tracker voraus.

Die Entwicklung stelle ein „systemisches Risiko“ für die globale Wirtschaft dar. „Billionen von Dollar von Investoren stehen auf dem Spiel, die sich nicht bewusst sind, wie schnell sich die Energiewende entwickelt“, heißt es in der Untersuchung. Das Papier namens „2020 Vision“ wurde zum Start des „Globalen Klima-Aktions-Gipfels“ veröffentlicht, der am Mittwoch in San Francisco beginnt.

Die Studie prognostiziert, dass sich der Preisverfall und der Siegeszug der Öko-Energien fortsetzen. Bis 2020 würden Solar- und Windkraft in allen wichtigen Weltregionen billiger sein als fossile Brennstoffe. Vor allem Schwellenländer wie Indien oder China würden ihren wachsenden Energiebedarf mit Öko-Energien stillen. Das widerspricht den Prognosen der Ölfirma BP, der Öllobby Opec und der Internationalen Energieagentur IEA. Diese sehen den Höhepunkt der globalen Nachfrage nach fossilen Brennstoffen erst in etwa einer Generation.

Für Carbon Tracker kommt der Abschied von den dreckigen Energien viel schneller. Der Höhepunkt einer Technik werde oft schon überschritten, wenn die neue Technologie noch klein sei, heißt es. Das habe etwa die Umstellung von Pferdedroschken auf Autos gezeigt. „Der Höhepunkt kommt früh, und wer in die alten Techniken investiert, verliert sein Geld“, sagt Studienautor Kingsmill Bond. Zu groß sei der Druck auf die Regierungen, für saubere Luft zu sorgen, sich von Energieimporten unabhängig zu machen und den CO2-Ausstoß wegen des Klimawandels zu verringern.

Aktiv gegen die Klimapolitik Stimmung gemacht

Das Problem bei einem raschen Niedergang der Indus­trien für Öl, Gas und Kohle: In ihren Reserven, Pipelines und Kraftwerken stecken weltweit 25 Billionen US-Dollar. Ein Wertverlust würde schnell ein Problem für die Finanzplätze. Bereits seit Jahren warnen etwa die Bank of England und das Financial Stability Board der G20 davor, die finanziellen Risiken von Klimawandel und Klimapolitik zu ignorieren. 2016 erklärte das Weltwirtschaftsforum von Davos dieses Thema zur größten Bedrohung der Weltwirtschaft.

Ein Werteverfall etwa beim Öl würde auch Staaten in Finanznot bringen, die bislang ihre Wirtschaftsleistung zum großen Teil dem Export von fossilen Rohstoffen verdanken, mahnt die Carbon-Tracker-Studie – immerhin weltweit 12 Staaten. Kuwait etwa bezieht 45 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts aus den Fossilen, beim Irak sind es 42 Prozent, bei Saudi-Arabien 27 Prozent. Auch Russland hängt mit 10 Prozent seiner Wirtschaftskraft an Öl und Gas.

Dazu komme die Bedrohung einzelner Unternehmen, die direkt oder indirekt mit dem fossilen System verbunden sind: nicht nur Öl- oder Kohlefirmen, sondern auch Produzenten von Gasturbinen, Kohlehäfen oder Hersteller von Verbrennungsmotoren.

Viele Firmen sehen darin allerdings offenbar kein Problem. Eine Untersuchung der Transparenz-Initiative „InfluenceMap“ ergab: Von den 200 größten Industrieunternehmen der Welt hat jedes dritte in den letzten drei Jahren aktiv gegen die Klimapolitik Stimmung gemacht. Und 90 Prozent von ihnen lassen sich vertreten von Unternehmensverbänden, die solche Lobbyarbeit betreiben.

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17 Kommentare

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  • Das Thema lautet ja " Gefahr für die Weltwirtschaft".



    Dabei geht es darum in weltwirtschaftlichen Kategorien zu denken.



    Weiterhin geht es um viele Detailfragen.



    Es geht ums Geld.



    Es geht ums Öl. Wer das Öl hat, hat die Macht. Wer die Macht hat, hat das Öl.



    Sollte das Szenario des Artikels sich bewahrheiten, ginge es auch um Machtverlust.

  • Das Thema lautet ja " Gefahr für die Weltwirtschaft".



    Dabei geht es darum in weltwirtschaftlichen Kategorien zu denken. Auf jeden Fall geht es auch um etliche Detailfragen. Und es geht um Geld. Weiterhin geht es um Öl. Wer das Öl hat,hat die Macht, wer die Macht hat, hat das Öl.



    Wenn das Szenario tatsächlich eintreffen sollte, könnte es auch um Machtverlust gehen.

  • "Bis 2020 würden Solar- und Windkraft in allen wichtigen Weltregionen billiger sein als fossile Brennstoffe."



    Solar und Wind produzieren Strom und werden ins Stromnetz eingespeist, fossile Brennstoffe landen im Tank für die Mobilität oder im Kraftwerk und danach gibts einen Strompreis.



    "In ihren Reserven, Pipelines und Kraftwerken stecken weltweit 25 Billionen US-Dollar."



    Was ist das für eine Bewertung? Das lagernde Öl, die Infrastruktur die das fördern soll oder beides zusammen. Was wird dann wie abgewertet und steht jetzt wo in welcher Bewertung ? Kein Ölvorrat findet sich in irgendeiner Konzernbilanz! Die INstallationen schon. Was also isrist der INhalt dieses Satzes außer Emotionen zu schüren, Häme gar?

    Es sind Sätze wie diese, ohne korrekter physikalischer Buchhalterischer Einheit und nicht nachvollziehbare Bezüge die es oft schwierig machen derlei Artikel zu einer Wirkung zu verhelfen.

    Ich bitte doch sehr darum sich zunächst klarzumachen über welchen Energiemarkt ich schreibe.



    Primärenergie oder



    separat nach:



    Elektrizitätsmarkt (hier haben wir in DE an manhcen Tagen bereits mehr als 100 % im Netz!)



    Wärmemarkt (hier gibts in einzelenn EU-Ländern regenerative Anteile im Biomassebereich im zweistelligen Bereich).



    Energiebedarf für Mobilität. Hier ist der Energieträger Öl derzeit dominat, in der EU ca. 60 % des Ölabsatzes(!) und hiervon leben auch die Öl-Multis.

    Betreff Ölbedarf bitte auch keinefalls die Chemieindustrie vergessen die (mit sog. Supercrackern) chemische Grundstoffe herstellt.



    Eine Differenzierung wo ich was wie einsetze und ersetzen kann wäre für den Leser besser als ein Endzeitbericht... der für eine besser Zukunft und das KLima meinetwegen inhaltlich wünschenswert ist aber letztlich nur utopisch und halbwahr.



    Schade!

    • @Tom Farmer:

      Hey Leute, cool down oder sollte ich sagen coal down

  • Einfach ärgerlich das nun auch Gruppen die den erneuerbaren Energien positiv gegenüberstehen mehr und mehr zu schmutzigen, oder zumindest nicht wohl durchdachten Tricks greifen um die Diskussion zu bestimmen oder vermeintlich Druck zu machen bei der Energiewende.



    Ja, ich würde es lieben wenn die erneuerbaren Energien die Stromversorgung möglichst schnell sicherstellen könnten. Das dumme ist nur das die Primärenergien Sonnenlicht und Windkraft weder planbar noch stetig zur Verfügung stehen. Ja, in Spitzenzeiten können wir schon ca. 50% unseres Strombedarfs in der BRD mittels erneuerbarer Energien erzeugen. Aber es gibt auch Tage da sind es noch nicht einmal 1%. Weil die Sonne hinter Wolken verborgen ist, und der Wind nicht weht. Beim Strom muss Angebot und Nachfrage immer nahezu deckungsgleich sein, jede Sekunde. Wenn nicht - großes Desaster.



    Die Lösung? Energiespeicher? Leider sind die Energiedichten die mit den bekannten Systemen (Pumpspeicherwerke, Batterien, Gasspeicher, ...) erreicht werden können so gering das es im Moment nicht vorstellbar ist wie damit der Strombedarf des Landes auch nur für eine Stunde gesichert werden kann. So viel Flächenverbrauch werden wir nicht akzeptieren. Wo wir schon kaum noch neue Stromtrassen akzeptieren wollen. Von den Kosten dafür ganz zu schweigen. Naturstrom wird nicht billig.



    Hört endlich mit diesen dummen Lobbyismusaktionen auf und seht zu wie ihr die echten Experten, die Ahnung von Technik und Ökonomie haben unterstützen könnt wirkliche Lösungen zu finden.



    Und akzeptiert, und entscheidet ideologiefrei mit welche anderen Primärenergien (Kohle, Gas, Öl, Atom, ...) wir neben Sonne, Wind, Wasser und Biomaterial die nächsten zig Jahre noch nutzen werden. Die Herausforderungen sind leider etwas komplexer wie sich das so manche selbsternannten (gemeinnützig? - wozu ein Begriff des deutschen Steuerrechts alles herhalten muss!) Expertengruppen vorstellen

  • Richtig und aktuell wie noch nie. Aber nix Neues. Das Meiste abgeschrieben aus einem fundamental besseren Buch:



    "Saubere Revolution 2030" von Tony Seba. Bestseller Nr 1. in den USA. Seit kurzem in deutscher Übersetzung zu haben.



    Das Buch ist die bestens fundierte Ohrfeige für die deutsche Automobilbranche and deren will- und unfähigen Merkel-Regierung und dazu noch die Erklärung warum Elektromobilität und die Erneuerbaren Energien nur noch kurz aufgehalten aber nicht mehr verhindert werden können ....

  • Die Panik für die Weltwirtschaft ist etwas früh ausgerufen.

    Zum einen wird in etwas 5 Jahren das heute prognostizierte Wachstum des Energiebedarfs durch Wind/Solar gedeckt werden können. Das ist eine sehr gute Nachricht.



    Zum anderen wird die Ölförderung immer aufwändiger und schwieriger, was sie weniger sinnvoll macht.

    Schließlich gibt es auch etwas Vermut für den Wein:



    1) Wenn wir auf Elektromoblilität umsteigen wollen, brauchen wir erheblich mehr Strom als heute. Da wird mehr als das Wachstum des Energiebedarfs abgefragt werden, da steht die Transformation der verwendeten Energieform an.



    2) Neben dem Verkehr ist das Thema Wärme/Kälte ein riesiges Ding. Wir werden die aktuelle Infrastruktur nicht mal eben in Passivhäuser verwandeln können.

    Fazit: Fossile Energien werden uns wohl noch eine geraume Zeit begleiten, bzw. der Ersatz wird erhebliche Investitionen in ganz andere Infrastrukturen erfordern. Beispiel: solarer Wasserstoff.

  • Peak-Oil liegt in der Vergangenheit. 2020 kann nur aufrecht erhalten werden, weil man Ölsande mit Ölquellen, aus denen nur abgefüllt werden muss, gleichstellt. Peak-Coal ist ebenfalls nahe. Gas ist ein Nebenprodukt von Öl. Solar und Wind und Fracking-Öl können konventionelles Öl nicht ersetzen, weil die Energie, die hineingesteckt werden muss im Verhältnis zur Energie, die über ihre Lebenszeit herausgeholt werden kann, zu groß ist. Zum Vergleich: Eine Solarzelle kann bei 30 Jahren Betrieb sich selber plus eine halbe Solarzelle erzeugen. Ein Windrad kann sich selber plus drei weitere erzeugen. Ein Barrel Fracking-Öl kann sich selber plus ein halbes Barrel erzeugen. Solar und Wind sind riesige Batterien, in denen der chinesische Kohlestrom gespeichert ist. Welches Windrad erzeugt genug Energie, um Stahl schmelzen und Dünger herstellen zu können? Kauft Kleingärten, Leute! Beim Zerfall der Sowjetunion hat es den Hunger vermieden.

    • @EricB:

      Sehr geehrter Herr ERCB, bevor sie Halbwissen in die Welt setzen, sollten Sie ihr Ausagen durch Recherche überprüfen. Ihr Aussage zum Energiebedarf bei der Produktion für Solarzellen und Windkraftanlagen sind sehr veraltet. In www.ise.fraunhofer...in-deutschland.pdf auf Seite 38 ist zu lesen, dass eine Solaranlage in Deutschland MINDESTENS 10 mal mehr Enerige produziert als bei der Herstellung benötigt wird. Windkraftanlagen sind energetisch gesehen noch besser. Die Energierücklaufzeit beträgt dabei 2 bis 7 Monaten.

    • @EricB:

      "Eine Solarzelle kann bei 30 Jahren Betrieb sich selber plus eine halbe Solarzelle erzeugen. " Das ist dummes Zeug. Die energetische Amortisationszeit einer monokristallinen Siliziumzelle liegt typischerweise bei ca. 40 Monaten (mit einer Wertetoleranz von 15 bis 100 Monaten, abhängig von der Einstrahlung), bei einer Lebensdauer von 360 und mehr Monaten. Quelle: www.volker-quaschn...serv/kev/index.php.

    • @EricB:

      Hier scheint jemand auf 20 Jahre alten Daten zu sitzen. Eine Solarzelle braucht gerade mal 2 Sommer um die Energie wieder einzuspeisen und ein Windrad gerade mal 7 Monate.

      www.ise.fraunhofer...n-deutschland.html

  • Was das angeblich ökologische Bewusstsein hierzulande angeht, so beweist es sich gerade am Fall des Hambacher Urwalds, wo die Regierung alles tut, um sich an Entscheidungen vorbeizumogeln und schamlos die eigenen Klimavereinbarungen bricht. Deshalb: Sieg im Hambi-Krieg, Klimakampf im eigenen Land.

    • @Ataraxia:

      Das Problem am Hambacher Forst (der keineswegs ein Urwald ist, bitte nicht mit Lügen Stimmung machen!) ist, dass es in diesem Land Gesetze gibt und das Vorhaben von RWE gesetzeskonform ist.

      Ein Staat sollte seine eigenen Gesetze nicht brechen. Ein "Sieg im Hambi-Krieg" bedeutet nichts anderes als ein Ende des Rechtsstaats.

      • @Aron Gabriel:

        M. W. gab es ein Gerichtsurteil, dass einen Rodungsstopp für den Hambacher Forst verhängt hatte und – RWE hat trotzdem gerodet.

        Rechtsstaat?

        Und ob Urwald oder nicht, erhaltenswert sind die alten Bäume auf jeden Fall.



        Die Rodung ist m. E. hinfällig, weil der Braunkohleabbau zur Einhaltung der Klimaziele gestoppt werden muss, zur Energiegewinnung ist er überflüssig. Im Hambacher Forst geht es m. E. nur um Gewinne für einige Wenige, Kostensenkung für eine Abflachung des Geländes auf Kosten des Hambacher Forstes und sinnlose Zerstörung von Natur. Von der Umsiedlung (= heimatverlust für die ehem. Bewohner) mal ganz zu schweigen.

        Und "nur" weil das einmal rechtens war, heißt das nicht, dass es das heute auch noch ist|so sein muss.



        Entscheidungen können aus den verschiedensten Gründen sinnvoll geändert werden – m. E..

        Erneuerbare, Sonne ("Schmelzkraftwerk" in Frankreich), Wasser – es klappt, wenn es gewollt ist.



        Ist es aber nicht, weil sich ein paar "Spezln" die Taschen vollstopfen wollen.

        • @Frau Kirschgrün:

          Genau. Wenn es darum geht Duelle zu gewinnen, dann jetzt.



          System Change Not climate change.

          • @Willi Stark:

            es mag ja alles sehr komplex sein,



            aber letztendlich auch sehr einfach.



            Was tun? Nichts?