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Kolumne Dumme weiße MännerWenn die Würde baden geht

Konservative weiße Männer interessieren sich erst für Menschenwürde, wenn es um einen alten weißen Mann geht. Wie identitär ist das bitte?

Ob dieser Badehosenträger Alexander Gauland ist, möchten wir hier mal dahingestellt lassen Foto: Twitter/@pusztapunk

W ann ist es endlich Zeit, in Bezug auf die AfD über Menschenwürde zu diskutieren? Ist klar: Wenn ein Foto veröffentlicht wird, auf dem ein älterer weißer Mann zu sehen ist, der nur eine Badehose trägt, die genauso braun und kleinkariert ist wie sein Herz. Alexander „Vogelschiss“ Gauland sind beim Baden die Sachen geklaut worden. Es gibt ein Foto von ihm mit einer Polizistin und damit wird der entsprechende Bericht bebildert. Konservative Journalisten finden nun, wer dieses Bild für gut oder lustig halte – oder überhaupt nur verwende, habe der AfD nichts Kritisches mehr zu sagen.

Kurz zur Erinnerung, der weiße Mann Alexander Gauland ist eine Person der Zeitgeschichte. Als solche ist er weniger geschützt als andere, wenn er sich in der Öffentlichkeit aufhält: Er ist Parteichef der größten Oppositionspartei Deutschlands. Er tritt regelmäßig in Talkshows auf. Und er sagt regelmäßig entwürdigende Sachen, beispielsweise, dass niemand den schwarzen Fußballspieler Jérôme Boateng als Nachbarn wolle, dass er die türkischstämmige Politikerin Aydan Özoguz in Anatolien „entsorgen“ wolle, dass Hitler und die Nazis „nur ein Vogelschisss“ seien unter denen ein „Schlussstrich“ gezogen gehöre und dass er auch noch stolz auf die „Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“ sein wolle.

Kurz Luft holen.

Und auch sonst bedient er sich bei dem Vokabular von Rechtsextremisten: Er hat gesagt, dass Polen entscheiden müssten, wieviele „Flüchtlinge sie in ihrem Volkskörper“ wollen und wiederholte die NPD-Parole „heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land“.

Kartoffel ohne Leitkultur

Die vielen Entgleisungen dieser Brandenburger Kartoffel deuten darauf hin, dass sie schon lange nicht mehr auf Gleisen fährt. Oder in Gaulands Worten ausgedrückt: Insbesondere angesichts seiner schändlichen Vorgeschichte ist ein Foto von seinem käsigen Körper in einer kartoffelschalenbraunen Hose nicht mal ein Vogelschiss, sondern übliche Panorama-Berichterstattung. Ohnehin könnte man sich fragen, warum ein Badehosenfoto im öffentlichen Raum entwürdigend sein soll. FKK ist deutsche Leitkultur und man könnte auch fragen, warum Gauland ausgerechnet im Osten überhaupt etwas anhat und wer ihn bitte mal in den Integrationskurs schickt.

Aber gut, bei der Badehose ziehen konservative weiße Journalisten die Linie. Der weiße Mann Jochen Bittner von der Zeit findet, dass Leute, die das Gauland-Foto retweeten, nachdenken müssen, bevor sie in Zukunft Grundgesetz oder Menschenwürde verteidigen. Nachdenken sollte aber lieber Bittner selbst, der vor einigen Monaten deutschen Feministinnen vorwarf, nicht ausreichend über den Iran zu twittern und jetzt selbst zu Gaulands Vogelschiss bis auf einen unkommentierten Retweet schwieg, aber zu seiner Badehose in zehn selbst formulierten Tweets und Replys moralisiert.

Justus Bender, ein weißer Mann bei der FAZ twittert wiederum, wer Lust an diesem Foto empfinde, könne der AfD keine Vorhaltungen machen. Ach ja? Die Fotos von ausgemergelten, nackten Auschwitz-Insassen, unter denen Gauland einen „Schlussstrich“ ziehen will und auf dessen Peiniger er stolz sein möchte, sind durch ein Foto in Badehose abgegolten?

Und auch Ulf Poschardt, der weiße Chefredakteur der Welt, verkündete auf Twitter, seine Zeitung werde das „entwürdigende“ Bild nicht zeigen. Was die Zeitung aber doch zeigt: Eine Unfallszene, die ein Gaffer nicht fotografieren soll, die Leiche von Gaddafi, die als Trophäe ausgestellt wird, die Ausschnitte und den Blick durch durchsichtige Kleider von Frauen – dabei am liebsten mit weggetrimmten Kopf – , schlafende Obdachlose, Frauen nach misslungenen Schönheitsoperationen am Po und eine ganze Bildergalerie von peinlichen Partyfotos, geklaut von Facebook-Profilen.

Offenbar fühlen sich manche weiße Männer eher von dem angeblichen Unrecht betroffen, das mächtigen weißen Männern geschieht, und weniger von dem, das von weißen Männern ausgeht. Das ist eine identitäre Positionierung. Kann man so machen, aber würdevoll ist das nicht.

UPDATE 07.06., 19:30 UHR: Auf Wunsch des Zeit-Autoren Jochen Bittner ist eine Stelle im Text präzisiert. In einer früheren Version hieß es, Bittner habe zu Gaulands „Vogelschiss“-Äußerung geschwiegen. Bittner legt Wert darauf, dass er dazu einen Retweet gepostet habe. Diesem fügte Bittner keine eigene Kommentierung hinzu, sagte aber nachträglich, ihn treffend zu finden. Zu der Frage des Badehosenfotos formulierte er mehrere eigene Tweets. Der Artikel gibt den Stand von Bittners Profil am Mittwochmorgen wider.

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Lalon Sander
Datenjournalist
Lalon Sander ist Datenjournalist. Sein Schwerpunkt liegt in der Aufbereitung von Datensätzen zum Klimawandel.
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18 Kommentare

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  • Sehr guter Kommentar. Sie haben meine volle Zustimmung.

  • gepixelt gefällt mir die badehose besser

  • Ja, genau so!

    Mal zur Entwürdigung: Ein alter Herr spaziert seelenruhig mit Polizistin in Shorts nachhause oder sonst wohin; Wohlgemerkt nicht in einer echten Altherrenbuxe. (In den Shorts jedenfalls von hinten und in Anbetracht des Alters macht Alex doch noch eine gute Figur).

    Würde er es selbst als Entwürdigung erleben, er hätte im Streifenwagen etc. verbleiben und sich Kleidung bringen lassen können. Mir scheint, es ist die Inszenierung einer Entwürdigung, die reflexartig als diese angenommen wurde. Oder... den Gauland hat es erst gar nicht tangiert, außer als schlichte Empörung über den Diebstahl.

    Also auch mein Schlappeau für die Mitentwürdigten!

    • @lions:

      "Polizistin in Shorts" Äh... in Shorts mit Polizistin natürlich

      • @lions:

        ...oder gar Polizist?

  • "Die Fotos von ausgemergelten, nackten Auschwitz-Insassen, unter denen Gauland einen „Schlussstrich“ ziehen will und auf dessen Peiniger er stolz sein möchte, sind durch ein Foto in Badehose abgegolten?"

     

    Treffer. Versenkt. Danke! - Poschardt und Co. sind peinlich ohne Ende.

  • Gauland kann man in eine Gruppe mit Weidel und von Storch, sowie vielen anderen rechten und spießigen Frauen fassen. Diese Geisteshaltung hat nur bedingt mit Geschlecht, Alter und Hautfarbe zu tun.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Als Streich ist die Sache durchaus gelungen und Lustig. Aber als politische Aktion doch eher peinlich und unbeholfen.

    Was kommt als nächste Stufe? Saalschlachten ala dreißiger Jahre?

  • Ein Kalauer a la "Eis am Stiel"... :o)

     

    Aber den Haustürschlüssel hätte man ihm lassen können, wäre ein positives Signal an die Öffentlichkeit gewesen.

  • Gauland und mächtig? Dass ich nicht lache! Gauland ist nur so mächtig, wie man ihm Ohren gibt und ihm als Sprachrohr dient.

  • Tja, jeder blamiert sich halt so gut er eben kann.

  • Als Brandenburger Kartoffel muss ich darauf bestehen, dass dieser Gauland keiner von uns ist. Er wurde in Chemnitz geboren, lebte im Westen und kam dann als Abschiebemasse abgehalfteter CDUler nach der Wende herüber. Irgendwie muss er sich dabei radikalisiert haben oder aber er traute sich als Alter ohne weitere Karriereoptionen plötzlich seine radikalen Positionen zu äußern und landete bei der Brandenburger AfD ganz oben, wohl wegen deren Engpässen an eigenem Menschenmaterial.

    • Lalon Sander , Autor*in des Artikels, Datenjournalist
      @Laurenz Kambrück:

      Sorry, aber irgendwer muss ihn nehmen. Wir können nicht alle abschieben!

      • @Lalon Sander:

        nu, die sachsen hätten ihn nehmen müssen!

        oder gips da noch kein rücknahmeübereinkommen?

      • @Lalon Sander:

        ;))

  • "Konservative weiße Männer interessieren sich erst für Menschenwürde, wenn es um einen alten weißen Mann geht."

    Das ist ein unbewiesenes Vorurteil.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Bäng!!

  • ich lach mich weg, da will doch wirklich jemand Gauland nackig sehen. Für diesen Bericht sind die Buchstaben zu schade die sie verwendet haben.