Kultusministerkonferenz zu Abschlüssen: Kleinstaaterei ist sehr lebendig
Die Bildungsminister der Länder wollen mit einem Staatsvertrag des Schulsystem vereinheitlichen. Aber können sie das überhaupt?
Die gleiche Unübersichtlichkeit herrscht auch in allen anderen Bereichen des Schulsystems – seien es nun Lehrpläne oder Lehrerausbildung. Denn Bildung ist nun mal Ländersache. Die Länder können sich nicht einmal auf einen gemeinsamen Namen für die Schule nach der Grundschule einigen, die mal Werkrealschule, mal Mittelschule und mal Integrierte Sekundarschule heißt.
Unter dem Druck der öffentlichen Meinung und der Androhung des Bundes die als Schwatzbude verschrieene Kultusministerkonferenz (KMK) durch einen Nationalen Bildungsrat zu ersetzen, haben sich die Länder in der KMK im März darauf verständigt, die Option eines Bildungsstaatsvertrags zu prüfen.
Den letzten, das „Hamburger Abkommen“, schlossen die Ministerpräsidenten im Jahr 1964. Das Abkommen regelt Schulpflicht, Schuljahr und Ferien. Der Entwurf für den neuen Staatsvertrag „Zu Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit im Schulwesen“, der der taz vorliegt, sieht nun kaum verbindliche, einheitliche Regelungen vor. Stattdessen liest er sich wie eine Festschreibung des Status quo.
Zahmer Entwurf
In der Präambel heißt es: „Der Staatsvertrag nimmt (…) maßgeblich Bezug auf bereits in der Ständigen Konferenz der Kultusminister (…) vereinbarte Vorhaben.“ Und so bestätigen sich die Länder im Staatsvertragsentwurf im Abschnitt „Transparenz“, dass sie regelmäßig einen Bericht „Bildung in Deutschland“ geben. Der Bericht erscheint bereits.
Auch wollen sie ein deutschlandweites Informationsangebot zum Lehrerberuf und Lehrerbedarf einrichten. Aber eine einheitliche Ausbildung oder gar Bezahlung, wie sie angesichts des bundesweiten Lehrermangels angezeigt wäre? Kein Wort davon. Höchstens über „Grundsätze“ und „Rahmenbedingungen“ wollen sich die Länder abstimmen.
Bei der Vergleichbarkeit von Abschlüssen wollen sich die Länder laut Entwurf ebenfalls auf nichts festlegen. Da heißt es nur: „Die Länder legen im Rahmen der Kultusministerkonferenz gemeinsame Rahmenbedingungen für Abschlussprüfungen (…) fest.“ Also zurück in die KMK – und damit zurück auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Der Entwurf spiegelt den jetzigen Zustand also weitgehend wider. Die Länder wollen zusammenarbeiten, etwa beim Thema Inklusion. Aber sie müssen nicht.
Lediglich einen Vorschlag, der etwas über den Status quo hinausweist enthält das Papier: Die Länder sollen sich auf einheitliche Bezeichnungen für Schularten neben dem Gymnasium verständigen. Das Papier soll am kommenden Donnerstag in der KMK diskutiert werden. Aus KMK-Kreisen heißt es, man müsse da wohl noch mal ran. Der jetzige Vorschlag sei peinlich.
„Gegengewicht zur KMK“
Genauso zahm, wie der Entwurf für den Bildungsstaatsvertrag liest auch das vorläufige Konzept der Kultusminister für den Nationalen Bildungsrat, das der taz ebenfalls vorliegt. Die Kultusminister wollen ein Gremium mit zwei Kammern, die jeweils 22 Mitglieder haben. In der einen, der Bildungskommission sollen Wissenschaftler und Experten jeweils zur Hälfte vertreten sein. Der anderen, der Verwaltungskommission, sollen 16 Ländervertreter die Mehrheit über Vertreter von Bund und Kommunen behalten. Da die Verwaltungskommission auch die Experten und Wissenschaftler vorschlägt, wäre dieser Bildungsrat also ein Instrument der Länder.
Das jedoch ist weder im Sinne des CDU-geführten Bundesbildungsministeriums noch der Union. „Unser Interesse ist es, mit dem Bildungsrat auch ein Gegengewicht zur KMK zu schaffen“, sagte Tankred Schipanski, CDU-Abgeordneter und Mitglied im Bildungssausschuss des Bundestages, der taz. „Die KMK hat schließlich in den 70 Jahren ihrer Existenz nicht geschafft für mehr Vergleichbarkeit im Bildungswesen zu sorgen.“ Er könne sich sogar vorstellen, meint Schipanski, dass der Bildungsrat sogar mit der Aufgabe betraut wird, einen Bildungsstaatsvertrag zu erarbeiten. „Die Menschen sind die Kleinstaaterei im Bildungswesen leid, das ist nicht mehr zu vermitteln.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen