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Bremens neuer CDU-SpitzenkandidatDer Angepasste

Carsten Meyer-Heder möchte als Spitzenkandidat der CDU Bremer Bürgermeister werden. Seine Voraussetzungen für den Wahlkampf sind außergewöhnlich gut.

Hand in Hand mit dem Weser-Kurier: Carsten Meyer-Heder will ins Bremer Rathaus Foto: Jan Zier

BREMEN taz | Wie fies. Carsten Meyer-Heder ist aus dem Online-Lexikon Wikipedia entfernt worden. Wegen „enzyklopädischer Irrelevanz“, so hatte es seinerzeit in der Löschdiskussion geheißen. Dabei war damals schon klar, dass der Internetunternehmer zum Spitzenkandidaten der CDU bei der Bürgerschaftswahl in Bremen gewählt werden würde. Denn dass der Landesparteitag am Wochenende mit nahezu 100 Prozent für den 57-Jährigen stimmen wird, ist klar, seit ihn Mitte Februar der CDU-Landesvorstand einstimmig nominiert hat.

Nun könnte man vermuten: CDU-Kandidat in Bremen ist ein Synonym für enzyklopädische Irrelevanz. Und es stimmt auch, die meisten von denen, die sich hier auf Unions-Ticket um die Senatspräsidentschaft bemüht haben, kannst du echt vergessen, obwohl sie nie gelöscht wurden.

Aber bei Meyer-Heder sind die Voraussetzungen unendlich viel besser: Erstens wirkt er nicht komplett unsympathisch. Zweitens versucht der Amtsinhaber, möglichst unbekannt zu bleiben. Und drittens bietet der Weser-Kurier dem Neueinsteiger eine Bühne, als gäbe es eine Medienpartnerschaft: Sogar der Geschäftsbericht von Meyer-Heders Firma Team Neusta schaffte es da auf die Seite eins. Und die Zeile hieß: „Vom Loft ins Rathaus“, während es im Gespräch weder um den Sitz der Firma in einem früheren Hafenschuppen noch um Politik ging.

Statt Inhalten hat auch die taz dem Quereinsteiger nur Floskeln entlocken können wie die Ansage, „Dinge anschieben und auch mal neue Wege ausprobieren“ zu wollen. Welche, ist leider auch seinem Blog „Ab ins Rathaus“ noch nicht zu entnehmen.

Eher, dass er sein Profil seinen Gesprächspartnern anpasst. So moniert er beim Besuch in Bremerhaven, dass „eine auskömmliche, finanzielle Ausstattung durch das Land Bremen“ aus seiner Sicht „nur unzureichend“ stattfinde. Dabei bekommt Bremerhaven pro Einwohner*in volle 647 Euro mehr aus dem Landeshaushalt als die Hauptstadt. Aber egal: Wichtiger als Politikwissen ist für einen guten Kandidaten, dass er eine Projektionsfläche für möglichst viele abgibt. Das könnte bei Meyer-Heder klappen.

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