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Kommentar Saudi-Arabiens KronprinzDer neue Israel-Freund

Kommentar von Susanne Knaul

Warum geht Kronprinz Mohammed bin Salman auf Israel zu? Er will vor allem eine Front gegen Iran bilden. Für die Palästinenser ist das keine gute Nachricht.

Plötzlich geht's: Saudi-Arabien hat seinen Luftraum für einen ersten israelischen Zivilflug freigegeben Foto: reuters

D er saudische Kronprinz Mohammed bin Salman ist bei der Suche nach Verbündeten für seinen Feldzug gegen Teheran nicht gerade zimperlich. Dass Israel und Saudi-Arabien gemeinsame Interessen verfolgen, wenn es darum geht, den iranischen Einfluss in der Region zurückzudrängen oder gar einen Atomstaat Iran zu verhindern, ist keine Neuigkeit.

Überraschend ist aber der Zeitpunkt, den der Kronprinz wählt, um dem jüdischen Staat grünes Licht zu geben. Erst vor wenigen Tagen töteten israelische Soldaten 17 palästinensische Demonstranten an der Grenze zum Gazastreifen. Iran hat höchste Priorität, so lautet die bittere Botschaft an Präsident Mahmud Abbas in Ramallah. Palästina kommt später.

Umgekehrt ergreift Israel mit Freuden jede ausgestreckte Hand, um Anerkennung zu gewinnen in der feindlichen Region, im Kampf gegen den radikalen Islam und besonders an der Front zum Iran. Regierungschef Benjamin Netanjahu hat nichts zu verlieren, steht er doch, von US-Präsident Donald Trump abgesehen, international recht einsam da mit seiner Kritik gegen das Iran-Abkommen und dem Wunsch nach neuen Sanktionen. Notfalls auch im Alleingang, so kündigte er an, wolle Israel den Iran daran hindern, Atommacht zu werden.

Das wird nicht nötig sein. Sollte Israel am Ende doch noch einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen planen, kann es nicht nur auf politischen Rückhalt einer arabischen Führungsmacht zählen, sondern auch ganz praktisch die Luftwaffe beim neuen Verbündeten zwischenlanden und auftanken – was ihre Mission deutlich erleichtern würde.

Für einen ersten zivilen Flug nach Israel gab Riad den Luftraum bereits vor wenigen Wochen frei. Die Reisezeit von Indien nach Israel konnte damit um Stunden verkürzt werden. Schon liegen Pläne bereit für eine Eisenbahnverbindung via Jordanien. Die Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel soll nicht auf die Zusammenarbeit bei Sicherheitsfragen beschränkt bleiben. Der Anfang einer wunderbaren Freundschaft ist es trotzdem nicht für Israel mit dem Land, in dem weder Kirchen noch Synagogen erlaubt sind.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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19 Kommentare

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  • Für alle Interessierten: ein wirklich exzellenter Artikel (lang!) im New Yorker, der treffend die Lage im Mittleren Osten - und die kommenden Umwälzungen - beschreibt.

    https://www.newyorker.com/magazine/2018/04/09/a-saudi-princes-quest-to-remake-the-middle-east

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Schöne Nachricht. Israels Legitimität steht nicht zur Disposition. Und wenn Palästinenser das anerkennen, steht ihrem Staat aus nichts im Wege. Wenn nicht, dann halt nicht. Dann kann man nur alles Gute in den Flüchtlingslagern und bei Dauerdemonstrationen wünschen.

  • Jedem steht es frei, sich die Art des Selbstmordes auszusuchen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die Hamas gibt aber auch gerne Tipps...

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Die Hamas ist nicht halb so wirkmächtig und erst recht nicht so destruktiv wie die Friedensfeinde Bibi, Donald und der Salman, Bin ...

  • Zumindest in der vergangenen Woche hat Trump noch gegen bin Salman getwittert.

     

    Die USA sind ja faktisch pleite (Sozialpolitik hin oder her). Ihre Verpflichtungen quer über den Globus in teils ambivalenten Konflikten fordern ihren Tribut.

     

    Alle zwei Jahre müssen sie sich der grundlegenden Frage stellen, ob der weitere Ausbau des Militärstaates(108,14%BIP 2017) noch glaubhaft zu rechtfertigen sei und dann liebes Israel haben sie keine handlungsfähigen Verbündeten mehr, die Europäer werden sich hüten. Dann haben sie 100 Millionen wütende Araber vor ihrer Tür. Für eine handvoll Reihenhäuser in der Halbwüste, ist Ihnen das wert?

     

    Erstaunt hat mich in diesem Kontext, dass selbst Bernie Sanders an der selbstauferlegten Verpflichtung des weltweiten Demokratieexportes festhält. Das ist der Sündenfall der amerikanischen Sozialdemokraten. Insofern, was darf man an politischer Kultur erwarten im Zwei-Parteien-System nach britisch royalistischem Muster. Der Feind ist nicht der Iran, Mohammed, der Feind ist der Krieg an sich. Aber wir werden sehen was die Verhandlungen in Ankara am 4. April bringen werden.

    • @Pele :

      Die haben die Israelis schon seit 70 Jahren vor der Haustür.

       

      Und was ja auch immer wieder gerne unterschlagen wird, ja die USA unterstützen Israel, in allen Kriegen außer dem Ersten, sind die Araber in ähnlicher Höhe von der UDSSR unterstützt worden und auch damals waren die schon wesentlich mehr.

       

      Und Dimona wird auch nicht zum Spaß betrieben...

      • @Sven Günther:

        Sie meinen Ägypten, Saudi-Arabien und Jordanien. Nee, den Kommentar hätten sie sich ruhig sparen können, denn ich glaube nicht, das die Israelis tatsächlich ihrer selbst mächtig sind.

        • @Pele :

          Meinungen die auf "Glauben" basieren, sind ja auch so fundiert.

  • Für die Palästinenser ist das schon eine gute Nachricht. Nur für die Hamas nicht. Wer blockiert denn sonst noch eine Zweistaatenlösung?

  • Frau Knaul kann sich mal wieder nicht entscheiden, ob sie für oder gegen Israel sein soll.

    • @Nicky Arnstein:

      Genau das macht guten Journalismus aus. Deshalb schätze ich ihre Artikel.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Für die Palsästinenser ist es also keine gute Nachricht, wenn der saudische Kronprinz der Meinung ist, das sowohl den Israelis als auch den Palästinensern ein eigener Staat zusteht?

     

    Frau Kanul ist also der Meinung das der bisherige Zustand der Nichtanerkennung des israelischen Staates von Seiten der Saudis der richtige Weg war? Wie soll man das noch eingermaßen wohlwollend interpretieren?

     

    Selbst wenn man sich völlg naiv auf die palästinensische Seite schlägt und deren Kampf gegen Israel als "Freiheitskampf".. whatever..auffasst; was hat denn die feindseelige Haltung der meisten muslimisch geprägten Staaten gegenüber Israel in den letzten Jahrzehnten gebracht?-Richtig, gar nichts. Ausser vielleicht eine Aufrüstung und eine generelle Schwarz/Weiß-Sicht auf "die Juden" und "die Muslime".

     

    Natürlich handelt bin Salman auch aus Eigeninteresse, das tun Staatsoberhäupter fast immer.

     

    Allerdings ist in den letzten zwei Jahren auch einiges passiert in Saudi-Arabien.

     

    Angefangen mit der Erlaubnis zum Autofahren für Frauen. Momentan denkt der Kronprinz darüber nach die Bekleidungsvorschriften für Frauen abzuschaffen, Frauen dürfen seit letzem Jahr zu Fußballspielen, Frauen dürfen künftig arbeiten ohne den Mann fragen zu müssen und sie dürfen nun studieren.

     

    ^^Das ist immerhin recht viel Veränderung in kurzer Zeit für ein ultrareligiöses Land.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @6474 (Profil gelöscht):

      Die Frage ist, was kriegt man dafür, dass man eine angeblich nicht verhandelbare Position räumt, maW: wem nützt es ?

       

      Mir machen die beiteiligten Personen und ihre höchst durchsichtigen Motive Angst.

       

      Ein der Korruption bezichtigter kalter Krieger und Ewiggestriger mit Rezepten von Vor-vor-gestern und mit dem Rücken zur Wand, dem jede Art von Eskaltaion nützt;

      ein völlig indiskutabler Horrorclown, der soeben den letzten Restverstand aus seinem Kabinett verbannen liess; und der Vorsteher eines steinzeitlichen höchst grausamen Systems, das in der ganzen Region Mittelost Kriege führt und - wie seine Brüder im Ungeiste - für Unruhe und Instabiltät sorgt.

       

      Den Palästinensern nützt dieses unheilige Bündnis nichts.

       

      Und wer - wie die drei Pappnasen glaubt, es mache Sinn am Atom-Deal mit dem Iran zu schrauben, der kann auch gleich die ganze Region in Brand stecken ...

    • @6474 (Profil gelöscht):

      "Frauen dürfen künftig arbeiten ohne den Mann fragen zu müssen" - auf dem Papier, oder auch in der täglichen Lebenswirklichkeit des Arbeitsalltags? Und was geschieht mit dem Arbeitslohn? - muss der auch beim Patriar(s)chen abgeliefert werden? - "gleiches Geld" für "gleiche Arbeit"?

      • @Reinhold Schramm:

        Das sind alles gute Fragen. Allerdings hat ROI schon recht. Für solch ein Land ist das ein großer Schritt. Ihre Skeptische Haltung kann ich verstehen, die ist berechtigt. Allerdings bin ich gegen eine Einmischung westlicher Aktivisten, dass ist 2013 schon einmal kräftig daneben gegangen. Mit derartigen Aktionen (wie die der Femen) erweist man den lokalen Frauenbewegungen einen Bärendienst. Man kann westlichen Feminismus nicht Eins zu Eins auf andere Länder übertragen. Genaso wie man die Demokratie nicht mit dem "Friedenspanzer" in die Welt exportieren kann.

      • 6G
        6474 (Profil gelöscht)
        @Reinhold Schramm:

        Die Realität sieht vermutlich anders aus und Frauen sind in Saudi-Arabien noch weit davon enfernt auch nur annähernd die selben Rechte zu genießen.

         

        Übrigens möchte ich keine Falschmeldungen verbreiten. Es bleibt Frauen weiterhin untersagt ohne männliche Zustimmung zu studieren.( die Idee wurde nicht umgesetzt)

         

        Es geht mir nicht darum, das Saudi-Arabien auf einmal ein Vorzeigestaat wäre.

         

        Prinzipiell ist Saudi-Arabien nachwievor einer der repressivsten Staaten der Welt.

         

        Trotzdem scheint sich dort in den letzten Jahren etwas zu verändern.

         

        Mal abwarten

        • 6G
          60440 (Profil gelöscht)
          @6474 (Profil gelöscht):

          Im Iran ist man schon erheblich weiter, was Frauenrechte angeht. Aber das nur nebenbei ...

  • "mit dem Land, in dem weder Kirchen noch Synagogen erlaubt sind."

     

    Wer sagt das sich die nicht auch bald ändert?

     

    Vor kurzem hätte auch niemand erwartet das es Frauen erlaubt sein würde Popkonzerte oder Sportveranstaltungen zu besuchen.