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Gedenkstätten-Gesetz in NiedersachsenFraktionen schließen AfD aus

SPD, CDU, Grüne und FDP beschließen eine Gesetzesänderung. Die AfD soll dem dem Stiftungsrat der Gedenkstätte Bergen-Belsen fernbleiben.

Ein Ort der Erinnerung und Mahnung: Gedenkstätte Bergen-Belsen Foto: dpa

HANNOVER taz | Im März ist es 75 Jahre her, dass Kriminalpolizei und Gestapo über 20.000 Sinti und Roma an den Bahnhöfen zusammen trieben und sie in Waggons pferchten, die direkt ins Vernichtungslager Auschwitz fuhren. In Niedersachsen verließ einer der größten Transporte am 3. März 1943 die Bahnhöfe in Hannover und Braunschweig. „Fast alle Häftlinge des ‚Zigeuner-Familienlagers‘ in Auschwitz-Birkenau wurden von der SS in Gaskammern ermordet oder starben an den Folgen von Zwangsarbeit und Hunger“, schreibt die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in einer Einladung für eine Gedenkveranstaltung am kommenden Sonntag in der Gedenkstätte Bergen-Belsen bei Celle.

Die Stiftung erinnert gemeinsam mit dem Niedersächsischen Verband Deutscher Sinti und dem Forum für Sinti und Roma Hannover an den 75. Jahrestag der Deportation. Und eben wegen dieser engen Zusammenarbeit mit Opfer- und Hinterbliebenenverbänden hatte die Stiftung öffentlich dagegen protestiert, dass zukünftig auch ein Mitglied der AfD-Fraktion im Stiftungsrat sitzen sollte. Am Dienstag beschloss der Landtag nun eine Gesetzesänderung im Stiftungsgesetz, um die AfD heraus zu halten.

Bisher steht im Gesetz über die „Stiftung niedersächsische Gedenkstätten“, dass alle Fraktionen einen Vertreter in den Stiftungsrat entsenden sollen. SPD, CDU, die Grünen und die FDP haben beschlossen, dass zukünftig nur noch vier Parteien vertreten sein sollen. Die Vertreter des Landtages „werden von diesem aus seiner Mitte“ gewählt. Die Mehrheit entscheidet also über die Kandidaten.

Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne, der auch für die Gedenkstätte Bergen-Belsen zuständig ist, begrüßte die Änderung im Vorfeld: Der Vorschlag sei geeignet, möglichen Verwerfungen im Stiftungsrat vorzubeugen.

Jens-Christian Wagner, der Geschäftsführer der Stiftung, hatte den Ausschluss der AfD in einer Stellungnahme begrüßt. Die Stiftung habe den Auftrag, die Opfer von NS-Verbrechen zu würdigen. „Die AfD, in deren Reihen revisionistische, rassistische, antisemitische und den Holocaust verharmlosende oder gar leugnende Positionen mindestens geduldet werden, steht diesem Auftrag entgegen“, sagte Wagner. Wer den deutschen „Schuldkult“ beklage oder eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ fordere, habe in der Stiftung nichts verloren.

Die Stiftung

Die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten mit Sitz in Celle wurde im Jahr 2004 gegründet.

Die Stiftung wird vom Land Niedersachsen gefördert und dient zur Erforschung und Verbreitung des Wissens über das Geschehen während der NS-Zeit.

Sie ist Trägerin der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen bei Celle und der Gedenkstätte in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel.

Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat und ein Geschäftsführer. Im Stiftungsrat war bisher je ein Mitglied der Landtagsfraktionen vertreten.

Zudem arbeiten dort Vertreter von Überlebenden-Organisationen mit. (epd)

Er scheue die direkte Auseinandersetzung mit AfD-Abgeordneten nicht, sagte Wagner. „KZ-Überlebenden möchte ich das aber nicht zumuten.“ Überlebendenverbände aus den USA, Frankreich und Israel hatten sich zuvor mit Briefen an die Stiftung gewandt und dabei auch die Zusammenarbeit infrage gestellt, sollte die AfD einen Sitz im Stiftungsrat bekommen.

Für den CDU-Abgeordneten Jens Nacke war das das entscheidende Argument. „Grundsätzlich bin ich gegen eine Lex AfD.“ In diesem Fall sei aber eine Ausnahme notwendig, da die Arbeit der Opferverbände wichtiger sei als die AfD. Man müsse es hinnehmen, wenn die Partei nun dagegen wettere, dass sie von den „Altparteien“ ausgeschlossen werde.

Eine Position, die Björn Försterling von der FDP teilt: „Wenn wir abwägen zwischen der Mitarbeit der Opferverbände und einer Vertretung der AfD im Stiftungsrat, entscheiden wir uns klar zugunsten der Mitarbeit der Opferverbände.“ Die AfD versuche, wieder Hass zu säen.

Ähnlich sieht das Anja Piel von den Grünen: Angesichts zahlreicher „erinnerungspolitischer Ausfälle“ der AfD sei der Protest der Verbände mehr als nachvollziehbar, sagte Piel. „Es steht uns nicht zu, Angehörigen von KZ-Opfern und deren Verbänden vorzuschreiben, mit wem sie gemeinsam Gedenkstättenarbeit machen sollen.“

Die AfD Niedersachsen hatte sich im Dezember 2016 in einer Stellungnahme gegen die bisherige Erinnerungskultur ausgesprochen: „Es wird Zeit, das Ruder herumzureißen, dem deutschen Volk wieder Schutz zu geben und endlich diesen irren Schuldkult aus Deutschland zu verbannen“, heißt es dort. Nacke kritisierte zudem, dass die AfD in mehreren Kreistagen in Niedersachsen versucht habe, Mittel für Gedenkarbeit zu streichen. „Wenn sie so etwas in ihren Reihen dulden, sind auch die AfD-Landtagsabgeordneten dafür verantwortlich“, sagte Nacke.

Die AfD kritisierte den Vorstoß als „nicht zu Ende gedacht“. Was passiere, wenn die FDP bei der nächsten Wahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheitere, fragte der Abgeordnete Klaus Wichmann. „Wollen Sie dann wieder das Gesetz ändern?“ Dieses habe nur das Ziel, die AfD auszugrenzen – das aber leugnen auch die anderen Parteien nicht.

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4 Kommentare

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  • Heute würden die Behörden ganz genau so handeln wie damals. Speichel- leckend und kadavergehorsamst würden sich Millionen Deutsche am nächsten Völkermord beteiligen-soviel ist sicher!

  • Ein Lob auf die Vergeßlichkeit?

     

    //http://www.taz.de/!5074664/

    • @wxyz:

      //http://www.taz.de/!5074664/

  • es waere vielleicht gerade interessant gewesen, einen vertreter der afd in dem ausschuss zu haben. konfrontation ist dienlich