Wirtschaftskrise in Venezuela: Neue Scheine, neue Probleme
Venezuela droht der Staatsbankrott, die Inflation ist die höchste der Welt. Präsident Nicolás Maduro hat einen Schuldigen gefunden.
Im Kampf gegen die höchste Inflation der Welt will Venezuelas Regierung nun erstmals Geldscheine im Wert von 100.000 Bolívar drucken lassen. Am Mittwoch stellte Präsident Nicolás Maduro am Rande einer Kabinettssitzung die neuen Note vor, die wie alle anderen Geldscheine im südamerikanischen Land das Konterfei des Befreiungshelden Simon Bolívars trägt.
Das Problem ist, dass auch der neue größte Schein nichts am dramatischen Wertverlust des Bolívars ändern wird: Er liegt bei rund 700 Prozent. Keine andere Währung schmiert schneller ab. Vor einem Jahr war der größte Schein in Venezuela noch die 100-Bolívar-Note, und die war damals schon kaum mehr etwas wert. So ist es heute auch mit der neuen 100.000-Note. Nach dem Schwarzmarktkurs bekommt man für sie gerade mal zwei Euro.
Die Hyperinflation ist neben der anhalten politischen Krise auch dem drohenden Staatsbankrott geschuldet. Venezuela ist mit 220 Milliarden US-Dollar verschuldet und kommt seinen fälligen Verbindlichkeiten nur mit Mühe nach. Am Freitag waren 850 Millionen US-Dollar an Zinszahlungen fällig. An diesem Donnerstag sind weitere 1,2 Milliarden fällig. Bis Ende 2018 müssen rund 13 Milliarden Dollar aufgebracht werden, um Kredite und Zinsen zurückzuzahlen. Die Reserven der Zentralbank sind fast aufgebraucht.
Flucht nach Kolumbien
Da das Regime in Caracas ihre Haupteinnahmequelle, die Erdölproduktion, in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt hat, leidet nun vor allem die Bevölkerung an den Folgen der Verschuldung. Um die Ausgaben zu drücken, hat Präsident Maduro die Einfuhr von Lebensmittel und Arzneimitteln gedrosselt. Seit Monaten reisen VenezolanerInnen in das Nachbarland Kolumbien, um dort Lebensmittel oder lebenswichtige Medikamente zu bekommen.
Dort hat man versprochen, 150.000 bis 200.000 Asylsuchende aus Venezuela aufzunehmen. Nach Angaben der kolumbianischen Migrationsbehörde reisen derzeit täglich 2.000 VenezolanerInnen mehr ein als wieder aus. Rund 350.000 seien in den letzten Jahren mit dem Ziel eingereist, permanent in Kolumbien bleiben zu wollen. „Wir können unseren Nachbarn nicht den Rücken kehren“, sagt der Leiter der Migrationsbehörde, Christian Krüger.
Doch anstatt sich beim Nachbarn für die Hilfe und offene Grenze zu bedanken, macht der venezolanische Präsident Maduro seinen Amtskollegen aus Kolumbien für die Wirtschaftskrise verantwortlich. „Juan Manuel Santos steuert den Angriff auf die venezolanische Wirtschaft“, behauptete Maduro am Mittwoch. Zusammen mit der „Mafia“ der kolumbianischen Grenzorte Cúcuta und Maicao, die Geldscheine klauten.
Schuld haben andere
Es ist das Muster einer Regierung, die sich selbst nicht für die Zustände im Land verantwortlich sieht. Für das politische Chaos und die mehr als 130 Toten bei den Protesten Anfang des Jahres trage die Opposition und die USA die Schuld, die einen Putsch gegen Maduro anzetteln wollten. Und Nachbar Kolumbien, so hat Maduro schon vielfach verbreitet, würde den Sturz der venezolanischen Regierung suchen.
Santos hatte sich in den vergangenen Monaten mehrfach kritisch zum Machtkampf in Venezuela positioniert und seinen Kollegen für seine Entscheidung, das von der Opposition dominierte Parlament zu entmachten, kritisiert.
Sollte Nicolás Maduro tatsächlich stürzen, hat er das jedoch vor allem selbst zu verantworten. Der Umgang mit demokratischen Spielregeln, das wirtschaftliche Missmanagement, die leeren Supermarktregale – das ist die Folge aus fast zwanzig Jahren sozialistischer Herrschaft.
Daran kann auch der strahlend neue 100.000-Bolívar-Schein nichts ändern.
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