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Veloroute in BremenEin blaues Netz für Radler

Um den Radverkehr zu fördern, soll es ein Netz von „Premium“-Routen durch die Stadt geben.

Bessere bedingungen für Radfahrer soll es bald in Bremen geben. Foto: dpa

BREMEN taz |Bremen will wieder Fahrradgeschichte schreiben, und das mit „Premium-Routen“ durch die Stadt. Auf der grünen Wiese und am Stadtrand werden Fahrrad-Routen sogar durch den Bundesverkehrsminister gefördert, aber an die innerstädtischen Wege traut sich kaum jemand heran.

Acht solcher „Premium-Routen“ soll es am Ende in Bremen geben – bis es so weit ist, wird es aber noch dauern. Gestern legte der Verkehrssenator Joachim Lohse die Pläne für eine zweite Route vor, die immerhin Vegesack mit Hemelingen verbinden und damit rund 40 Kilometer längs durch die Stadt führen soll.

Quer durch die Stadt nämlich gibt es schon eine – von der Universität bis zum Kennedyplatz. Der fehlt aber vieles von dem, was eine richtige „Premiumstrecke“ ausmachen soll. Vor allem endet sie an den Toren der Innenstadt, dann müssen die Radfahrer durch die Bischofsnadel und über den Marktplatz schieben. Und die Radwege über die Weserbrücke sind für „Premium“ viel zu eng. Aber selbst das Stück von der Uni zum Kennedyplatz ist nur für Eingeweihte erkennbar. Richtige Premium-Routen sollen ein sichtbares „Design“ haben, bundesweit sind die meisten an ihrem blauen Asphalt erkennbar.

Das Bundesprogramm sieht zudem eine Breite von vier Metern vor: „Das ist aber in einer bebauten Stadt nicht immer realisierbar“, sagt Wilhelm Hamburger, der in der Verkehrsbehörde für die Machbarkeitsstudie zuständig ist. Die Premium-Routen sollen beleuchtet sein und bei Schneefall vom Winter-Dienst wie Durchgangsstraßen behandelt werden.

Fahrrad-Geschichte

1881: Kaufleute aus England und Amerika bringen das Hochrad nach Bremen

1884: Der Bremer Bürger Richard Nagel bekommt von der Polizeidirektion eine schriftliche „Erlaubniskarte“ zum „Befahren des Bürgerparks mit seinem Velozipede“

1888: Der schottische Tierarzt John Dunlop erfindet die Gummireifen

1890: Die Bremer Polizei-Direktion ersetzt das Wort „Velociped“ durch das deutsche Wort „Fahrrad“

1897: Erste Fahrradwege an der Parkallee, der Hollerallee und am Osterdeich

1898: Wegfall der Nummernschilder, Einführung des Rechtsfahrgebot für Radfahrer

1900: Ernst Sachs erfindet die Rücktrittbremse

1930: Erfindung der Kettenschaltung

1933: Bremen hat doppelt so viele Radwege wie andere deutsche Städte

1978: Die Findorffer „Herbststraße“ wird zur Fahrradstraße

In Vegesack soll die blaue Rad-Route durch die Aumunder Heide gehen und die Anwohnerstraße „Am Wasser“, in Gröpelingen durch den „Grünzug West“. Sie stößt dann auf die Straßen Lange Reihe und Steffensweg. Am Doventor endet die Phantasie der Trassenplaner – die Ampelanlage dort wird bleiben, vielleicht etwas vorteilhafter für die Radler geschaltet. Weiter soll es dann über den Wall gehen. Das hat den Vorteil, dass zumindest die Bürgermeister-Smidt-Straße auf dem Fly-Over ampelfrei überquert werden kann. Am Herdentor ist im Zweifelsfall wieder rot. „Am Wall“ geht es weiter, der vorhandene Fahrradweg muss nur ausgebaut werden. Die Linienführung soll am Osterdeich weitergehen auf dem bisherigen Radweg, der ausgebaut würde – bis zur Erdbeerbrücke. Für eine richtige „Premium“-Route müsste dort eine Untertunnelung der Habenhauser Landstraße gebaut werden, das wäre der teuerste Abschnitt der ganzen blauen Route und wird vermutlich auch bis zum Jahre 2025 nicht realisiert.

Die Bedingungen für Radfahrer wechseln alle paar hundert Meter auf dieser Strecke, die die Planer bei ihren Probefahrten erkundet haben. Ohne größere Baumaßnahmen ist das nicht zu ändern, soll also so bleiben: Während an der einen Stelle der Ausbau vorhandener Radwege ausreicht, müsste an anderer Stelle eine Straße zur Fahrradstraße umgewidmet werden. Manchmal teilen sich die Radfahrer den Weg mit Fußgängern – das sei nur zumutbar, wenn das Teilstück von Fußgängern kaum benutzt werde, sagen die Planer. Was die verschiedenen Formen der Premium-Route verbindet, wäre dann also das Design des blauen Asphalts – die Radfahrer selbst, aber auch Fußgänger und Autofahrer wüssten bei „blau“ immer, dass da die Radler rasen.

Während die Route Vegesack-Hemelingen über die Jahre insgesamt um die 20 Millionen Euro kosten wird, soll die Radstrecke links der Weser, die von Woltmershausen bis Habenhausen führt, zum großen Teil zusammen mit den Hochwasserschutz-Planungen und den entsprechenden Deichbau-Maßnahmen finanziert werden. Da die „Kleine Weser“ zur Neustädter Seite hin eine Spundwand bekommen soll, werden die Deichkronen breiter und damit wird Platz für breitere Wege gewonnen. Eine offizielle Premium-Route soll auf der Deichkrone aber nicht entlangführen.

Endstation Ampel: Die Phantasie der Trassen-Planer reicht bis zum Doventor

Ebenfalls nicht „Premium“ ist auch der beidseitige Fahrradweg unter der Stephani-Brücke, der durch zwei Bauzäune seit Mitte Juli halbiert ist. Das Amt für Straßen- und Brückenbau (ASB) hatte die Zäune aufgestellt, ohne die senatorische Verkehrsbehörde zu kontaktieren. Am heutigen Donnerstag ist Amtsleiterin Brigitte Pieper beim Senator einbestellt, um über die Frage zu reden, ob auch andere Lösungen als die Zäune denkbar wären.

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