Neues Radquartier in Bremen: Besser radeln im Quartier

Mit dem unvermeidlichen Spatenstich entsteht in der Alten Neustadt Deutschlands erstes Radquartier. Der Bund fördert das Vorhaben mit 2,4 Millionen Euro

Echt Premium: Mit Vorrang in der Neustadt flitzen und von da direkt in die Stadt Foto: Christian Charisius/dpa

Sobald die Hand des Bausenators zum Spaten greift, knallen bei den anwesenden JournalistInnen die Sicherungen durch. Sie stürzen zu dem aufgetürmten Sandhaufen, der die kleine Johannisstraße blockiert, suchen hektisch die beste Position und drängeln sich auf der Jagd nach dem besten Foto um den Haufen. Den hatte Hansewasser aufgeschüttet, um Kanalarbeiten vorzunehmen. Im Anschluss an die Arbeiten wird die Straße komplett neu gestaltet und Teil des neuen Radquartiers, das hier geplant ist.

Die Bauarbeiter stehen grinsend daneben und beobachten das irre Schauspiel. Ein Spatenstich ist – neben seiner kleinen Schwester, der Scheckübergabe – der lokaljournalistische Genreklassiker, er markiert so etwas wie Aufbruch, Neubeginn und Vitalität. Und immer noch nehmen die für Pressetermine Verantwortlichen in Firmen und Behörden an, man könne ein neues Vorhaben kaum besser bebildern als mit einem Politiker, der entschlossen einen Spaten in einen Sandhaufen rammt. Die Reaktionen der Kollegen geben ihnen dieses Mal recht.

Der Neubeginn, der jetzt gefeiert wird, ist dabei tatsächlich eine kleine Sensation: Denn hier, in der Alten Neustadt, entsteht Deutschlands erstes Radquartier. In dem Karree zwischen Langemarckstraße, Oster- und Westerstraße, Friedrich-Ebert-Straße und der Lahnstraße wird eine Zone entstehen, in der Fahrräder Vorrang vor Autos haben. Das Konzept der Fahrradstraßen, diesmal ausgedehnt auf ein ganzes Quartier. Straßen mit Kopfsteinpflaster erhalten entweder einen asphaltierten Streifen oder werden vollständig saniert. Parkplätze für Autos sollen dabei nicht entfallen, sie werden deutlich markiert. Auch Fahrradbügel zum Abstellen der Räder werden in den Straßen errichtet.

Geplant worden ist das neue Radquartier von der Stadt und der Hochschule Bremen gemeinsam – letztere liegt direkt im Herzen der neuen Zone, auf dem Campus soll neben zusätzlichen Fahrradabstellmöglichkeiten auch ein Repair Café und Ladestationen für E-Bikes entstehen. Studierende sollen künftig kostenlos Lastenräder ausleihen können, auch über ein Leihradsystem für die Studierenden wird derzeit noch verhandelt – das muss allerdings ausgeschrieben werden.

Rund 93.000 Euro kostet das Projekt die Hochschule Bremen, die deren Rektorin Karin Luckey als „Reallabor“ sieht. Der Rest wird mit etwa 2,4 Millionen Euro aus Bundesmitteln finanziert. Bausenator Joachim Lohse (Grüne) bezeichnete das Projekt als „Meilenstein auf dem Weg zu mehr umweltfreundlicher Mobilität“. Wichtig sei ein zeitgemäßes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer, bei dem die Autofahrer nicht ausgesperrt, die Radfahrer jedoch bevorrechtigt würden.

Die Idee zu dem Quartier hatte ursprünglich der Grüne Landesvorstandssprecher Ralph Saxe, der sich unter anderem auch für die geplanten Premium-Rad-Routen stark macht. An sie soll die neue Zone künftig auch angeschlossen werden, um die Fahrradmobilität auch jenseits des Quartiers zu gewährleisten. Die neue Zone sei „gut für Klima- und Umweltschutz und ein echter Mehrwert für den Stadtteil“, so Saxe.

Die Umsetzung liegt jetzt in den Händen des Amtes für Straßen und Verkehr. Deren Leiterin Brigitte Pieper spricht angesichts der Tatsache, dass die neue Fahrradzone bis 2019 fertiggestellt sein soll, von einem „ambitionierten Zeitplan“, lobt aber die Zusammenarbeit im Stadtteil als „gute Grundlagen für ein gutes Miteinander“.

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