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Kommentar Trumps Afghanistan-PläneStrategie: Töten

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Trump hat eine Kehrtwende in seiner eigenen Afghanistan-Strategie hingelegt. Seine Rhetorik lässt das Schlimmste befürchten.

Was Afghanistan wirklich helfen würde, lehnt Trump jetzt völlig ab Foto: ap

A n Donald Trumps Rede zu seiner Afghanistanpolitik sind zwei Dinge bemerkenswert. Das eine ist die Kehrtwende, die er damit selbst vollzieht. Forderte er früher den Abzug des US-Militärs vom Hindukusch, spricht er sich jetzt gar für dessen Aufstockung aus. Das dürfte den ohnehin schon längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte um Jahre verlängern. Die Kehrtwende verdeutlicht den wachsenden Einfluss der Generäle auf Trumps Politik – und den schwindenden Einfluss rechter isolationistischer Ideologen.

Trump dürfte sogar recht damit haben, dass ein Rückzug der USA vom Hindukusch dort ein Vakuum hinterließe, das Taliban, al-Qaida und IS nur zu gern füllen würden. Ein Abzug bedeutete also nicht nur eine militärische wie politische Niederlage, sondern auch große Sicherheitsrisiken.

Umgekehrt hat das bisherige Vorgehen des US-Militärs in Afghanistan viele Menschen überhaupt erst in die Arme der Aufständischen getrieben und diese erstarken lassen. Das könnte jetzt wieder passieren. Denn das zweite Bemerkenswerte an Trumps Rede ist die Abkehr vom politischen Ziel des Militäreinsatzes – und die Betonung der „Schlacht“.

Denn wie Trump nun erklärte, ist Nation Building nicht mehr Ziel der US-Politik. Mit anderen Worten: Demokratie, Menschenrechte, Frauenbildung und ganz allgemein ein funktionierender Staat sind für Washington in diesem Konflikt nicht mehr wichtig. Vielmehr gehe es jetzt nur noch darum, „Terroristen zu töten“. Diese Rhetorik lässt das Schlimmste befürchten. Denn während schon die Entsendung von mehr US-Soldaten zu einer Eskalation des Krieges und damit zu mehr Opfern auch in der Zivilbevölkerung führen dürfte, erhöhen die Abkehr vom Nation Building sowie Trumps rambohafte Rhetorik die Gefahr für die Menschen in Afghanistan weiter.

Trump verspricht in seiner von patrio­tischen Sprüchen gespickten Rede den Sieg. Dabei bleibt völlig unklar, wie er den überhaupt erreichen will. Bestenfalls wird er jetzt mit seiner Strategie, die diesen Namen nicht verdient, die militärische Niederlage hinauszögern können und damit das Problem des Afghanistankonflikts seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin hinterlassen. Schlimmstenfalls werden die USA unter Trump nach Tausenden weiteren Opfern am Hindukusch verhasster sein denn je.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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11 Kommentare

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  • Alte Kriegsregeln und Kosten-Nutzen-Rechnung

     

    Der Hund scheint allerdings ganz woanders begraben zu liegen: Die NYT v. 27. Juli zitiert US-Regierungsbeamte, wonach sich Präsident Trump daran störe, daß bisher in Afghanistan über 3500 US-Soldaten gefallen seien und die USA über 750 Milliarden Dollar ausgegeben hätten, nur um jetzt mit ansehen zu müssen, wie sich China Rohstoffe wie Kupfer oder Seltene Erden unter den Nagel reiße. Er habe sich von Präsident Ashraf Ghani vom gigantischen Rohstoffreichtum Afghanistans überzeugen lassen, die US-Konzernen riesige Geschäftsmöglichkeiten eröffneten. In der Tat gibt es am Hindukusch große Vorräte an den begehrten Seltenen Erden, Gold, Silber, Kupfer, Kobalt, Eisen, Chrom, Uran, Bauxit usw. Überdies sind im Norden auch große Erdöl- und Erdgaslager gefunden worden. In einem Gespräch mit CIA-Mitarbeitern habe es Trump bedauert, daß die USA so viele Truppen aus dem Irak zurückgezogen hätten, ohne sich vorher das Erdöl zu sichern. Es gelte doch „die alte Regel“, dass "dem Sieger die Beute gehöre“.

  • Die neue „Strategie“ passt gut in Trump’s schlichtes Weltbild: Wenn die „Bösen“ weg sind, bleiben die „Guten“ übrig, und die können sich ja dann um das „Nation Building“ kümmern. Aber Trump denkt eben nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Bauch. Er hat’s ja selbst zugegeben.

     

    Seine Berater konnten ihm offenbar nicht die die Lehre aus dem Vietnam-Krieg vermitteln, wonach eine reguläre Armee niemals den Kampf gegen eine Untergrundarmee gewinnen kann, die sich beliebige Mengen an Waffen beschaffen kann (wie seinerzeit der VietKong über den Ho-Chi-Minh-Pfad). Zumal, wenn sich das Volk aus Angst vor den amerikanischen „Befreiern“ dann doch lieber den Taliban zuwendet!

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Malaya? Mau-Mau? Ukraine, Baltische Staaten? In all diesen Ländern wurden Aufstandsbewegungen besiegt. Es kommt darauf an genügend Truppen am Boden zu haben und der Bevölkerung eine wirtscahftliche Perspektive zu bieten und vorallem Sicherheit.

      Hätte die NATO in jedem größeren Dorf Truppen und tägliche Besuche bei Tag und Nacht im Rest wären die Taliban besiegt, aber man will ja keine boots on the ground.

      Der Vietcong war übrigens nach Tet faktisch besiegt und moralisch am Ende, nur dann wollten die Amerikaner nicht mehr.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        " Es kommt darauf an genügend Truppen am Boden zu haben..."

         

        Haben Sie schon mal einen Blick auf das Gelände in Afghanistan geworfen? Da wäre nur was zu machen, wenn Sie neben jeden Afghanen einen Soldaten stellen. Wenn ein Krieg verloren ist, muss man das zugeben, statt ihn sinnlos zu verlängern.

         

        PS: Diese Märchen über Vietnam tauchen immer mal wieder auf. Scheinbar haben die die Amerikaner nach Tet Spiegelfechten veranstaltet und die südvietnamesische Armee hat sich aus lange Weile aufgelöst.

  • Einen Plan hat wieder mal keine einzige Nation, die sich in Afghanistan beteiligen wird.

    Also geht es wieder mal nur um Machtdemonstration der Amerikaner.

    Wahrscheinlich ist es Trump auch völlig egal, ob er den Taliban einhalt gebieten kann, oder nur Menschen tötet.

     

    In Erster Linie geht es wohl darum, den Russen, also Putin, den Rang der Vorherrschaft in dem Land abzujagen.

    Immer häufiger liest man Berichte über die Zusammenarbeit und Waffenlieferungen der Russen an die Taliban!

    Das sind sicher Punkte, die Trump und seinen Generäle aufstoßen lassen.

    Sollte Putin einen ähnlich Starke Hand mit den Taliban erreichen wie er es in Syrien mit Assad geschafft hat, auch die Iraner wieder mit ins Boot holen kann, hat er eine sehr starke Machtposition in dem Bereich Asiens geschaffen.

     

    Damit wären die Amerikaner ziemlich abgeschlagen, wenn es um Strategische Gebiete im Indischen Ozean!

     

    Trump ist immer gut für eine offensichtliche fehleinschätzung der Lage. Dieses Mal haben ihm seine Berater wahrscheinlich von dieser Möglichkeit erst richtig ins Licht gesetzt, so dass er glaubt eine Weise Entscheidung getroffen zu haben.

     

    Es wäre sicher nicht Gut, wenn Putin sich mit den Iranern zwischen die beiden Atommächte Indien und Pakistan positionieren kann.

    Die Achse der Atombomben würde dichter zusammen rücken!!!

  • Terroristen töten erzeugt mehr Terroristen, die man töten kann. Abgesehen von den Menschen, die dabei sterben, wird die Militärwirtschaft angekurbelt und man bekommt eine wirksam ablenkende aussenpolitische Krise, in der man Schlagkräftigkeit zeigen und die eigene Wichtigkeit betonen kann: wer, wenn nicht WIR?

     

    In Angesicht nahezu völliger Planlosigkeit eines narzisstischen Grossmauls sind solche Aktionen ein sicherer Garant, dass Trump wenigstens das Militär auf seiner Seite hat, wenn schon alle anderen abziehen. Und bei denen hat er per Definition das letzte Wort und somit die totale Macht.

     

    Nur, dass Afghanistan vermutlich das zweite Vietnam wird.

  • Afghanistan ist seit Jahrzehnten ein einziges Desaster - egal ob Russen Isaf oder US Truppen.

     

    Das wird sich auch jetzt nicht ändern.

     

    Jeder fremde Soldat der da stirbt ist einer zuviel.

  • Vielleicht müssen wir eines Tages mit den Taliban verhandeln, um endlich Frieden in Afghanistan zu erreichen. Doch das können wir nicht machen, solange sie am Gewinnen sind.

     

    Erst, wenn die Taliban ausreichend geschwächt sind, bietet sich eine Grundlage für Gespräche. Und dafür bedarf es militärischer Gewalt.

    • @Markus Steffen:

      Warum kann man nicht vorher mit ihnen reden? Ist es das eigene zu groß geratene ego, welches einem sinnvolle Gespräche verbietet. Gespräche heißt eben nicht ein Machtvakuum zu hinterlassen. Dafür bedarf es keiner ilitärischen Gewalt.

    • @Markus Steffen:

      Moment, das ist jetzt verwirrend. Der IS ist doch aus den Streitkräften des Irak entstanden, die die USA samt ihrer Bewaffnung von einem Tag auf den anderen entlassen haben. Ich denke diese Länder haben genug militärische Gewalt erlebt. Krieg führt zu Krieg, damit muss endlich schluss sein, egal wer jetzt "gewinnt". Aber da werden ja auch Rohstoff und geostrategische Interesse vertreten... Deutschland sollte sich da raushalten und klar Stellung beziehen und nicht die Bomber der USA aus Rammstein starten lassen...

    • @Markus Steffen:

      Richtig, aber es sieht nicht so aus, als ob irgendjemand einen Plan hätte, wie man das machen soll. Und das seit 15 Jahren nicht.

       

      Europäische Länder sollten von den USA endlich einen handfesten Plan fordern. "Terroristen töten" ist kein Plan, das ist Bullshit.