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Umweltorganisation kritisiert DieselgipfelWirkungslos verpufft

Die Beschlüsse des Gipfels seien eine Luftnummer, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Sie hält Fahrverbote derzeit für alternativlos und will weiter klagen.

Auch nach dem Gipfel ein Hotspot des Feinstaubs: die Stuttgarter Neckarstraße Foto: imago/Arnulf Hettrich

Berlin taz | Die Beschlüsse des Dieselgipfels von Autoindus­trie und Politik werden die Luft in deutschen Städten nicht verbessern. Davon ist die Deutsche Umwelthilfe (DUH) überzeugt. Nachrüstungen per Software-Aktualisierungen, Kaufprämien für moderne Autos und ein Zukunftsfonds für die Städte würden weniger als 5 Prozent Stickoxid-Reduzierung bringen, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch am Dienstag in Berlin.

Fahrverbote für Autos, die nicht die strenge Euro-6-Abgasnorm im Normalbetrieb auf der Straße erfüllen, seien daher alternativlos – wenn nicht noch umfangreiche technische Nachrüstungen an den Motoren beschlossen würden. Die DUH will ihre Klagen gegen die Stickoxidbelastung in den Städten fortsetzen. Derzeit sind 16 solcher Klagen anhängig, durch die Städte zu wirksamen Luftreinhalteplänen gezwungen werden sollen.

Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart geurteilt, dass ohne Fahrverbote das Ziel sauberer Luft nicht erreicht werden könne. Während die DUH dieses Verfahren in einer „Sprungrevision“ vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig fortgesetzt sehen möchte, hat sich das beklagte Land Baden-Württemberg noch nicht entschieden, ob es diesem Ansinnen zustimmt oder erst den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim anruft.

Laut Umwelthilfe wird die beschlossene Software-Nachbesserung für Fahrzeuge der Euro-5- und Euro-6-Normen im Sommer höchstens 2 Prozent Stickoxidminderung bringen. Im Winter allerdings gar keine, da die Abgasreinigung ohnehin bei fast allen Autos unter 10 Grad nicht wirkungsvoll arbeite.

Wirksame technische Nachrüstungen an den Motoren seien kein Hexenwerk, sondern mit bereits auf dem Markt zu erhaltenen Bauteilen möglich, sagte DUH-Berater Axel Friedrich. Dies habe die Organisation bei einem VW Passat bewiesen. Durch die Nachrüstung sei der Stickstoffdioxid-Ausstoß von mehr als 1.000 Milligramm pro Kilometer auf rund 50 Milligramm gesunken. Solche Nachrüstungen kosteten, inklusive Arbeitsleistung, etwa 1.500 Euro pro Fahrzeug. Die Kosten für das gesamte notwendige Nachrüstprogramm schätzt die DUH auf rund 13,5 Milliarden Euro.

Deutlich billiger sind die wenig wirkungsvollen Maßnahmen vom Dieselgipfel. Allerdings verweigerten sich alle ausländischen Hersteller, kritisierte Friedrich. „Auch Ford ist jetzt wieder ein Ausländer.“ Stickoxide seien nicht nur gesundheitsschädlich für Menschen, sondern belasteten auch die Umwelt – etwa durch Bildung von Ozon.

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8 Kommentare

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  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    Oh oh..."Wirksame technische Nachrüstungen an den Motoren seien kein Hexenwerk, sondern mit bereits auf dem Markt zu erhaltenen Bauteilen möglich, sagte DUH-Berater Axel Friedrich."

    Zu diesem Thema kann man nachlesen (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Umwelthilfe):

    "Am 4. April 2005 räumte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch ... erst auf ausdrückliche Nachfrage ein, dass die DUH von Partikelfilterherstellern aktiv, durch Akquisition, über 100.000 Euro eingesammelt hatte. ... Die DUH übergab im Februar 2014 zusammen mit zwei anderen Institutionen (Umweltbundesamt und RAL gGmbH) das Umweltzeichen Blauer Engel an die Kat-Hersteller LRT und HJS. Die Überschrift der Pressemitteilung lautete Markteinführung des Blauen Engels für Austauschkatalysatoren - offenbar ging es darum, dem 'Blauen Engel' einen Markt bei Herstellern von Austauschkatalysatoren zu erschließen. ... 2012 hatte die DUH von Autoteilehändlern und Werkstätten gefordert, „ausschließlich Blauer-Engel-Kats oder Originalteile zu verkaufen und einzubauen“."

     

    Ein Schelm, wer Böses....

  • Als kleinstes Übel könnte man sich Parteiübergreifend eventuell auf ein Tempolimit einigen. Aber das ist nirgendwo Thema. Autosucht ist eine Krankheit mit tausenden Opfern täglich. Was für eine Misswirtschaft. Ob Banken, Energie Auto, Rüstung, Chemie, Immobilien alle "wirtschaften" auf Kosten der Allgemeinheit.

  • Es kommt nicht nur auf die Kategorie des Autos an, sondern auch auf die Fahrstrecke. Was nützen EU6 Autos, wenn sie dann 10mal soweit fahren? Da ist dann auch die Stadt Stuttgart gefragt, die ihren Nahverkehr ja dank S21 nicht senkt. Die Alternative K21 hätte wesentlich mehr für den ÖPNV gebracht.

  • @SUULA

    Schlimm genug, dass außer der DUH alle den DEUTSCHEN INDUSTRIESKANDAL DIESELGATE aussitzen wollen.

     

    Als nach dem ganzen Schwindel der Konzerne und nach der bewussten Vertuschung durch die deutschen Behörden schließlich der groß angekündigte "Dieselgipfel" abgehalten wurde, glänzte ausgerechnet die verantwortliche Kanzlerin durch Abwesenheit und durch eine ebenso skandalöse Verweigerung einer längst fälligen echten Problemlösung, an der niemand anders als sie selbstverständlich die maßgebende Akteurin und Richtlinienbestimmerin hätte sein müssen.

     

    Stattdessen überließ sie dem willfährigen Skandalvertuscher aus dem von Lobbyisten durchsetzten Ministerium den Vorsitz in dieser beschämenden Veranstaltung.

     

    Merkels Prinzip gegenüber mächtigen Industrieinteressen heißt : erst mal alles laufen lassen, bis die Begünstigten die ärgsten Verluste ihrer technologischen Fehlentscheidungen ausgebügelt haben - und dann tritt sie irgendwann plötzlich auf die Bremse !

    Auch in Sachen Verbrennungsmotor wird sie jetzt noch einige Zeit rumeiern, ohne die klaren zeitlichen Ansagen, die jetzt nötig wären, damit sich die Konstrukteure der deutschen Industrie auf die Zukunft einstellen könnten.

     

    Aber leider muss ein kleiner Umweltverband die Möglichkeiten wirksamer technischer Nachrüstungen benennen, obwohl KBA, TÜV oder DEKRA dies längst genauso .hätten tun können.

  • 8G
    82741 (Profil gelöscht)

    Die taz schreibt bei AbtreibungsgegnerInnen doch immer "Selbsternannte LebensschützerInnen". Wer hat denn die 300 Mitglieder der DUH ernannt?

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @82741 (Profil gelöscht):

      Gute Frage. Es kommt halt immer drauf an, wie gut einem etwas in den Kram passt.

  • Warum klagt die Deutsche Umwelthilfe, die Körperverletzer und Totmacher nicht direkt an ?

    Die Verbrecher sitzen i.d. Chef-Etagen der Industrie.

    Es fehlt diesem Land ein A-Team, was sich um solche Verbrecher kümmert.

  • Alleine das Wort alternativlos verrät schon, dass die Deutsche Umwelthilfe scheitern wird. Es gibt immer eine Alternative.