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Kommentar De Maizières LeitkulturWeltfremde Parteifolklore

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Es ist Wahlkampf und der Innenminister wendet sich schulterklopfend an die eigene Klientel. Doch damit hat er den Anschluss in die Realität verpasst.

Ordentlich, fleißig und leider auf dem Holzweg: Thomas de Maizière Foto: dpa

I nnenminister Thomas de Maizière hat in der Bild am Sonntag eine „Leitkultur für Deutschland“ skizziert. Sie beschreibt „was uns leitet, was uns wichtig ist“. Er richtet sich damit vor allem an die Deutschen. Wenn sich möglichst viele von der Leitkultur leiten lassen, dann wird sie auch die Zuwanderer prägen und dann kann auch Integration gelingen.

Der Minister listet darin aber vor allem den Wertekanon aufgeklärt-konservativer CDU-WählerInnen auf: Bildung, Leistung, Geschichte, Religion, Patriotismus. Zur Begrüßung gibt man sich die Hand und man trägt keine Burka. Kein Wort hingegen über soziale Gerechtigkeit, kein Wort über Umweltschutz, kein Wort über Weltoffenheit. Deutschlands Wertekanon ist sicher bunter als de Maizières bürgerlich-biedere Beschreibung. Vermutlich wendet er sich vor allem schulterklopfend an die eigene Klientel. Es ist schließlich Wahlkampf.

De Maizière bekennt sich klar zum „Westen“, aber der Minister hat den Grundgedanken des Westens – die Individualisierung der Gesellschaft – nicht verstanden. Es geht nicht mehr um die Nation und die Gemeinschaft, in die man hineingeboren wird. Jetzt hat jeder die Chance, seinen eigenen Weg zum Glück zu finden: seinen Beruf, seine PartnerIn, seine politischen Präferenzen, sein selbstgewähltes soziales Milieu.

Unterschiedliche Lebensformen, sexuelle Identitäten und ethnische Hintergründe werden gesellschaftlich akzeptiert. Die Leitkultur des Westens ist die individuelle Freiheit und der Pluralismus der Lebensstile. Bei de Maizière ist dagegen fast nur vom großen „wir“ die Rede und kaum vom individuellen „ich“. Vielleicht braucht der Minister selbst einen Integrationskurs.

Dabei ist es durchaus richtig, Anforderungen an die Gesellschaft zu formulieren. Auch eine individualisierte Gesellschaft braucht gemeinsame Mindeststandard. Aber das ist kein Bekenntnis zu einer „Kultur“, sondern zu den echten Basics der modernen Gesellschaft: zu Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde.

Das ist ungefähr das, was auch de Maizière als das „Unverhandelbare“ bezeichnet, und darauf können sich auch fast alle Zuwanderer einlassen. Wir haben also Standards, die fast allen wichtig sind – und das ist gut. Alles Weitere ist Parteifolklore, die wir nicht allzu ernst nehmen sollten.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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49 Kommentare

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  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Eine Frage die ich mir stelle ob es so gut ist das pop(ulär)-Kultur frei sein sollte. Was heißt den Freiheit der Kultur, Dominanz von Werbung und Kapital (und das sage ich als jemand der die freie Marktwirtschaft bevorzugt)? Die Jugend bekommt als Vorbilder exzessiven Konsum, Materialismus und Egoismus vorgelebt. Einwanderer da zumeist eher ärmlich werden oft gar nicht erst angesprochen. Wie wäre es stattdessen mehr Einwirken auf die öffentliche Kultur durch Institutionen die dann mehr fokus auf immaterielle Werte wie Toleranz und Miteinander legen. Ohne einen positiv-demokratischen Patriotismus wird man weder Salafisten noch Pegida etwas entgegen setzen können, aber solange Coca cola und Netflix mehr Einfluss auf die Menschen haben als die Ministerien die Kulutrprojekte fördern (überspitzt gesagt) wird man den Kampf um die gesellschaftlichen Werte nicht gewinnen können und stärkt nur jene die die Gesellschaft zersetzen wollen.

    Wir sind nicht Burka ist schon richtig und die Gruppe die am effektivsten und brutalsten kulturelle Vielfalt in den letzten 20 Jahren zersört hat sind die Salafisten finanziert von unseren guten Freunden in Saudi-Arabien aber das darf doch nicht blind machen vor der Tatsache das Springerstiefel und Glatze (nicht bezogen auf die ursprünglichen Skins) genauso wenig zu unserem Land gehören sollten

  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Glückliche Menschen, in deren Muttersprache das Wort "wir" im Vokabular gar nicht existiert :-)

  • Im Kontext der Flüchtlingskrise und für die Integration gab es eine Deutschlandweite Diskussion, was unsere Leitkultur ist. Die meisten Politiker sprachen dabei von unserem Grundgesetz. Man muss auch zugeben, dass unsere "Verfassung" die Menschenfreundlichste weltweit ist, wo die Menschenrechte am stärksten ausgeprägt sind.

     

    Dass Herr de Maizière diese Diskussion wieder ins Leben gebracht hat, ist gut. Nun könnten auch andere Politiker unseres Landes sich dazu äußern.

    • @Stefan Mustermann:

      Na bitte - Geht doch - gell!

       

      Endlich mal wenigstens einer -

      Der erfolgreichen Bemühungen -

      Unseres Öberschten - PolizeiIM & Verfassungsministers zu würdigen weiß!

      Ja. Daß eine der modernprogressivsten Verfassungen der Neuzeit - das GG -

      Endlich nicht nur Papier - sondern

      Verfassungswirklichkeit - aber Hallo!

      Werde!!! Ja - Es werde endlich Licht!

      Mit oder in - Birne - frag ich mal nicht!

      FroßenThomas der Verfassungskärner

      Voll auf RechtsSozialDemokratieDope

      Then all friends - Then is hope - odr¿

      Eher nicht - & ganz dicht?!

      Ja wie? - Ma waases nicht?!

      Sorry - Ich schonn!

      • @Lowandorder:

        Is schon richtig - anderwo - das "l"

        Einzufordern - gellewelle!

        ("…folkore!;)) - look up here!!

        &Wo bleiben die E-Säzzer!;))

         

        Zu obigen Erguß der Sonderklasse -

        Nu. Da. Wird doch wieder erinnerlich -

        Courts-Mahler ist mit "Kurz-Malheur"

        "Folklore" - aber mit folk&Lore-Roman

        Jeweils zutreffend - Ins rechte Licht -

        Gerückt! - (so noch möglich - gell!;)((

  • Lieber Herr Rath,

     

    einerseits haben Sie ohne Zweifel Recht, dass de Maizière mit seiner Definition sehr klientelorientiert bleibt, andererseits sollten gerade Sie als Jurist erkennen, dass "Kultur" und "Basics der modernen Gesellschaft" durch die andere Wortwahl nicht zu wesentlich unterschiedlichen Kategorien werden.

     

    Die "Basics" stellen nämlich einen ausreichend hohen "kulturellen" Anspruch, als dass man aus ihnen ein sehr differenziertes Gesellschaftsbild formen kann. Man KANN zum Beispiel auf den Gedanken kommen, dass Burkatragen genau so ein Widerspruch zum deutschen Konzept der Menschenwürde ist wie das Außerachtlassen der sozialen Gerechtigkeit. Auch zeigt ein Blick auf die Ursprünge der genannten Basics, nämlich die antike griechische Philosophie und das Christentum, dass es sich dabei durchaus um "kulturell" bedingte Grundwerte handelt.

     

    Es wäre also sicher angebracht, die deutsche "Leitkultur" weiter und damit toleranter zu formulieren, als de Maizière das getan hat. Aber dass es sie nicht gibt, bzw. dass es sinnlos wäre, sie in Worte fassen zu wollen, lässt sich aus Ihren Argumenten nicht schließen.

     

    Und noch eine Kleinigkeit, die im progressiven Gaumen naturgemäß etwas querliegt: Tradition IST ein gesellschaftlicher Faktor - ob das Allen gefällt oder nicht. Tradierte Werte, Umgangsformen, Sprachgewohnheiten etc. bestimmen die Denke des Individuums mit, und wenn eine Gesellschaft gemeinsame Traditionen hat, bestimmen sie auch die Denke eines wesentlichen Teils der Individuen mit, die diese Gesellschaft bilden. Das heißt nicht, dass man sie deshalb in Stein meißeln muss, aber sie zu ignorieren, führt zum Backlash à la AfD und Pegida (um mal nur die harmloseren zu nennen).

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      Was wird aus denen, was wird aus mir?

      Müssen wir dann Deutschland verlassen?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      ...Menschen, wie De Maizière & Co., haben die "Leitkultur" bereits, um Ihren Ausdruck zu gebrauchen, in Stein gemeißelt.

      Sie sprechen von "gemeinsamen Traditionen" innerhalb einer Gesellschaft, und vergessen dabei, dass es innerhalb einer Gesellschaft immer Menschen gibt und geben wird, welche mit so mancher "gemeinsamer Tradition" nicht konform gehen.

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Zunächst mal: Keine Panik. Ich bin genau wie Sie oder Christian Rath GEGEN eine so restriktive Definition der Leitkultur, wie de Maizière sie vorgeschlagen hat. Dass die in Deutschland auch kaum mehrheitsfähig sein dürfte, zeigt die öffentliche Reaktion, die sich doch stark bemüht, sie auf die Größenordnung "Denkanstoß" herunterzukochen.

         

        Zum Zweiten sind wir hier - auch wenn Sie de Maizière fragen - nicht bei Erdogans oder Putins. "Mehrheit" heißt noch lange nicht "Unterdrückung der Minderheit" und "Leitkultur" heißt nicht "verbindliche Handlungsvorgabe". Es geht um Verträglichkeit. Leute wie Sie, die mit "so mancher" deutschen Tradition nicht konform gehen, werden bei differenzierter Selbstreflexion immer noch feststellen, dass ein ganz erheblicher Teil ihres Wertesystems trotzdem auf gemeinsamen Werten basiert, die ihrerseits der hiesigen kulturellen Tradition entstammen. Eine solche Verwurzelung fehlt naturgemäß Jemandem, der aus einem völlig anderen Kulturkreis zu uns kommt. Das muss ganz sicher NICHT heißen, dass er per se damit inkompatibel ist, aber wenn seine kulturelle Prägung dazu führt, dass er auch unsere "Basics der modernen Gesellschaft", um mal ein anderes Wort zu gebrauchen, rundweg ablehnt, dann ist zweifelhaft, ob er hier richtig ist.

         

        So würde zumindest ICH das Maß der Verbindlichkeit einer "Leitkultur" definieren.

    • @Normalo:

      Guter Beitrag.

       

      Auch wenn man in Deutschland mit dem "Kultur-Gut" sehr unterschiedlich unterwegs war - als Ossi und Wessi und davor und davor...

  • Integration so wie sich die Progressiven diese vorstellen, ist schon an der Satellitenschüssel gescheitert und sie wird erst Recht am Internet scheitern. Zumal man ja inzwischen dazu übergegangen ist kompakte Communities und große Familienverbände in Deutschland anzusiedeln. Daher ist die Erwartungshaltung des Innenministers hinsichtlich der Wirkung einer vom Staat formulierten Leitkultur weltfremd. Selbst wenn sich die Deutschen auf eine einigen könnten. Für seine Position ist eine Begrenzung der Migration unerlässlich. Wenn er sich nicht traut dazu zu stehen, sollte er sich einem anderen Thema widmen.

    • @zwergnase:

      Sehe ich genauso. Das beste Mittel um eine staatlich geprüfte Leitkultur unter die Leute zu bringen und diesen Status dann auch zu halten wäre natürlich eine Mauer rund um Deutschland zu bauen. Niemand mehr rein, niemand mehr raus (nach ein paar Zwangsabschiebungen unwilliger offensichtlicher Nichtdeutscher), das brächte Sicherheit. Wer sich nicht traut dazu zu stehen, sollte sich besser einem anderen Thema widmen.

  • Nochmals für - nich to glöben -

    Claqueure angeschrägt - wa!

     

    Es ist schon ein Kreuz mit diesem Leithammel.

     

    Statt des Schmonzes des

    Allbekannten staatlichen Gefährders -

    "Er ist Jurist & auch sonst von mäßigem Verstand!" - eiskalt!

     

    Was international zwischen den Staaten gilt (kam beim Rep. nicht vor !)

     

    ORDRE PUBLIC*

    Webdefinition

     

    Unter dem ordre public versteht man im internationalen Privatrecht und im internationalen öffentlichen Recht das Grundlegende der inländischen Wertvorstellungen. ... http://de.wikipedia....ki/Ordre_public

     

    Dazu seit langem eine ausgefeilte

    Rechtsprechung - &

    Dann ist dieses dummdreiste -

    Gestammel via - LÜGT am Sonntag!! Dieses - IM&Verfassungsminister - ;((

    Dieses - Mr. "das Glasauge schaute menschlicher" FrozenThomas -

    Für die Tonne!

    So geht das.

     

    (ps * Danach muß ein iranischer Vater

    Rechtlich hinnehmen - daß anders als in seinem Heimatstaat - in 'schland -

    Per Gericht im Falle einer Scheidung

    Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für für die gemeinsamen Kinder -

    Ihrer Mutter zugesprochen werden kann! & Ende Gelände! Aber usw usf!

    Der auch hier grad eilfertig gepflegte Leitkulturschmonzes - ist mit Verlaub -

    Ein eben solcher! - but -

    So what!

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    Ich würde mich Rero anschließen. Es ist sehr wichtig, immer wieder zu diskutieren, was denn unsere gemeinsamen Werte sein sollen. Das Grundgesetz ist die Basis, aber eine weiterführende Debatte ist immer wünschenswert.

     

    In einem Land, in dem der beherzte Griff an den Po vor Gericht als bloße Interessenbekundung durchgeht, muss dringend debattiert werden. Am besten wir greifen auch die Initiative von Frau von der Leyen auf.

     

    Wo sind Deutsche noch wirklich unter sich? Bei der Bundeswehr! Da müsste sich also auch deutsche Leitkultur finden lassen: http://taz.de/!5391580/

  • "Es geht nicht mehr um die Nation und die Gemeinschaft, in die man hineingeboren wird."

     

    Mal eine Frage: In was soll "Integration" dann erfolgen?!

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Jens Frisch:

      Wahrscheinlich in die Gesellschaft (in Abgrenzung zur Gemeinschaft).

    • @Jens Frisch:

      Gute Frage.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Nein, das ist keine gute Frage, sondern eine in eine rhetorische Frage verpackte dümmliche Provokation. Wenn Sie und Herr Frisch nach „... hineingeboren wird.“ weitergelesen hätten, dann wüssten Sie nämlich, was nach Herrn Raths Meinung heute an die Stelle von „Nation und Gemeinschaft, in die man hineingeboren wird“ getreten ist.

         

        Man muss diese Meinung nicht teilen und man könnte auch dagegen argumentieren. Oder man kann sie wie Herr Frisch einfach ignorieren und kurz mal ein „in was denn sonst“ hinrotzen.

         

        Wenn man sich aber so wenig Mühe macht, sich mit der Gegenposition auseinanderzusetzen, dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn man als Gesprächspartner nicht ernst genommen wird.

        • @Zwieblinger:

          Ich glaube, Sie schlagen den falschen Amboss. Mir geht das ganze Gerede um Integration mächtig auf die Ketten.

           

          Wenn ein Mensch hier her kommt, soll er sich einfach an die Gesetze halten und gut ist. Aus Gründen der Verständigung wäre es noch nett, ein wenig Deutsch zu lernen. Alles andere muss jeder selbst entscheiden. Die ganzen Forderungen, sich doch bitte zu integrieren gipfeln meist darin, "Musterdeutsche" nach den Vorstellungen der jeweiligen Partei zu schaffen und werden deshalb von mir abgelehnt.

           

          Meine Bemerkung war also mit einem Augenzwinkern zu verstehen.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Sorry, das Augenzwinkern ist mir leider entgangen. Und weil ich an Ihren Beitrag gut anknüpfen konnte, habe ich Sie mit Herrn Frisch, dem mein Furor vor allem galt, in einen Topf geworfen, aus welchem ich Sie jetzt in aller Form wieder herausfische.

            Als Zeichen meines guten Willens unterschreibe ich hiermit Ihren zwoten Absatz.

            Wieder gut? ;-)

            • @Zwieblinger:

              Natürlich. Ist ja einen nette Unterhaltung...

  • Äh... Folklore hat ein "l" nach dem "k".

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Eine_Art_Ruebezahl:

      Stimmt. Davor auch.

  • Wie lange noch ….

    …… wollen sich die Bürger der Bundesrepublik Deutschland noch den Bären einer christlichen, sozialen und demokratischen Leit(d)-Kultur aufbinden lassen. Diese "Kultur zum Wohle des Volkes“ ist – trotz schon so vieler Kreuzchen, wie bald schon wieder im September 2017 – seit Jahrzehnten immer noch nicht angekommen.

  • „Bekenntnis […] zu den Basics der modernen Gesellschaft: zu Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde“

    Manchmal ist es tatsächlich so einfach.

    Danke, Christian!

  • ...einfach herzhaft lachen...

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Und ich dachte bem Lesen der Überschrift, es ginge im Beitrag um das Parteiprogramm der Grünen...

  • "Vielleicht braucht der Minister selbst einen Integrationskurs."

     

    Völlig richtig. Seine Thesen zeigen nämlich, dass für ihn nur zu D gehört, wer sich auf der Linie des CDU Parteiprogramms befindet.

  • "Es geht nicht mehr um die Nation und die Gemeinschaft, in die man hineingeboren wird."

     

    Entwicklungen wie der Brexit -die EU stagniert, wird zum ersten Mal rückgebaut, statt erweitert- , Polen, Ungarn, Tschechien, Italien usw., knappe Wahlergebnisse in Österreich umd auch wenn Le Pen kaum Präsidentin wird, widersprechen dem. Was wohl stimmt: Für De Maiziere ist es nur Parteivolklore im Wahlkampf.

  • Sorry, aber was hat ihr Exkurs mit dem eigentlichen Thema zu tun?

    • @Matzito:

      Ich vermute, Siemeinten meinen Beitrag. Deshalb: De Maiziere versucht zu definieren, welche Merkmale die nationale Identität von Deutschland ausmachen. Platt ausgedrückt: Er versucht sich mit einer Antwort auf die Frage "Was ist deutsch?". Ob seine Antwort nun gut oder schlecht ist, sei dahingestellt.

       

      Es ist aber ein Thema, das in allen meinen Beispielen, die gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln, den zentralen Punkt ausmacht. Es scheint immer mehr Menschen anzusprechen. Herr de Maizière hat das anscheinend verstanden. Herr Rath wohl eher nicht.

  • De Maizière hat den Anschluss an die Realität verpasst????? :-)

     

    Eine lose Bürger-Eventveranstaltung bekommt immernoch jeden Montag zwischen 1500 und 2000 Teilnehmerinnen auf die Straße. Einziges Thema: Zuwanderer und nationale Identität.

     

    Eine Partei kann - zumindest noch - mit einem zweistelligen Ergebnis bei den nächsten Bundestagswahlen rechnen. Einziges Thema: Zuwanderer und nationale Identität.

     

    Großbritannien tritt aus der EU aus. Abstimmungsentscheidendes Thema: Zuwanderer und nationale Identität.

     

    Eine Frau wird Zweitstärkste bei dem ersten Wahlgang der französischen Präsidentenwahl. Ihr wesentliches Thema: Zuwanderer und nationale Identität.

     

    Herr Rath, wann würden Sie denn Herrn de Maizières Ideen einen Hauch von aktueller Relevanz einräumen? Wenn sein Amtsnachfolger Gauland heißt?

     

    Die Frage ist, wer den Anschluss an die Realität gesellschaftlicher Entwicklungen verpasst hat.

    Es scheint so, als gebe es eine Reihe von Menschen in diesem Kontinent gibt, denen das "Wir" gerade wichtiger wird. Und ich sage das als jemand, der es mit fiktiven Gruppenidentitäten nicht so hat.

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @rero:

      Sie vermuten demnach, Gauland kann im deutschen Gau nur verhindert werden, wenn Herr De Maizières Gauland wird? Das vermute ich auch. Ich nenne so etwas eine realitätsbezogene Einschätzung :-)

    • @rero:

      Und der "Brexit" und Madame LePen haben etwas mit "DEUTSCHER" Leitkultur zu tun???

       

      Definieren Sie mal "deutsch"!!!

      • @Age Krüger:

        Worum es mir geht, ist, dass das Bedürfnis nach nationaler Gruppenidentität (wieder) da ist. Von Pegida und AfD über Brexit und FN bis hin zur AKP. Überall werden - bildlich gesprochen - mittlerweile Fahnen geschwungen, auf denen steht "Wir wollen mehr 'Wir'!"

         

        Und Herr Rath antwortet mit der Sichtweise der 90er und dem individuellen "ich". Aus meiner Sicht ist das Realitätsverweigerung.

         

        Wir geht es nicht darum, wie genau "deutsch" definiert wird und welche Identitätsmerkmale eine Rolle spielen sollen. Mir geht es darum, dass überhaupt der Diskurs geführt. wird. Nicht die AfD soll die Definitionshoheit haben, wer "dazugehört" in Deutschland. Wenn AfD und Pegida die einzigen sind, die die Diskussion führen, werden sie definieren, wer deutsch ist.

         

        Ich würde mir übrigens wünschen, dass eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen zur deutschen Identität gehört. Was wäre denn für Sie ein positiver Aspekt deutscher Identität? :-)

        • @rero:

          Okay.

          Aber zum einen müsste man feststellen, ob wirklich überall Fahnen geschwenkt werden. Bislang ist mir so etwas außerhalb der Medienberichterstattung nur bei Fußballturnieren aufgefallen. Nicht das Recht, zu definieren, was Deutsch ist sollten bei 80 Mio Deutschen ca. 1,5 Mio AfD-Wähler haben, von denen der größte Teil aus einem Bereich östlich der Elbe kommt, was nicht ursprünglich dem Reich Ludwig des Deutschen zugehörig war und von nicht germanischen Völkern besiedelt wurde,

          Der Drang, nationalistisch zu denken, scheint Ihrer Argumentation nach, zumindest kein Spezifikum für deutsche Eigenschaften zu sein, denn er ist lt. ihren eigenen Aussagen ja auch bei Briten und Franzosen vorhanden.

          Auch das Christentum ist in vielen anderen Ländern vertreten. Maximal die lutherianische Spielart des Protestantismus ist in Deutschland erfunden worden, hat sich aber weiter verbreitet.

          Der Diskurs könnte interessant sein, setzt aber eben voraus, dass diese Debatte frei von Vorurteilen geführt werden kann. Diese banalen hingeschmierten Thesen de Mazière nutzen da wenig. Allerdings auch das genauso belanglos gehaltene Statement von Herrn Rath mit dem Pluralismus und der Individualität. Da kann man auch gleich den Humanismus als solches zur Leitkultur erklären. Nur wovon, von Deutschland sicher nicht alleine.

          • @Age Krüger:

            Die Sache mit den Fahnen war nur bildlich gemeint. Es ist, wie ich finde, kaum übersehbar, dass es eine Reihe von Menschen gibt, die ihren Wusch nach mehr "wir" immer deutlicher artikulieren. Deshalb habe ich die Fahnen als Metapher drin.

             

            Das Bedürfnis nach Gruppenidentität ist nach meiner Meinung eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Fiktive Gruppenidentitäten (Volk, Nation, ...) gibt es doch in allen Ländern. Auch die DDR und die Sowjetunion beackerten dieses Feld bei ihrer Bevölkerung. Linke können es also auch.

             

            Diesen Diskurs ohne Vorurteile zu führen, wird nicht gehen. Vorurteile sind in einem solchen Diskurs systemimmanent. Wer sich in der Sphäre von Gruppenidentitäten bewegt, steht immer mit einem Fuß in Vorurteilen. Trotzdem lohnt es sich. Vorteile sind eben menschlich. Wer Identitäten und deren Merkmale beeinflusst, beeinflusst im Grunde auch Vorurteile. Ein Grund mehr zu partizipieren.

             

            Die Banalität, die Sie erkennen, gehört auch dazu. In dem, was de Maizière Leitkultur nennt, geht es um den gesellschaftlichen Konsens. Der ist für die meisten von uns banal. Er ist aber vielleicht exotisch für bestimmten anderen Ländern außerhalb Europas. Deshalb sollten auch Banalitäten festgehalten werden. Sie können dann ja Herrn de Maizière oder wem auch immer einfach zustimmen und zu den strittigen Punkten übergehen. :-)

             

            Der Humanismus ist definitiv prägend für den hiesigen gesellschaftlichen Konsens. Dass er auch die Gesellschaften in den Nachbarländern geprägt hat, ist ja nicht per se schlecht ... :-)

      • @Age Krüger:

        Deutscher ist, wer in deutscher Sprache denkt und träumt.

        • @Jens Frisch:

          Heiligs Blechle -

           

          Wo Sie diesen Schmonzes herhaben - is klar -

          Da brauch ich nur 12tausendjährig zurückgehen -

          Die ReichsSchnotterbremse hochziehen &

          Eintopfknallzertreibling statt Motor sagen - kerr!

           

          Aber - Denken&Träumen - & das als sprachlich eher Unterbelichteter - Tue ich in bunter Folge - in Mindestestens drei Sprachen.

          (Mein alter Herr - führte derohalber immer gern noch Altgriechisch & Latein an

          (" der kann ja besser Latein&Griechisch als wir!"

          weiland meine Pauker - was mir den Arsch rettete!;) - öh neben Englisch & Spanisch -

          Was der alte Koofmich ooch fließend sprach - wa!-;)

          Von vielen seiner Geschäftsfreunde kenne ich ähnliches.

           

          So einen Kappes hier in der taz zu lesen -

          Tut mit Verlaub - echt weh.

          kurz - In echt noch alles frisch?!

        • @Jens Frisch:

          Das ist doch Unfug. Natürlich ist die Beherrschung der Sprache extrem wichtig für die Integration. Trotzdem macht sie Südtiroler, Österreicher, Schweizer usw. nicht zu Deutschen; genauso wenig wie ein Deutscher, der im Ausland lebt und irgendwann anfängt, in der dortigen Landessprache zu denken und zu träumen, dadurch plötzlich zu einem Nicht-Deutschen wird.

          • @Zwieblinger:

            Das ist kein Unfug, das ist typisch deutsch. Die Sprache ist ein traditionelles Merkmal der Identität.

             

            Das macht das Verhältnis zwischen Deutschen und Schweizern so schwierig. Die Deutschen nehmen die Schweizer tendenziell als Deutsche im weiteren Sinne wahr. Die Schweizer sehen sich als Willensnation. In ihrer nationalen Identität spielt die Sprache keine Rolle. Sie wollen keinen Deutschen sein. Die überlappenden Identität schafft hier die Probleme.

             

            Ihre Erwartungshaltung, dass sich Zuwanderer integrieren oder integriert werden sollen ist übrigens auch unter anderem typisch deutsch, weil typisch westeuropäisch. In Südrussland interessiert es niemanden wirklich, was dort kleinere Volksgruppen machen, ob sie integriert sind oder nicht. Da gab es mal einen erstklassigen Artikel in Le Monde diplomatique.

    • @rero:

      Ja, Sie haben Recht. Nämlich überall dort, wo die etablierten Parteien den rechten Schreihälsen hinterherlaufen, anstatt ihre bisherige Politik entscheidend zu verteidigen.

       

      So haben sie die Positionen der Schreihälse legitimiert, sich zu eigen und zum Thema gemacht, anstatt mutig zur bisherigen Linie zu stehen.

      • @Thomas Elias:

        Es ist die Natur von Parteien in einer parlamentarischen Demokratie, dass sie Stimmungen in der Bevölkerung wahrnehmen und in ihr Programm einfließen lassen. Das ist ihr Existenzgrund. Was Sie beobachten, sehe ich auch, würde es aber weniger negativ bewerten. Und ich tippe drauf, es werden noch mehr AfD-Positionen umgesetzt werden - auch von R2G!

         

        Es gab offenbar gesellschaftliche Entwicklungen, auf die die CDU und alle Parteien links davon in den Augen vieler Menschen keine Antwort gefunden haben. Vielmehr haben sie alles verschlafen. Jetzt holen sie es langsam nach. De Maizières Leitkultur ist ein Versuch dazu.

         

        De Maizière nur persönlich anzugreifen, ist zu billig. Steigen Sie ein in die Sachdiskussion und lassen Sie uns Streitkultur leben! :-) Was sollte Ihrer Meinung nach Deutschland als Ganzes ausmachen?

    • @rero:

      Leidet die von Ihnen angesprochene "Volksgruppe" nicht genauso unter Realitätsverlust, indem sie die Enttäuschungen der Gegenwart auf ein einziges Thema reduziert, simplifiziert und projiziert?

       

      Fragen sie mal Leute wie Oury Jalloh aus Senegal oder den Türken Abdurrahim Özüdogru, wesshalb die am allseits befürchteten "Untergang des Morgenlandes" schuld haben sollen...

       

      Das Leben der Europäer ist nicht einfach. Das stimmt. Aber es ist in 70 Jahren nachkrieglicher, demokratischer Ära sehr wohl selbstbestimmt.

       

      Das können die beiden genannten Personen vom eigenem Lebensverlauf in Deutschland nicht behaupten:

       

      Sie wurden umgebracht von europischen Bürgern, die mit ihrer Lebenswirklichkeit in ihrem Heimatland persönlich nicht mehr fertigwurden.

       

      Herr De Maizière versucht unter ähnlichen verunsicherten und enttäuschten Europäern auf Stimmenfang zu gehen und bedient gefährliche Ressentiments.

       

      In 20 Jahren wird es aber nicht weniger "Ausländer" in Europa geben. Die neuerliche politische Enttäuschung ist also vorprogrammiert.

      Und es wird sehr warscheinlich noch viele Uwe Böhnhardts und Andreas Schuberts geben.

      • @CäptnTrips:

        Die "Volksgruppe" macht das zum Thema, was ihr "unter den Nägeln brennt, was ihr am wichtigsten ist. Sie weist auf die Defizite hin, die aus ihrer Sicht die Politik der vergangenen Jahrzehnte hatte.

         

        Und gerade wegen Oury Jalloh und Abdurrahim Özüdogru sollten wir nicht dem Freundeskreis von Uwe Böhnhardt und Andreas Schubert es überlassen zu definieren, wer hier dazugehört.

         

        Herrn De Maizières ist aus meiner Sicht relativ moderat und versucht genau nicht gefährliche Ressentiments zu bedienen. Und es ist nur ein Diskursbeitrag. Wir sollten aber den Diskurs führen!

         

        Ihre Zukunftserwartung, es werde künftig mehr Ausländer in Europa geben, teile ich. Gerade deshalb ist dieser Diskurs überfällig. Und zur Leitkultur oder Rahmenkultur, wie sie schon mal umbenannt worden war, könnte ja auch die großzügige Aufnahme von politischen Flüchtlingen gehören. Das würde ich z.B. begrüßen.

        • @rero:

          "politischen Flüchtlingen"

           

          Natürlich nur wenn sie die richtige Politik verfolgen.

          Ein Asylrecht für verfolgte Industrielle in Venezuela wird auch die deutsche Linke nicht machen.

  • Recht haben Sie!

     

    Aber es fällt mir schwer, dem "sollte" zu folgen.

     

    Wenn die Politik der CDU z.B. im Punkt "Bildung" der angeblichen deutschen Leitkultur aber schlicht nicht entspricht, dann fühle ich mich bewusst verarscht (sorry).

  • Leitkultur ist neoliberaler Quark. Deutschland ist keine Firma.