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Donald Trump im Twitterrausch

USA Unter Druck wegen der Russland-Kontakte seines Wahlkampfteams, beschuldigt der Präsident seinen Vorgänger, illegal die Telefone im Trump Tower überwacht zu haben

„People 4 Trump“: Unterstützer_innen demonstrierten am Samstag in vielen US-Städten Foto: Mark Makela/reuters

Von Bernd Pickert

BERLIN taz | Das Handlungsmuster kennen Trump-Biografen aus dem gesamten Berufsleben des jetzigen US-Präsidenten: Wird er angegriffen, teilt er erst recht aus. Rache, schreibt der Journalist David Cay Johnston in „Die Akte Trump“, ist eines der zentralen Motive des Donald Trump. Und das hat sich offensichtlich auch im Weißen Haus nicht geändert.

Trump war mit einer weitgehend positiv besprochenen Rede vor dem Kongress recht gut in die Woche gestartet. Aber die Enthüllung, dass sein Justizminister Jeff Sessions bei seiner Anhörung im Senat unter Eid nicht die Wahrheit über mehrere Treffen mit dem russischen Botschafter gesagt hatte, verdarb die gute Presse. Ses­sions lehnte die zahlreichen Forderungen nach seinem Rücktritt ab, erklärte aber, sich aus allen Ermittlungen über mögliche russische Einflussnahme während des Wahlkampfs herauszuhalten.

Das war Trump, so berichtet Politico, gar nicht recht – sieht diese Erklärung der eigenen Befangenheit doch aus wie ein Schuldeingeständnis. Trump reagierte wie immer: auf Twitter. Am Freitag früh postete er ein Bild des demokratischen Senators und Fraktionschefs Chuck Schumer gemeinsam mit Putin und forderte eine Untersuchung von dessen Kontakten zu Russland. Kurze Zeit später tweetete Trump zu angeblichen Lügen der demokratischen Fraktionsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, über deren Russland-Kontakte – ein Tweet, der ihm Hohn und Spott einbrachte, weil er ihn zweimal löschte und neu versendete, bis es ihm im dritten Anlauf gelang, das Wort „hereby“ richtig zu scheiben.

Am Samstagfrüh konnte Trump dann gar nicht mehr an sich halten und postete gleich fünf Tweets hintereinander, in denen er behauptet, Präsident Barack Obama habe im Oktober vergangenen Jahres die Telefone seiner Büros im Trump ­Tower abhören lassen, das sei mit Watergate vergleichbar, Obama sei böse oder krank. Beweise für die Behauptung: null.

Obama-Sprecher erklärten daraufhin, die Behauptungen seien „einfach falsch“, und Ben Rhodes, früher einer der wichtigsten Obama-Berater im Weißen Haus, erklärte – ebenfalls auf Twitter –, ein Präsident könne solche Abhöraktionen gar nicht anordnen.

Ein Tweet am Samstagfrüh brachte Trump Hohn und Spott: Erst im dritten Anlauf schrieb er „hereby“ richtig

Sowohl konservative Kommentatoren als auch Wiki­Leaks entgegneten allerdings in zahlreichen Statements, angesichts der umfangreichen rechtlich zweifelhaften Abhörpraktiken unter Obama sei das überhaupt nicht ausgeschlossen.

Laut verschiedenen Medienberichten wussten auch Trumps Berater nicht zu sagen, worauf der Präsident seine Behauptungen stützte.

Im Prinzip sei es möglich, erläuterte Politico unter Berufung auf Überwachungsexperten, dass bestimmte Telefongespräche aus dem Trump Tower ins Netz von Überwachungen geraten sein könnten – etwa, wenn am anderen Ende der Leitung jemand ist, der als ausländischer Agent eingestuft und überwacht wird. Oder aber, wenn etwa das FBI im Rahmen seiner zu dem Zeitpunkt bereits laufenden Ermittlungen wegen der Russland-Kontakte des Trump-Teams Gesprächsdaten gesammelt hat. Hinweise darauf gibt es offiziell derzeit jedoch nicht.

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