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Kommentar ElektroautosZeit für einen neuen Exportschlager

Beate Willms
Kommentar von Beate Willms

Der Strukturwandel zu neuen Formen der Mobilität muss ernstgenommen werden. Dann kann nicht nur das E-Auto zum Exportschlager werden.

E-Mobilität der Zukunft im Praxistest: junge Besucher einer Modellbaumesse Foto: dpa

E s wird als Horrorszenario dargestellt: 100.000 Arbeitsplätze können in der deutschen Automobilindustrie wegfallen, wenn statt Verbrennungsmotoren nur noch Elektroautos gebaut werden. Das klingt alarmierend. Tatsächlich lenkt die Fixierung auf diese Zahl vom eigentlichen Thema ab. Denn hinter dem erwarteten Siegeszug des Elektroautos stehen ernsthafte Probleme: Mit Diesel und Benziner lassen sich weder Luftreinhaltungs- noch Klimaziele erfüllen.

Die Krux ist aber: mit dem Elektroauto allein auch nicht. Am umwelt- und klimaschädlichsten ist nicht die Fahrerei, sondern die Herstellung der Autos. Einfach die Antriebe auszutauschen reicht also nicht. Helfen kann nur eine echte Mobilitätswende, zu der deutlich weniger Privat- und Firmenautos gehören – weshalb 100.000 wegfallende Industriejobs sogar eher zu niedrig geschätzt sind.

Aber: Zugleich werden Fahrradwege, ÖPNV und Fernverkehr ausgebaut und alle Verkehrsmittel aufeinander abgestimmt, inklusive geteilter Autos, Fernbusse, Kabinenbahnen und irgendwann auch fliegender Taxis. Digitalisierung erleichtert die Vernetzung und sorgt für einen schnellen Zugriff auf Fahrpläne, den nächsten Fahrradverleih oder das um die Ecke stehende geteilte Auto.

Das wiederum eröffnet Chancen auf ganz neue Arbeitsplätze. Neben mehr Personal direkt beim ÖPNV auch bei dessen Zulieferern; bei Start-ups wie etwa Anbietern von Apps, die die Verkehrsträger verknüpfen; für neue Services bei Elektromobilität, Sharing und Lade-In­fra­struktur. In Berlin könnten allein damit bis 2030 rund 14.000 neue Jobs entstehen, hat die Unternehmensberatung McKinsey ausgerechnet. Im Übrigen verschaffen Ausbau und Instandhaltung von Schieneninfrastruktur doppelt so viel Arbeit wie der Bau von Straßen.

Das sind natürlich andere Jobs als die der Automobilarbeiter heute. Aber die Wende passiert ja auch nicht von jetzt auf gleich. Wenn man den Strukturwandel als Chance – nicht nur fürs Klima – begreifen will, muss man ihn jetzt ernst nehmen: mit strukturpolitischen Konzepten, der Förderung von ÖPNV und innovativen Start-ups, mit richtigen Ausbildungsangeboten für die grünen Jobs.

Wenn das mit der gleichen Energie verfolgt wird wie bisher der Schutz der Autoindustrie, dann kann Zukunftsmobilität vielleicht sogar der neue Exportschlager werden.

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Beate Willms
Ressortleiterin Wirtschaft und Umwelt
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7 Kommentare

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  • Ich stimme einen Teil der Artkelaussagen zu. Allerdings ist meiner Ansicht nach die im Artikel angedeutete Perspektive zu fortschrittsgläubig. Wir brauchen meiner Ansicht nach einen radikalen Systemwechsel (und das nicht nur in ökologischer Hinsicht) und damit auch einhergehend Einstellungsänderungen. Denn was ist mit Ressourcenendlichkeit (seltene Erden Peak Oil usw.), Umweltzerstörung, Tötung von Tieren...? Wir brauchen nicht mehr Exportschlager sondern weniger! In Deutschland gibt es bspw. laut Kraftfahrt-Bundesamt 45.100.000 PKWs, 672 Kfz je 1000 Einwohner_innen!

  • Ohne jetzt etwas Pessimismus verbreiten zu wollen, aber man sollte bei dem Höhenflugsphantasien für Elektroautos auch mal einen kleinen Blick in den "Maschinenraum" wagen : die Jahresweltproduktion an Lithium (wird für die Akkus benötigt) reicht für etwa 2,5 Millionen Autos. Um alle Fahrzeuge allein in Deutschland auf Akkus zu setzten, ist die komplette Lithiumgewinnung von ca. 20 Jahren erforderlich.

     

    Und ein anderes Problem sollte man nicht aus den Augen verlieren. E-Autos werden möglichst sofort wieder aufgeladen, rund um die Uhr, und benötigen daher eine Grundlastversorgung. Die EE mit bescheidener Grundlastfähigkeit sind dafür nicht gerade "erste Sahne". Bleiben dann für E-Mobile die Kohlekraftwerke im weiteren Dauerbetrieb ?

  • Das E-Auto wird auch zum Exportschlager. Für China. BYD ist heute schon der größte E-Auto Hersteller. Wer über Shipol fliegt wird mit einem E-Bus von BYD chauffiert.

    In China selber stellen Mercedes und BMW Töchter auch längst E-Autos her. Für China, weil die Gesetze dort eben entsprechend sind. Da sprechen die hier nur nicht so gerne darüber.

    Das Problem ist politisch, der Zug aber evt. schon abgefahren.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Zu allererst brauchen wir genügend EE-Strom aus dezentraler Erzeugung, bevorzugt aus Bürgergenossenschaften.

    Da kann jede/r mitmachen, in der Regel ab 500 Euro je Genossenschaftsanteil.

    Alles Weitere kommt dann schon fast von selbst.

    • @571 (Profil gelöscht):

      2020 kommen sie weder nach Brüssel noch nach Paris mit einem Diesel Fahrzeug. Diese Fahrzeuge werden ziemlich sicher Großteils mit E-Autos ersetzt. Da gibt es keine Zeitspanne in der wir von "zu allererst" sprechen können. Das passiert einfach. Der Verbrenner ist technisch überholt. Das fällt einem nur in Deutschland nicht so arg auf.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @auswurftaste:

        Ich jedenfalls möchte kein E-Auto mit Braunkohlestrom fahren (müssen).

        Denken wir doch einfach über das Tellerrändchen 2020 hinaus.

        Technisch Überholtes ist mMn nicht zuletzt durch fossile Energie in jedweder Form gleichzusetzen.

        • @571 (Profil gelöscht):

          Selbst mit Braunkohlestrom ist es aber sauberer und effizienter wie mit Diesel.

          Es wäre sogar sauberer und effizienter wenn man den Diesel in stationären Generatoren zu Strom machen würde und diesen dann zum Akku laden verwendet.