piwik no script img

Spionage unter StudierendenLinker AStA in Göttingen ausgespäht

An der Uni Göttingen sollen E-Mails mitgelesen worden sein. Studenten des RCDS hatten eine interne Mail des linken AStA veröffentlicht.

Studierende der Uni Göttingen: E-Mails an den AStA wurden mitgelesen Foto: dpa

BREMEN taz | Bei der Studierendenvertretung der Uni Göttingen wurden anscheinend E-Mails ihres Finanzreferenten unbefugt von außen mitgelesen. Wie der AStA am Dienstag mitteilte, habe er Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Eingehende Nachrichten wurden demnach automatisch an eine externe Adresse weitergeleitet, ohne dass der Referent davon wusste. „Wir gehen derzeit davon aus, dass der E-Mail-Account schon vor unserer Amtszeit gezielt manipuliert wurde“, erklärte der AStA.

In der aktuellen Legislatur, die noch bis Ende Februar läuft, stellt eine linke Koalition aus Jusos, Grünen und weiteren linken Gruppen den AStA. Zuvor hatte eine Koalition unter Beteiligung des RCDS, des Studierendenverbunds der CDU, eine Mehrheit.

Auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam geworden war der AStA während des Wahlkampfes im Januar: Der Göttinger RCDS hatte auf Facebook vermeintlich inkriminierende Auszüge aus einer internen Mail des aktuellen linken AStA veröffentlicht.

Der Eintrag ist mittlerweile gelöscht. Der taz liegt davon jedoch ein Screenshot vor. Demnach schrieb der RCDS Göttingen am 16. Januar: „In einer dem RCDS anonym zugespielten E-Mail an den Finanzreferenten wird die erschreckende Sorglosigkeit, mit welcher der linke AStA unsere Studienbeiträge verschwendet, offenkundig.“ Darauf folgt ein wörtliches Zitat aus einer Mail von der Geschäftsführerin des AStA an den Finanzreferenten.

Wir gehen derzeit davon aus, dass der E-Mail-Account schon vor unserer Amtszeit gezielt manipuliert wurde

Linker AStA in Göttingen

Der AStA forschte nach und entdeckte die automatische Weiterleitung an eine Mail-Adresse, die sich niemandem zuordnen ließ. Zugang zu dem Account hatte bis März 2016 der RCDS: Einer ihrer Vertreter leitete in der letzten Legislatur das Finanzreferat. Die Mails könnten seit knapp einem Jahr mitgelesen worden sein.

Niklas Schröder, AStA-Referent für Öffentlichkeit, spricht von einer „eklatanten Verletzung des Datenschutzes“: Über den E-Mail-Account des Finanzreferates würden vertrauliche Daten weitergegeben – unter anderem zwecks Zahlungsverkehrs.

Der RCDS Göttingen wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Die Polizei bestätigte den Eingang der Anzeige wegen des „Ausspähens von Daten“ nach Paragraf 303a des Strafgesetzbuches. Konkrete Hinweise auf die Täter hätten sich bislang nicht ergeben, der Fall liege nun bei der Staatsanwaltschaft.

Für die Zusammensetzung des AStA der Uni Göttingen in der nächsten Legislatur ab März herrscht derzeit eine Pattsituation: Bei den Wahlen im Januar erhielten die breite linke Koalition sowie die mögliche Koalition aus RCDS und Fachschafts-Vertretern (ADF) jeweils 31 Stimmen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • grrr, schon wieder im ganzen Text "Asta". Das ist falsch, die Abkürzung lautet wie in der Überschrift richtig: AStA.

     

    Wer an der Uni aktiv war, weiß auch, wie AStA geschrieben wird.

  • „In einer dem RCDS anonym zugespielten E-Mail an den Finanzreferenten wird die erschreckende Sorglosigkeit, mit welcher der linke Asta unsere Studienbeiträge verschwendet, offenkundig.“

     

    Falls der in dem Zitat erhobene Vorwurf stimmt, sollte man m. E. nicht von Spionage, sondern von Whistleblowing sprechen. Auch E. Snowden verstieß gegen Vorschriften, um, was ihm wichtiger erschien, auf bestehende Missstände aufmerksam zu machen!

    • @Pfanni:

      Die triefende Ironie übergehend behaupte ich mal schlicht, daß sich Snowden nie (absichtlich) so propagandistisch geäußert hat.

  • wenn man bedenkt, dass gerade Jurastudenten den RCDS präferieren, ist diese Nachricht besonders aufschlussreich