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Pläne für Fußball-WM im XXL-FormatDFB-Präsident vor Seitenwechsel

Reinhard Grindel wird von Fifa-Generalsekretärin Fatma Samoura besucht. Er eröffnet ihr, sich nun doch die WM- Erweiterung vorstellen zu können.

Wer umgarnt hier wen? Fatma Samoura und Reinhard Grindel (r.) Foto: imago/Jan Huebner

Frankfurt/M. taz | Es war wirklich ungemütlich an diesem nasskalten Abend in Frankfurt-Rödelheim, und damit Fatma Samoura nicht fröstelte, legte Reinhard Grindel in väterlicher Manier im zugigen Kabinengang seinen Arm um die Senegalesin. Später in der warmen Vereinsgaststätte des Stadions am Brentanobad lobte der DFB-Präsident die vor gut einem halben Jahr von Fifa-Boss Gianni Infantino hervorgezauberte Generalsekretärin für ihre Fußballkompetenz, von der er „angenehm überrascht“ gewesen sei.

Dummerweise erklärte die ranghöchste Fifa-Funktionärin in einleitenden Worten die Dominanz des deutschen Frauenfußballs unter anderem mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land. Die Gastgeberinnen waren aber bereits im Viertelfinale ausgeschieden.

Aber um Frauenfußball ging es der ehemaligen Diplomatin der Vereinten Nationen trotz des Trainingsbesuchs beim 1. FFC Frankfurt nicht wirklich, sondern die 54-Jährige löste die einst von Grindel beim Fifa-Kongress in Mexiko-Stadt ausgesprochene Einladung ja vor allem deshalb jetzt ein, um einen bislang skeptischen Verband für eine WM-Aufstockung zu gewinnen. „Das erste Thema, über das wir gesprochen haben“, bestätigte am Dienstagabend die selbstbewusste Samoura, die zuvor in Gesprächen mit Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff oder DFL-Chef Christian Seifert hinterlegt haben dürfte, was sie erneut öffentlich erklärte: dass 211 Fifa-Mitgliedsverbände eine Mammut-WM mit 40, besser 48 Teams brauchen. Dann wären ja noch immer nicht einmal 25 Prozent aller Nationen dabei. Und das Beispiel Island bei der EM habe gezeigt, wie befruchtend ein Außenseiter wie ein Turnier sein kann. „Für kleine Länder ist die WM-Teilnahme ein wahres Fest“, sagte Samoura.

Ob Grindel Samoura für seine Zwecke umgarnt hat oder es sich umgekehrt verhielt, war nach dem Termin nicht mehr klar. Fakt ist, dass der Chef des Deutsche Fußball-Bunds auf einmal Infantinos Expansionsplänen zustimmt – wenn „bestimmte Voraussetzungen“ gegeben seien. „Ich bin dafür, wenn die Erweiterung keine zusätzliche Belastung für die Spieler und die Länge des Turniers nicht weiter ausgedehnt wird“, betonte der erstaunlich wandlungsfähige Grindel. Lavieren und taktieren: Eigenschaften, die ihm Wegbegleiter aus seiner journalistischen und politischen Karriere stets zuschrieben. Und so wird sicher am 9. und 10. Januar nächsten Jahres beim Fifa-Council in Zürich ab 2026 eine WM in neuem XXL-Format abgesegnet.

Grindel verriet, dass er sich vorstellen kann, selbst ins Fifa-Council aufzurücken

Wäre Grindel wirklich ein Vertreter der Basis eines fast sieben Millionen Mitglieder starken Verbands, würde er klar dagegen Position beziehen. Kann der 55-Jährige aber nicht, weil er am Rande der Samoura-Visite verriet, dass er sich vorstellen kann, selbst ins Fifa-Council aufzurücken – wenn der Einspruch seines Vorgängers Wolfgang Niersbach bei der Fifa-Ethikkommission endgültig entschieden ist. Grindel blieb zwar diplomatisch („die Generalsekretärin würde sich generell freuen, wenn die Uefa wieder diesen Platz besetzt“), doch es ist ein offenes Geheimnis, dass sich der ausgewiesene Machtmensch eine Dreifachbelastung als DFB-Chef, Uefa- und Fifa-Vertreter zutraut.

Dass Grindel im April 2017 beim Uefa-Kongress in Helsinki die Niersbach-Nachfolge im Exekutivkomitee antritt, ist sicher. Sollte noch der Fifa-Job hinzukommen, stellt sich die Frage: Wem dient er dann? Die Interessen allein zwischen diesen drei Institutionen divergieren inzwischen derart, dass sich daraus auch die Skepsis aus der Liga gegenüber dem für viele nicht richtig greifbaren Grindel erklärt. Schon jetzt bewegt sich der umtriebige Strippenzieher in einem extremen Spannungsfeld.

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