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Kommentar Trump und die RepublikanerHuch, er ist ein Sexist

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Die Empörung, die die Republiker in den USA um Trumps Sexismus orchestrieren, ist verlogen. Die Angst um ihre persönliche Macht im Staat steigt.

„Jeder“, der ihn kenne, wisse, dass „diese Worte nicht meine Persönlichkeit widerspiegeln“, sagt Donald Trump Foto: dpa

D ebbie Wasserman Schultz, Ex-Parteichefin der Demokraten, ist „hoch neurotisch“. Senatorin Elizabeth Warren ist „Pocahontas“ und Jennifer Rubin, Bloggerin der Washington Post, bestimmt nur „in (den republikanischen Ex-Kontrahenten) Marco Rubio verliebt“. Frauen sind sonst noch wahlweise „fette Säue, Hündinnen, Schlampen“ oder „ekelhafte Tiere“.

Der TV-Moderatorin Megyn Kelly, die Donald Trump seine Frauenfeindlichkeit vorhielt, sei dabei „das Blut rausgeflossen, wo auch immer“. „Bimbo“ wollte der republikanische Präsidentschaftskandidat Kelly indes nicht nennen, „da das politisch nicht korrekt wäre“. Und jetzt kommt also heraus, dass Donald Trump auf obszöne Weise über Frauen herzieht. Huch, Trump ist ein Sexist!

Einer Bombe gleich hat die Washington Post ein elf Jahre altes Video in den US-amerikanischen Wahlkampf geworfen. Der O-Ton darin erzeugt leichte Übelkeit, man lauscht den Übergriffsfantasien eines Widerlings. Es gibt Stimmen in der Linken, die es unerheblich finden, wer den US-Apparat vom Weißen Haus aus steuert. Das ist es nicht – schon gar nicht bei einem reaktionär-rassistischen und sexistischen Volksverführer. Jeder Widerstand gegen ihn ist willkommen. Die Welle der Empörung aber, die republikanische Politiker und Politikerinnen in den Vereinigten Staaten orchestriert haben, ist verlogen.

„Jeder“, der ihn kenne, wisse, dass „diese Worte nicht meine Persönlichkeit widerspiegeln“, das war das Entschuldigungsähnlichste, was Donald Trump am Samstag in einem Video zu bieten hatte. Zu denken, dass Trump tatsächlich moralisch problematisch findet, was auf dem Band von ihm zu hören ist, ist verschwendete Hirnmasse. Jede/r, die oder der schon einmal einer zotigen Männerrunde in der Sauna zugehört hat, weiß es besser. Auch Republikaner gehen vermutlich gelegentlich in eine Sauna. Und sie stehen seit Monaten hinter einem Kandidaten, der schon längst alles über Frauen gesagt hat, was er denkt.

Im Schlepptau wirklich dreckig werden

Nun aber fällt das Offenkundige in die Phase des akuten Wahlkampfes. Hier geht es nicht nur um einen Präsidenten. Hier wollen Abgeordnete wiedergewählt werden, Gouverneure im Amt bestätigt. Und während an einer Kunstfigur wie Trump zumindest bislang Schmutz jeder Beschaffenheit abzuperlen schien, gilt das nicht für andere Republikaner/innen. Sie müssen fürchten, in seinem Schlepptau wirklich dreckig zu werden. Die Angst steigt um ihre persönliche Macht und um die der Republikaner im Staat.

Gerade Erzkonservative wie im Mittleren Westen fürchten ihre streng gläubige Klientel. Diese hält es zwar aus, wenn Frauen erniedrigt und beleidigt werden. Aber wenn einer laut und obszön über Sex redet, ist das in ihren Augen abstoßender, als Frauen als Schweine zu bezeichnen. Es mag Republikaner/innen geben, die sich jetzt in aller Ehrlichkeit schamrot vom Kandidaten abwenden wollen – was sie bislang nicht für angezeigt gehalten haben. Sollen sie alle den Preis dafür zahlen.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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10 Kommentare

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  • Die Trumps und die Clintons könnten eine Selbsthilfegruppe gründen http://kriegsursachen.blogspot.de/search?q=Clinton

  • Wer hätte geahnt, dass man solche Bemerkungen Trumps irgendwo finden kann? Da ist man richtig schockiert. ;)

     

    Ich denke erst stand der Bedarf solche Bemerkungen zu finden, dann hat man was gefunden. Für den Bush-Clan ist die Präsidentschaftskandidatur Trump ein irre schlimmer Fluch.

  • Man sollte nicht verdrängen, dass die Hälfte der Bevölkerung das konservative Politikprogramm ganz einfach richtig finden, auch wenn Liberale das erstaunlich finden und nicht verstehen können. Man sollte den Mut der Konservaten nicht kleinreden, den es verlangt, sich von der eigenen Partei abzuwenden. Wieviele Labour-Anhänger haben sich wegen der Verrückheiten der Corbyn-Bewegung von ihrer Partei abgewandt?

  • Man sollte nicht verdrängen, dass die Hälfte der Bevölkerung das konservative Politikprogramm ganz einfach richtig finden, auch wenn Liberale das erstaunlich finden und nicht verstehen können. Man sollte den Mut der Konservaten nicht kleinreden, den es verlangt, sich von der eigenen Partei abzuwenden. Wieviele Labour-Anhänger haben sich wegen der Verrückheiten der Corbyn-Bewegung von ihrer Partei abgewandt?

  • Nur mal eine ganz dumme Frage: wenn die US-amerikanischen Frauen wirklich soooo schockiert über die Verwendung unanständiger Wörter durch Trump sind - wer zum Teufel hat eigentlich die 80.000.000 Bücher von "50 Shades of Grey" gekauft ;)?

    • @Domkaspar:

      So etwas zu lesen, wobei noch nicht klar ist, ob es denn allen 80 Mio gefallen hat, ist schon etwas anderes, als von einem derartig besetzten Präsidenten regiert zu werden. Es gibt auch die Lust auf Kriminal- oder Horrorliteratur, ohne dass sich einer nen Psycho als Chef wünscht. Ich denke, Sie verwechseln hier Realität mit Fiktion. Aber klar doch, Frauen sind Natur-Masochistinnen.

    • @Domkaspar:

      Dei Frage ist tatsächlich entweder so dumm und/oder so unaufrichtig, dass man schon gar nicht weiß, wo man anfangen soll...

      • @Marcus:

        Die Frage ist nicht dumm, sondern beschreibt die Doppelmoral der US-Amerikaner_innen. Obszöne Wörter sind ganz schlimm und werden gleichzeitig lustvoll selbst verwendet. Gerade deshalb gibt es (diesen Teil) des Locker-Talks.

        Betrübt macht eher der andere Teil der Geschichte, die der Artikel thematisiert. Nicht der Sexismus oder das Ignorieren der sexuellen Selbstbestimmung auf Grund seines Prominentenstatus stoßen bitter auf - sondern die Verwendung von ein paar unanständigen Wörtern im vertraulichen Gespräch. Der Reporter übrigens wurde auch gleich gefeuert. Da wird sich es der nächste Reporter dreimal überlegen, ob er ein ähnliches Band ausgräbt.