Vernichtete Unterlagen zum NSU: Bundesanwälte durften schreddern
Notizbuch weg? Kein Problem: Das Verbot, Unterlagen aus dem NSU-Komplex zu vernichten, gilt nicht für die Bundesanwaltschaft, sagt der Staatsanwalt.
München/Karlsruhe dpa | Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe wird kein Ermittlungsverfahren gegen Bundesanwälte wegen der Vernichtung des Notizbuchs eines mutmaßlichen NSU-Unterstützers einleiten. Das sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Tobias Wagner, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Die beiden Nebenklage-Anwälte im NSU-Prozess, Mehmet Daimagüler und Seda Basay, hatten den Vorgang angezeigt.
Wagner sagte, es habe sich kein Anfangsverdacht für eine Straftat ergeben. Seine Behörde habe geprüft, ob gegen Mitarbeiter der Bundesanwaltschaft wegen Rechtsbeugung oder Strafvereitelung ermittelt werden müsse. Das sei aber nicht der Fall.
Die Vernichtung von Asservaten sei grundsätzlich rechtmäßig, wenn das betreffende Verfahren abgeschlossen sei. Das vom Bundesinnenministerium verhängte generelle Verbot, Unterlagen aus dem NSU-Komplex zu vernichten, gelte für die Bundesanwaltschaft nicht. „Es würde sich eher um eine Fahrlässigkeit handeln, die nicht strafbar ist“, sagte Wagner.
Das vernichtete Notizbuch gehörte einem Chemnitzer Neonazi, gegen den die Bundesanwaltschaft noch ein Ermittlungsverfahren führt. Sie geht dem Verdacht nach, er habe den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) unterstützt, für dessen überwiegend rassistisch motivierte Mordserie Beate Zschäpe angeklagt ist.
Leser*innenkommentare
Der Allgäuer
Und das nennt sich Rechtsstaat?
Warum gilt ein generelles Verbot, Akten bzw. Unterlagen zum NSU-Komplex zu vernichten, für die Bundesanwaltschaft nicht? Wo steht das, woraus ergibt sich das?
Und warum darf die Bundesanwaltschaft Akten bzw. Unterlagen vernichten, wenn gegen den Inhaber/Besitzer doch noch ein Ermittlungsverfahren läuft?
Ich nenne es nicht mehr Rechtsstaat, sondern Bananenrepublik.