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Entlassungen bei Computerspiel-HerstellerKahlschlag im Zocker-Himmel

Die Chefs der Hamburger Goodgame Studios kündigen Entlassungen an. Beschäftigte hatten eine Betriebsratsgründung abgelehnt.

Goodgame Studios in Hamburg: Pool im Garten, Freibier am Abend, aber kein Betriebsrat Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURGN taz | Das Fiasko kommt schneller, als gedacht: Nur sieben Monate, nachdem die Belegschaft des Computerspiele-Entwicklers Goodgame Studios mit 63 Prozent gegen die Einsetzung eines Wahlvorstandes zur Betriebsratswahl votiert hat, kündigen die Inhaber an, „mehrere Hundert“ der 1.100 Arbeitsplätze in der Firma abzubauen. Von bis zu 600 Stellen ist die Rede.

Die Stellen sollen ab September durch Abfindungen und Kündigungen abgebaut werden. „Ziel der Umstrukturierung ist ein klarer Fokus auf die Kernkompetenzen von Goodgame Studios“, sagt Goodgame-Sprecher Dirk Hensen. Die Produktion von einfachen, leicht zugänglichen Spielen und Spielen für den PC werde aufgegeben.

Damit kommt für die Belegschaft die Quittung , dass sie sich Anfang des Jahres von den Inhabern und vom Management gegen eine betriebsverfassungsrechtliche Belegschaftsvertretung hat aufwiegeln lassen.

Dabei hätten die Alarmsirenen heulen müssen, als im Dezember vorigen Jahres plötzlich querbeet 28 Software-Entwickler, Spieledesigner und Marketingspezialisten vor die Tür gesetzt wurden. Es waren allesamt MitarbeiterInnen, die sich mit der Gewerkschaft Ver.di für einen Betriebsrat stark gemacht hatten.

Marktführer

Gegründet haben die Internet-Spiele-Firma Goodgame Studios im Jahr 2009 die Brüder Kai und Christian Wawrzinek sowie Fabian Ritter mit zunächst zwölf Mitarbeitern. Heute beschäftigt Goodgame mehr als 1.100 Menschen aus 50 Nationen.

Das Unternehmen boomte und gilt als Marktführer in Deutschland. 2014 erzielte Goodgame einen Gewinn von 30 Millionen Euro.

Die Umstrukturierung ist am Donnerstag auf einem "Company Meeting" der völlig überraschten Belegschaft angekündigt worden. Ziel sei es, sich auf die Kernkompetenz zu konzentrieren. Dazu zähle insbesondere die Entwicklung von Strategiespielen für Browser und mobile Endgeräte.

Offensichtlich hatte es vor Bekanntgabe der Pläne Gespräche mit der Mitarbeitervertretung gegeben.

Feelgood-Management und Öko-Frühstück

Für sie war das von Firma gepflegte Image bloß ein Trugbild. Goodgames präsentiert sich als Firmen-Familie. Man duzt sich – wobei freilich nur Englisch gesprochen wird. Eine „Feelgood-Managerin“ sorgt dafür, dass man sich wohlfühlt. Es gibt einen Garten mit Pool, Freibier am Abend und Öko-Frühstück in der Cafeteria.

Viele Beschäftigten hätten sehr wohl bemerkt, dass sie sich blenden ließen und von der Firma ausgenutzt wurden, sagte damals Ver.di-Sekretärin Gabriele Weinrich-Borg: „Das positive Image dieses Unternehmens deckt sich nicht mit dem Umgang mit seinen Beschäftigten.“ Es gebe nur vier Wochen Jahresurlaub, viele zeitliche Befristungen und für einige Mitarbeiter gerade mal den Mindestlohn.

Doch die Firmengründer Kai und Christian Wawrzinek schafften es, sich als Opfer darzustellen: Ihre Firma, die 2009 mit zwölf Mitarbeitern begonnen und sich zum Marktführer gemausert hat, werde von „Feinden“ von außen angegriffen, um die „Goodgame-Familie zu zerstören“. Zudem sei ein Betriebsrat „old-fashioned“, hip sei eine Mitarbeitervertretung wie ein „Employee Committee“, auch wenn dieses über keine betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse verfüge.

Abfindungsgefeilsche ohne Druckmittel

Die Gewerkschaft Ver.di geht davon aus, dass Inhaber und Management bereits damals Umstrukturierungspläne geschmiedet haben. „Dass der Höhenflug in der globalen Branche nicht so anhalten würde, war abzusehen“, sagt Ver.di-Sprecher Björn Krings. Mit einem Betriebsrat hätten bei Entlassungen Interessenausgleichsverhandlungen geführt und ein Sozialplan abgeschlossen werden müssen.

Ein Betriebsrat hätte bei den betriebsbedingten Kündigungen ein Mitbestimmungsrecht gehabt. Das fällt in der Tat nun alles weg – individuelles Abfindungsgefeilsche ohne Druckmittel ist angesagt.

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1 Kommentar

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  • Das ist nicht das einzige Unternehmen dieser Art. Es gibt viele andere und überall in dieser sonderbaren asozialen aggressiven Unternehmenswelt arbeitet das Management an Kuschelstrategien, die vom wahren Kern solcher Unternehmen ablenken sollen. Dass meist sehr gut ausgebildete und sogar oft gut-bezahlte Arbeitnehmer auf diesen Unsinn reinfallen, ist zu hinterfragen. Hier spart das Unternehmen gerade mehrere Millionen Euro. Vielleicht sogar noch mehr, denn Umstrukturierung ohne Arbeitnehmermitsprache ist ja wie ein Sechser im Lotto, jedenfalls für die Inhaber.