AfD kuschelt mit Hells-Angels-Umfeld: Zweifelhafte Verbindungen
Zwei Töchter des Walsroder Hells Angels Wolfgang Heer kandidieren für die AfD in Walsrode. Auch drei „Strohmänner“ stehen zur Wahl.
„Die Rocker haben ein starkes Eigeninteresse, sich als Law- and Order-Macht aufzuspielen“, sagt Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke. „Arbeitet die AfD mit Hells Angels zusammen?“ fragt die Hannoversche Allgemeine. „Nein“, antwortet Bettina Heer. Wie sie zu den Hells Angels stehe? „Gar nicht“. Und überhaupt sei die Kandidatur für die AfD ihr eigener, freier Entschluss. Ihre neue Partei wittert „Sippenhaft“ und distanziert sich in der Presse von den Hells Angels. Für die taz war die AfD am Montag nicht zu sprechen. Frau Heer selbst sagt: Ja, das Risiko, öffentlich für ihren Vater vereinnahmt zu werden, „das war mir bekannt“.
Neben ihr kandidiert auch eine Adoptivtochter von Wolfgang Heer für die Walsroder AfD. Und Bastian Dürfeld sowie zwei weitere Männer – die manche in der Stadt als „Strohmänner“ von Heer bezeichnen. Namentlich genannt werden wollen sie nicht. Heer selbst lässt ausrichten, dass er die drei Herren nicht zu seinem näheren Umfeld zähle und mit der Politik auch sonst nichts zu tun haben wolle. Er lasse sich auch nicht in die rechte Ecke bugsieren, sagte er der Hannoverschen Allgemeinen.
Den Kreisvorsitzenden der Deutschen Gewerkschaftsbundes Karl-Heinz „Charly“ Braun überraschen derlei Dementi nicht. Auch er zählt Dürfeld und die zwei anderen zum Geschäfts- und Freundeskreis von Wolfgang Heer. Bastian Dürfeld, der sich „Meister für Schutz und Sicherheit“ nennt, ist mit Julia Dürfeld verheiratet. Und die ist seit 2012 die Geschäftsführerin der Vegas Security & Gastronomie GmbH, die heute für das Walsroder Bowlingcenter „Coloseum“ verantwortlich ist. Das wird seit langem Wolfgang Heer zugerechnet.
Februar 2015: Anhänger der befreundeten Rockerklubs Red Devils und Hells Angels liefern sich mit Kurden eine Massenschlägerei in einer Diskothek.
November 2014: Der Ortsverein der Hells Angels in Walsrode löst sich auf. Den Rockern wurden in Niedersachsen seinerzeit rund 120 Mitglieder zugerechnet.
Mai 2011: Nach einem Fußballspiel kommt es zu Schlägereien zwischen Fans aus Celle und einer von Hells Angels geleiteten Sicherheitsfirma. Laut Polizei wurde „mit übertriebener Härte“ vorgegangen.
Es gebe da „eine brisante Verbindung von Politik und Geschäft“, sagt Gewerkschafter Braun. Und das Dementi der Tochter, der AfD? „Muss man das glauben?“ fragt Braun.
In der Heidestadt sorgen sich einige, dass sich über das Kommunalparlament für den Rocker mit seinen vielseitigen Geschäften neue wirtschaftliche Möglichkeiten ergeben könnten. Wolfgang Heer wolle sich wieder „im bürgerlichen Milieu“ etablieren, sagt ein Insider. Da war er schon mal fest etabliert.
2012 musste er sich mal wegen „ausbeuterischer Zuhälterei“ vor Gericht verantworten. Vorher betrieb er zusammen mit Frank Hanebuth, ehemals Präsident der Hells Angels in Hannover, eine Securityfirma, GAB Security genannt. Auch sein Sohn Michel, ein ehemaliger Waldorfschüler, ist in diese Branche eingestiegen. Die GAB Security – die auch einen vorbestraften Neonazi beschäftigte – durfte bis 2011 beispielsweise die jährliche Konzertreihe der Walsrodes Stadtmarketings bewachen oder den Fußballklub „Germania Walsrode“.
Für den Sportverein spendete früher auch Wolfgang Heer, wie er gerne öffentlich erklärte, genauso wie für den örtlichen Weihnachtsmarkt, die Aktion Mensch, das SOS-Kinderdorf, Ärzte ohne Grenzen oder das Rote Kreuz. Damit sei jetzt Schluss, sagte er im vergangenen Jahr der Hannoverschen Allgemeinen. Schon 2011 musste der Rat der Kleinstadt Walsrode auf öffentlichen Druck gegen die Hells Angels positionieren.
Die Diskussionen im Kommunalparlament und die Informationen aus der Verwaltung könnten für Heers Geschäfte hilfreich sein, überlegt Gewerkschafter Braun. Heers Argument, schon wegen seiner vielen Vorstrafen wolle er nicht in die Politik gehen, ist für Braun gerade keine Argument, das seine Befürchtungen entkräftet. Im Gegenteil: Im Rockermilieu werde gern mal mit Strohmänner und -frauen gearbeitet, um unauffällig Geld zu verdienen und Einfluss zu gewinnen.
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