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Militanz in Hamburgs ReichenviertelGeländegängig gegen Flüchtlinge

Anwohner blockieren mit ihren Autos Baumfällungen für den Bau eines Flüchtlingsheims. Sie erwirken gerichtlich einen kurzfristigen Baustopp.

So sieht‘s aus, wenn BlankeneserInnen „militant“ werden: Sie markieren die falschen Bäume Foto: dpa

Hamburg taz | In Blankenese hat ein Anwohner am Mittwoch den Bau einer Flüchtlingsunterkunft gerichtlich gestoppt. Bis zu einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts darf am Björnsonweg nicht mit Rodungen begonnen werden.

Tags zuvor war die künftige Baustelle bereits von mehreren Autos blockiert worden, um Baumfällungen zu verhindern. Die sogenannte Folgeunterbringung liegt mit 192 Plätzen deutlich unter der Referenzzahl der Volksinitiative „für erfolgreiche Integration“, die die Zahl der Flüchtlinge auf 300 pro Quadratkilometer begrenzen möchte.

Mit seiner „Zwischenverfügung“ möchte das Gericht verhindern, dass während des laufenden Eilverfahrens unumkehrbare Tatsachen geschaffen werden – etwa indem Bäume gefällt werden. Dafür genüge es, dass der Eilantrag des Anwohners „nicht offensichtlich aussichtslos“ sei.

Der Anwohner hatte den Umweltrechtler Rüdiger Nebelsieck mit einem Mandat beauftragt, der Bewohner der Elbvororte schon bei der Airbus-Erweiterung vertrat. Nebelsieck hatte argumentiert, dass sein Mandant keinen ausreichenden Zugang zu den Unterlagen der Umweltverträglichkeitsprüfung gehabt habe und nicht genug Rücksicht auf dessen Rechte als Nachbar genommen worden sei.

Das fragliche Baugrundstück liegt am Ende eines idyllischen Weges im Wald. In der Umgebung stehen Einzel- sowie einige Reihenhäuser. Erst kürzlich wurde in der Nähe ein Grundstück verdichtet bebaut.

Dass die neue Unterkunft aus neun Pavillons in Holzständerbauweise mit Spielplatz und Wendehammer auf so viel Widerstand stößt, wundert Susanne Schwendtke vom städtischen Träger Fördern und Wohnen, der die Unterkunft errichten möchte. Bis 2008 habe es hier eine gut funktionierende Flüchtlingsunterkunft gegeben, in der zuletzt auch Wohnungslose untergebracht waren. Zuvor hatte dort ein Studentenwohnheim gestanden.

Die alte Unterkunft habe keine Probleme bereitet, sagt Schwendtke, im Gegenteil: „Die Leute haben uns übel genommen, als wir weggingen.“ Da die geplante Unterkunft zudem vergleichsweise klein und ansehnlich sei, habe der Widerstand überrascht.

Gegenbewegung

Mehrere Flüchtlingsinitiativen und -aktivisten wollen ein Gegengewicht zu der „Initiative für Integration Hamburg“ (Ifi) bilden. Sie wollen den Verein „Hamburg integriert“ zu gründen.

Der Verein soll die Aufgaben und Forderungen der einzelnen Flüchtlingsinitiativen sammeln.

Das Bündnis lehnt die von Ifi in Gang gesetzte Volksinitiative zur Verteilung der Flüchtlinge ab.

Biologin behindert

Helga Rodenbeck, Gründerin der Flüchtlingshilfe-Initiative „Runder Tisch Blankenese“, die auch die frühere Unterkunft betreute, ist nicht überrascht – aber traurig. Es habe schon seit geraumer Zeit in Bürgerversammlungen lautstarke Proteste gegeben, sagt sie. Auf Seiten des Runden Tisches stoße der Widerstand auf Unverständnis. „Uns allen geht es unheimlich gut“, sagt Rodenbeck. Angesichts dessen sei es unglaublich, dass sich Anwohner dagegen sperrten, Menschen in Not zu helfen.

Der Bezirksabgeordnete Robert Jarowoy (Die Linke) ärgert sich über die Art, wie die Rodung verhindert wurde. „Das ist à la Pegida, was da an Widerstand läuft“, findet er. Sein Kollege Uwe Szczesny (CDU) sagt: „Das, was da passiert ist, schwierig hinzunehmen.“

Berichten zufolge blockierten Protestierende nicht nur die Zufahrt, sondern hinderten auch eine Biologin daran, die 42 zu fällenden Bäume zu markieren. Stattdessen markierten sie selbst 200 Bäume. Die Interventionistische Linke konterte auf Youtube mit der Ankündigung eines „Blankenese Chainsaw Massacres“.

Ob der Bezirk Beschwerde gegen den Zwischenbescheid des Verwaltungsgerichts einlegen wird, entscheidet sich frühestens am Donnerstagabend. Weil die Sondererlaubnis für das Fällen der Bäume am Freitag ausläuft, dürfte sich der Baubeginn um mindestens ein Vierteljahr verzögern.

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25 Kommentare

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  • "Die alte Unterkunft habe keine Probleme bereitet, sagt Schwendtke, im Gegenteil: „Die Leute haben uns übel genommen, als wir weggingen.“"

     

    Nur mal eine Frage: Warum wird auf dem Platz der alten Unterkunft nicht gebaut und statt dessen soll ein Wald abgeholzt werden? Geht aus dem Artikel leider nicht wirklich hervor...

  • Die Sache ließe sich auch noch ausweiten, vielleicht, indem man auf dem Gelände eine vom Aussterben bedrohte Pflanze oder den Bau eines Feldhamsters entdeckt. Lediglich die Grünen kämen dabei in einen unlösbaren Gewissenskonflikt.

  • Wenn man das gewußt hätte, hätte man den Stuttgarter Schloßgarten mit Autos statt mit Menschen besetzt. Die Hemmschwelle, gegen Autos vorzugehen, ist offenbar höher.

  • ich lebe auch in bescheidenen Verhältnissen und mag das Verhalten der Blankeneesern nicht, anderseits möchte Schleswig-Holstein seit Monaten mehr Flüchtlinge aufnehmen und hat auch Anfragen an HH gestellt um von dort Flüchtlinge zubekommen.

    Wenn in unmittelbarer Nachbarschaft Unterkünfte leerstehen braucht man auch keine Bäume zufällen und ein Haus bauen.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Aber, aber! Regt Euch doch nicht so auf! Die braven BürgerInnen gehen doch sonntags in die Kirche und beten für die Geflüchteten - das muss doch anerkannt werden. Wir sind ja schließlich im christlichen Abendland und kennen unsere Verantwortung und Werte.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Blankenese ist überall, wenn Idyllen gestört werden.

    Aus braven Einwohnern werden politische Nimbys und / oder militante "Bürger", siehe Stromleitungen, Windkraft, unliebsame Unterkünfte, ...

  • „So sieht‘s aus, wenn BlankeneserInnen „militant“ werden: Sie markieren die falschen Bäume“

     

    War das nicht einst eine Kampftaktik der Umweltaktivisten? Von ihnen, die in ähnlichen Fällen (Airbus-Erweiterung) von „Umwelt-Frevel“ tönten, hört man nur brüllendes Schweigen!

     

    Den Bäumen kann’s ja egal sein, ob sie in einem „Armen“-Viertel oder einem „Reichen“-Viertel gefällt werden. Für die Umwelt-Verbände gibt’s da einen großen Unterschied!

  • Was ich nicht verstehe ist, warum da ein neuer Bau entstehen muss für. Auch wegen der 42 Bäume, die da wieder gefällt werden müssen. Was ist denn mit der früheren Unterkunft die es dort gab? Wurde die abgerissen? Überall dieser Bauwahn. Hört sich fast nach Prestigeobjekt an, welches da geplant ist. Pavillons in Holzständerbauweise mit Wendehammer. Eventuell finden die Anwohner dort auch einfach nur das doof und gar nicht die Tatsache mit den Flüchtlingen, die da hinziehen sollen. Denn das hat ja in der Vergangenheit auch schon mal geklappt.

  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Ob sich jetzt die Reichen in Blankenese oder die Linken von der Flora sich der Staatsgewalt widersetzen - ist doch Latte.

    • @12294 (Profil gelöscht):

      Ehhhm, nee?

      • 1G
        12294 (Profil gelöscht)
        @Neinjetztnicht:

        Ehhhm, doch?

  • Die Geldarroganz spielt ihre Macht aus. Letztendlich ist ihre Gesinnung mit der der rechten Szene zu vergleichen. Nur die Motive sind andere. Dort sind es eher Unterpreviligierte, die Angst vor weiteren Benachteiligungen haben, hier sind es die Saturierten, die sich auf ihrem Wohlstand ausruhen und jegliches Fünkchen von Anstand und Solidarität verloren haben.

  • Mir unverständlich, warum die Stadt die blockierenden Kfz nicht abschleppt. Aber vielleicht kennt sie das ja nicht, schließlich kann man in HH ja auch ungestraft auf Fuß-und Radwegen parken.

    • @Senza Parole:

      Wahrscheinlich fehlt es an der Abschleppvorrichtung für Rolls-Royce, Ferrari & Co...

    • @Senza Parole:

      Richtig!

  • Vielleicht sollten da mal ganz ein paar Häuser zum Abbruch markiert werden...

    • @Neinjetztnicht:

      Denkt euch das "ganz" weg, da stand noch ein Adjektiv dahinter gegen welches ich mich zwecks Vernunft entschieden hab... :D

  • Wo bitte ist der Unterschied zwischen dem Terror der Schanzenchaoten und der Schickeriamafia Blankeneses. Außer vielleicht die etwas suptilere Vorgehensweise. Die Blankeneser drangsalieren dafür Stadt und Flüchtlinge über einen viel längeren Zeitraum.

    Wahrscheinllixch iost man darauf am Elbhang auch nocht Stolz.

    • @Eimsbüttler:

      Welchen Terror in der Schanze meinen Sie? Den der wohlhabenden Elite die sich auch dort breit macht?

      • @Neinjetztnicht:

        Ende März wurden mal wieder die Scheiben von kleinen Geschäften eingeschlagen und beschmiert.

        • @Eimsbüttler:

          Das war aber nicht zufällig ein Geschäft wo man simple Weinkisten als "Wohnzimmeraccesoir" für dreitrillionen Euros kaufen kann? Oder handgeflückte Pullover und Socken für läppische sechsfantastilliarden?

           

          Ahnen Sie worauf ich hinaus will? Der kleine Kioskbesitzer, der Plattenladen, alle "normalen" Geschäfte haben keine Probleme. Habe ich zumindest noch nie gesehen. Sowas nennt man Widerstand gegen Gentrifikation. Die teuren Läden der Reichen vertreiben indirekt die kleinen Krämerläden, dagegen geht man vor. Das kann man richtig oder falsch finden, es ist auf jeden Fall nicht unbegründet.

          • @Neinjetztnicht:

            Noch eine kleine Ergänzung, weil vielleicht nicht komplett korrekt geschrieben: natürlich sind nicht nur die Geschäfte Teil des Gentrifikationsproblems... Sie sind eher Folge, was aber nichts an der Problematik ändert: Reiche verdrängen nicht so wohlhabende. Mal sehen was Sie dazu sagen wenn man Sie nach dreißig Jahren in Ihrer Immobilie sich plötzlich die Miete in Eimsbüttel nicht mehr leisten können und deswegen aus Ihrer Wohnung rausmüssen.

  • Die Blankeneser haben wohl zu viele Artikel über den Hambacher Forst gelesen!

  • Ich habe Verständnis für die Anwohner, dieser Irrsinn ist doch von Interessengruppen gewollt. Es gibt genug leerstehende Gebäude, die Bundesmarine ist in die Ostländer MVP

    verlegt worden, was ist mit deren Unterkünften. Braucht die Baulobby neue Aufträge, sind Renovierungen nicht profitabel genug. Bäume fällen für Häuser die dann in ein paar Jahren scho renoviert werden müssen oder auch wieder leerstehen und die Gegend verschandeln. Sand wird knapp, die USA wollen in vom Mond holen. Der Irrsinn ist noch nicht abzusehen. Ich hoffe diese Lobby kriegt endlich mal die rote Karte.

    • @Rita Dütsch:

      Diese "Baulobby" wohnt wahrscheinlich in der Nachbarschaft. Prost...