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Kommentar ProstituiertenschutzgesetzEin Punktsieg für die Moralhüter

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die CDU, die von vornherein ein restriktiveres Gesetz wollte, hat sich in weiten Teilen durchgesetzt. Trotzdem ist das Ergebnis besser als nichts.

Abends auf der Reeperbahn in Hamburg. Bei Prostitution geht es immer um die Vorstellung, was anständig ist. Foto: dpa

W arum hat die Koalition mehr als zwei Jahre lang beim sogenannten Prostituiertenschutzgesetz gestritten, als gelte es, das Abendland zu retten? Um am Ende genau da anzukommen, wo SPD und Union vor Monaten begonnen hatten zu verhandeln?

Nichts anderes nämlich ist der „Kompromiss“, der jetzt verkündet wurde: Eine Rückkehr zu den ersten Vorschlägen für ein Gesetz, das SexarbeiterInnen besser vor Ausbeutung und Zwangsprostitution schützen soll. Und das BetreiberInnen von Prostitutionsstätten klare Hygiene- und sicherheitstechnische Vorschriften macht.

Die CDU, die es von vornherein restriktiv wollte, hat sich in weiten Teilen durchgesetzt. Zum Ärger der SPD, die es gern liberaler gehabt hätte, der Opposition und zahlreicher Lobbygruppen, die sich für die Rechte von SexarbeiterInnen stark machen. Vor allem aber dürften diejenigen, für die das Gesetz angeblich gemacht wurde, mehr als sauer über den „Kompromiss“ sein. Sie sehen sich durch die Vorgaben nicht besser geschützt, sondern eher reglementiert und zu Unrecht unter einen moralischen Generalverdacht gestellt.

Über die deutsche Sucht, alles bis ins letzte Detail gesetzlich zu regeln und für jeden kleinsten Fehltritt einen Bußgeldkatalog anzulegen, dürften auch die Kommunen unglücklich sein. Auf sie kommt mehr Bürokratie zu, von ungeklärten Datenschutzfragen ganz zu schweigen.

Dennoch dürfte das vorliegende Ergebnis besser sein als alles andere, was zwischenzeitlich Verhandlungsmasse war. Lieber ein Gesetz mit Einschränkungen als derart strenge Regelungen, die am realen Leben vorbeigehen. Denn bei Prostitution geht es unter der Oberfläche auch immer um die Vorstellung, was anständig ist und was verderbt. Die Union gefällt sich in der Rolle der Hüterin der Moral. Das Hüten ist ihr beim Prostituiertenschutzgesetz ein wenig gelungen. Aber glücklicherweise nicht vollständig.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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4 Kommentare

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  • Seit wann reglementieren "Familienpolitiker" eine Wirtschaftsbranche?? Schon das zeigt die ganze puritanische Ideologie hinter dem Projekt. Für die Reglementierung einer Wirtschaftsbranche ist das Wirtschaftsministerium zuständig. All diejenigen, die wie Nanymouso meinen "Prostitution sei kein beruf wie jeder andere", denen sei entgegnet: es gibt viele andere Berufe, die weite Teile der Gesellschaft problematisch finden, und die auch keine Sondergesetze bekommen: Investmentbanker, Rüstungshersteller, Immobilienmakler, Politiker, und so weiter. Lasst doch einfach mal eure alten Moralvorstellungen eure Privatsache sein.

  • Was soll dieser Artikel bedeuten? Was ist schlimm daran nach zwei Jahren Diskussion wieder am Ausgang anzukommen? Es ist doch gerade das Ziel einer Debatte verschiedensten Vorschlägen eine Plattform zu bieten, diese zu bewerten und am Ende mit einem Kompromiss weiterzugehen. Dass man zu Beginn einer Debatte die besten Ideen hatte kann ja sein, aber wissen kann man das erst nach der Debatte. Und anstatt auf die dominierende Partei in der Debatte einzuhauen, hätte Ihr Kommentar Platz geboten, nach den Anstrengungen der anderen Akteure fragen zu können.

     

    Bei aller Liebe zur Freiheit fällt in Ihrem Kommentar das Problemfeld der Ausbeutung leider fast unter den Tisch. Prostitution ist nunmal kein Beruf wie jeder andere. Die Gefahr irreparabler Schäden durch Missbrauch und Zwang ist hoch. Das bedeutet, dass Fragen der Moral (und Ausbeutung ist eine Moralfrage) einen hohen Stellenwert in der Debatte einnehmen müssen. In der Konsequenz muss dann auch über die Umgebungen und die Handlungen gesprochen werden, die Ausbeutung begünstigen und folglich vielleicht eingeschränkt werden müssen.

     

    Ihre Freiheit als Kommentatorin hin oder her, wäre denn keine ausgewogenere Analyse möglich gewesen?

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die Union sieht sich als Hüterin der Moral? Das wird deutlich am Umgang mit Geflüchteten, die man gerne gleich wieder abschieben möchte. Auch ist der Einsatz der Unions-Spitzenleute für die Steuermoral bemerkenswert: Großkonzerne zahlen nix, der Elektromeister nebenan und die Arbeitnehmer übernehmen deren Steuerverpflichtungen gerenös... Und Griechenland? Da versucht mal jemand, die Interessen der Bevölkerung wahrzunehmen und Schäuble (CDU!) handelt sehr moralisch und schiebt's den Banken zu.

  • Ob jetzt passend zur Symbolpolitik auch nur noch Symbolsex angeboten wird, darf man wohl bezweifeln. Prostitution wird sich zunehmend in die Verdunkelung zurückziehen und zwar zu Lasten der Prostituierten, die man ja angeblich besser schützen wollte. Den Politikern reicht dies allemal. Für die gilt durchgängig: Was keiner mehr sieht, das gibt's auch nicht - ausser in der Kirche natürlich.