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Kolumne Die eine FrageAndere könnten Recht haben

Peter Unfried
Kolumne
von Peter Unfried

Warum können wir nicht ernsthaft über die Flüchtlingslage sprechen, Wolfram Eilenberger? Tee mit einem besorgten Philosophen.

Fragen statt Antworten. Foto: dpa

D ie Redaktion des Philosophie Magazins war mitten in der Konzeption des Februar-Heft-Schwerpunkts. So was wie: „Sind wir dafür geschaffen, in Paaren zu leben?“ Da stand Chefredakteur Wolfram Eilenberger auf und sagte: „Das geht so nicht mehr.“

Sie machten dann ein Titelthema zur Flüchtlingssituation. „Was tun?“ Der erste politische Titel seit der Gründung des deutschen Ablegers vor etwas über vier Jahren. 27 Philosophen beschäftigen sich mit Fragen, die die Redaktion ihnen gestellt hat. Es steht sehr viel Kluges in dem Heft.

„Politische Titel wären für uns früher marktgefährdend gewesen“, sagt der Philosoph. Er sitzt in einem Café in Berlin-Mitte. Trinkt Tee. Hat das Gefühl, dass erstens etwas aufbricht und er zweitens gar nicht anders kann.

Eilenberger, 43, ist Doktor der Philosophie, hat einen humoristischen Bestseller geschrieben (“Finnen von Sinnen“) über das Land, aus dem seine einen Kopf größere Frau kommt. Hat die inhaltliche Marktlücke als deutscher Fußballphilosoph besetzt. Philosophie, Politikanalyse, Humor, Fußball – das ist der Bildungskanon des unbeschwerten Neubürgertums. Oder war? „Jetzt brechen neue Fragehorizonte auf“, sagt er.

Er gehört zu dem neuen Typus, der nicht weiß, was er sagen soll, wenn man ihn fragt, wie es geht. Persönlich läuft alles. Aber. Er schläft jetzt öfter schlecht. Merkt, wie er immer ernster wird. Überlegt, was passiert, wenn Deutschland der schwedischen Erkenntnis folgt, dass mehr nicht mehr geht. Was es für den Balkan bedeutet, für die Gestrandeten. Fürchtet das Schlimmste. Überlegt auch, ob nicht Politiker richtigliegen, bei denen ein bestimmtes Milieu bisher ohne zuzuhören ausgeschlossen hat, dass das überhaupt sein kann.

Das Denken verlernt

„Sind Sie eigentlich links?“, frage ich ihn. Jetzt schaut er fast verzweifelt hinter seiner Brille vor. Als wäre das eine Idiotentestfrage. Bei der der Fragende durchfällt. „Das ist kein Begriff, der in meinem Vokabular eine Rolle spielt“, seufzt er. Er hält das Niveau, auf dem Politik und Mediengesellschaft diskutieren, manchmal im Kopf nicht mehr aus. Speziell nach Köln. „Wir haben das Denken verlernt“, sagt er. Und zählt ein paar überregionale Kolumnisten auf, für die das besonders zutrifft.

Zentrale Probleme seien die Nichtüberwindung eines mittlerweile 25-jährigen Unernstes. Und der „Mangel an geistiger Gelenkigkeit“. Das führe zu diskursiver Lagerbildung und dem reflexhaften Rückgriff auf überholte ideologische Sicherheiten. Ergebnis sei die „Verrohung der Diskussion“, die wir haben. Es braucht das Gegenteil, und die Frage ist auch hier: Was tun?

Das war genau der Punkt, an dem seine Redaktion war, als er gesagt hatte, dass es so nicht mehr geht. Der Change beginnt in dem Moment, in dem man die Fragen stellt, die man selbst hat. Die man wirklich ernstnimmt. Gegen eine Politik- und Medien-Simulationsmaschine, die immer unernster wird, je lauter, pathetischer oder die anderen immer mehr verachtend sie ihre Antworten hinaushaut.

Fragen statt Antworten. Es gibt keine Antworten, die man aus der jeweiligen geistigen Schublade holen kann und die es bringen. Es geht nicht darum, sich „treu“ zu bleiben und den politischen Gegner aus dem Platitüden-Schützengraben als den Bösen, Ignoranten und Zukunftsgefährdenden zu attackieren, bis alles zu spät ist.

Die geopolitische Realität der globalen Bewegung von Menschen Richtung Europa ist so kompliziert und so divers und so gefährlich (etwa für die EU), sagt Eilenberger, dass man sich selbst in geistige Bewegung setzen und sich permanent und ernsthaft „zu dieser Realität repositionieren“ muss.

Sagen wir es ganz brutal: Andere könnten Recht haben.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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37 Kommentare

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  • Ääähhh, also - was da am Ende rauskommt --- ist das nicht so in Etwa die "Wahrheit", die Pegida permanent verkündet? Denn die "Anderen", das sind doch immer die, die "Recht haben", deshalb "besorgt sind" aber "nicht gehört werden". ?????

  • Mit Peter Unfrieds Kolumne geht's mir regelmäßig so wie Marek Fis nach dem Kauf eines Samplers von Florian Silbereisen: "Es ist auch viel Scheiß dabei!"

  • „Politische Titel wären für uns früher marktgefährdend gewesen“, sagt der Philosoph

    - hoffentlich ist diese Absurdität Absicht

  • Der Satz an sich ist schon ziemlich stark und zu Recht Titel geworden. Die Analyse weiter Teile der Meidenlandschaft auch.

     

    Leider vermisst man ein bisschen etwas - Optionen, Antworten. Aber darum geht es ja wohl gerade. Erstmal aus aus dem Gedankenkorridor, erstmal weg mit der Abwehrhaltung, die jeden sinnvollen Aspekt vermeintlich "gegnerischer" Argumentation verdrängen will, und zurück zu offenem, ehrlichen Denken. An dessen Ende natürlich hoffentlich stehen wird "die anderen haben Recht", sondern gefestigteres, bereichertes Denken, inhaltliche Fortschritte und - vielleicht - auch schon erste, realistische, Lösungsansätze.

  • Wolfram Eilenberger will mehr Fragen? Die kann er haben.

     

    Ich zum Beispiel frage mich, ob des "zentrale Probleme" der "Nichtüberwindung eines mittlerweile 25-jährigen Unernstes" womöglich etwas damit zu tun haben könnte, dass es eine Zeit lang als Beweis für die eigene Unangreifbarkeit gegolten hat, wenn man seine Gegner der Lächerlichkeit preisgeben konnte. "Du kannst mir gar nichts", war eine Lebenseinstellung, die dem DDR-sozialisierten Neubundesbürger in mir Anfang der 90-er extrem auf die Nerven gegangen ist. Ich hab mich damals schon gefragt, woher die Wessis ihre Überheblichkeit beziehen. Nicht, dass ich sie mir da beschaffen wollte, aber im Osten hat es sie, wie so vieles andere, meines Wissens nicht gegeben. Da gab es eher 5 Jahre Bautzen für diese Art "Humor".

     

    Woher der "Mangel an geistiger Gelenkigkeit"? Hm. Könnte es sein, dass er was mit dem Gefühl eines "Endsieges" zu tun hat? Ich meine: "Der Westen" hält sich ja nicht erst seit Angela Merkel für "alternativlos". Er tut das schon seit 1989, wenn nicht seit 1949. Dass man als Wirtschafts-Wunderkind leicht die Bodenhaftung verlieren kann, wenn man permanent gelobt wird für Dinge, für die man gar nichts kann, könnte eine Antwort sein. Ich bin mir allerdings nicht sicher. Ich war ja keins.

     

    Ist die "diskursive[] Lagerbildung" und der "reflexhafte[] Rückgriff auf überholte ideologische Sicherheiten", in dessen Ergebnis laut Eilenberger eine "Verrohung der Diskussion" zu konstatieren ist, vielleicht ein Resultat einer gewachsenen Verunsicherung? Die Zeiten, in denen Chefredakteure sich einbilden konnten, sie allein hätten Antworten auf alle Fragen dieser Welt, ist schließlich durch. Jetzt haben Redaktionen Internetanschluss. An der "brutal[en]" Erkenntnis: "Andere könnten recht haben", kommt man ja womöglich heute genau so schlecht vorbei wie an dieser: Das (echte) Leben ist hart. Wer sich "treu" zu bleiben wünscht, sollte sich dem vielleicht stellen?

    • @mowgli:

      Wenn's 5 Jahre Bautzen für unpassende Antworten gab, ist das leider auch eine möglich Ursache für Mangel an geistiger Gelenkigkeit. :(

      Das meine ich ernst und nicht als Konter!

      • @Karl Kraus:

        Nett, dass Sie mir erklären, wie Sie’s meinen. Sein Sie unbesorgt: Ich hab nichts gegen verbale "Konter". Ich fühle mich beweglich genug dafür. Zumindest geistig. Vielleicht kommt das ja daher, dass selbst Leute wie Sie sofort an einen Knast denken, wenn der Name Bautzen fällt.

         

        Haben Sie Eckhardt Henscheids "Essay über Lachen" gelesen? Ich gebe es angesichts der sprachlichen Verrenkungen, die darin angestellt werden, nur ungern zu, aber der Mann hat recht. Das Narrenschiff geht niemals unter. Nicht mal im Stalinismus. Der Mensch muss einfach lachen. Aber er will natürlich auch den Kopf auf seinem Hals behalten. Also kann er es sich im Stalinismus nicht so richtig leisten, zu schlafen, wenn einer einen Witz erzählt - und erwachend losprusten, wenn der Nachbar vor Freude kräht. Er muss mitdenken. Schließlich ist es keine prüde Moral, die ihn in ein Korsett zwängt. Für‘s Lachen auf ein "Stichwort […] sexueller oder fäkalischer Herkunft" hin wird man nicht eingesperrt. Es ist die Politik, von deren Gängelung er sich per Lacheruption befreien muss. Und wer im Stalinismus gar einen selbstgemachten politischen Witz überleben will, der muss noch sehr viel wacher sein - und geistig ausgesprochen fit. Survival at it‘s best.

         

        Mag sein, dass auch Einzelexemplare der Gattung Ossi vulagris sich 25 Jahre danach jene "größtmögliche Geistesabsenz im Verein mit der im Lachfach üblichen ohnehinnigen Kopf- und Gemütsträgheit" leisten, die im Westen schon seit 1945 üblich ist. Wer wollte ihnen das verübeln? Sie haben ja auch BMWs gekauft und Reihenhäuser am Stadtrand und Kreuzfahrten und Frühstücksflocken und all den anderen Kram, der einen Bundesbürger ausmacht. Überhaupt: Ist ja nicht so, dass jeder etwas gegen Politik hat heutzutage. Gerade habe ich gelesen, dass 60 % der Hochschulabsolventen Vertrauen in Regierung, Wirtschaft, Medien und NGO‘s haben - Tendenz: steigend. Das ist nicht lustig. Es ist lächerlich.

  • Zweifel macht eben auch Angst ... aber:

    "angst und zweifel

    (von Erich Fried)

    zweifle nicht an dem´,

    der dir sagt,

    er´ hat angst!

    aber hab angst vor dem´,

    der´ dir sagt,

    er´ hat keinen zweifel!"

    (...´für die weibliche Form)

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Jetzt schaut er fast verzweifelt hinter seiner Brille vor."

     

    Ich auch, Zeilenschinder!

    Scusi - Chefreporter natürlich

    • @571 (Profil gelöscht):

      :)

      Und: Kann mal bitte jemand das Foto oben wegmachen? Es wirkt so intellektuell wirken wollend.

      • @Karl Kraus:

        Welches von den zwei Schweinderln -

        Hätten´s denn gern?

         

        Jahso - Des in der Mitten -

        Ja freilich - dess -

        Mit dann Hosenträgern

        Am krausen wiesengrünenGürtel.

        Geht klar.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Karl Kraus:

        Von Peter für Adorno und Penelope...

  • Si Si - tacu - er isses!

     

    "… Er hält das Niveau, auf dem Politik und Mediengesellschaft diskutieren, manchmal im Kopf nicht mehr aus.…

    Zentrale Probleme seien die Nichtüberwindung eines mittlerweile 25-jährigen Unernstes. Und der „Mangel an geistiger Gelenkigkeit“. Das führe zu diskursiver Lagerbildung und dem reflexhaften Rückgriff auf überholte ideologische Sicherheiten. Ergebnis sei die „Verrohung der Diskussion“, die wir haben. Es braucht das Gegenteil, und die Frage ist auch hier: Was tun?

    Das war genau der Punkt, an dem seine Redaktion war, als er gesagt hatte,…" ff usw usf etc …?¿!!

     

    Er sagte nichts & Er - …

    Er sagte auch nichts - &

    So gab ein Wort das andere.

     

    Keine Frage - wo Unfrieds Peterle

    Drauf steht - ist auch Wernersen Brösels Oma drin.

     

    Aber - Gemach ~>

    Feiner Sonnenschein -

    Rettet den Tag.

    Danke - Ol'Petros!

    Ja - Der Stein -

    Bestimmt das Bewußtsein;!¡)

    • @Lowandorder:

      Hihiiii!

       

      Ich gründe einen Fänklupp!

    • @Lowandorder:

      ... :-)))) ... bravo... !

      • @APOKALYPTIKER:

        B.B.

         

        Vorsicht - sie beginnen -

        Dich zu loben;()

        • @Lowandorder:

          …sach ich doch - s.u.;))

          &…andere könnten recht haben…;!¡)

  • Wittgenstein formulierte in seinen 'Philosophischen Untersuchungen' den genialen Satz: "Ein philosophisches Problem hat die Form: ich kenne mich nicht aus." Ähnliches hatte annähernd 200 Jahre zuvor Kant in seiner kleinen Schrift 'Was heißt, sich im Denken orientieren?" So gesehen verlangt die derzeitige politische und intellektuelle Situation des Landes angesichts der im Gefolge der Zuwanderung sich grundlegend wandelnden gesellschaftlichen Lebensform(en) geradezu nach philosophischer Reflexion. Die aber will nicht recht in Gang kommen, da im deutschsprachigen Raum die in der Öffentlichkeit wahrgenommene Philosophie von erzkonservativen Flachdenkern wie Rüdiger Safranski, Peter Sloterdijk oder der telegenen Christiane Scherer alias Thea Dorn besetzt wird, die das philosophische Denkens nachhaltig diskreditiert haben und dies auch weiterhin beharrlich betreiben.

     

    Was Herr Unfried als Resultat seines Gespräches mit dem Chefredakteur des Philosophie Magazins Wolfram Eilenberger mitzuteilen hat, ist eine schlichte Tautologie: "Andere könnten recht haben." Ein Satz, der sozusagen zu wahr ist, als dass ihm noch irgendein Informationsgehalt abzugewinnen wäre, womit das kritische philosophische Denken dann vollständig neutralisiert ist. Das liegt aber nicht an dem Philosophen, sondern an dem Journalisten, der die logische Kategorie des Widerspruch in ein pluralistisches 'sowohl ..... als auch' überführt, was Peter Unfried notorisch mit einer kritischen Einstellung verwechselt. Warum macht ausgerechnet der Chefreporter der taz, der weder etwas von Philosophie versteht noch das geringste Interesse für sie hat, just diese Disziplin zu seiner Chefsache? Schade, denn allein ein Durchblättern des aktuellen Heftes des Philosophie Magazins lässt erkennen, dass die Philosophie weitaus mehr zu sagen hätte, wenn man sie nur richtig zu befragen weiß.

    • @Andreas Müller:

      Na wer bei Ihnen alles als Flachdenker gilt. Schon erstaunlich; ich verneige mich.

      Ich hätte übrigens noch Sokrates als Tautologen schlechthin anzubieten. (er hat einige interessante Bücher schreiben lassen)

       

      Ansonsten finde ich den Satz "andere können auch mal Recht haben" voll ok.

      • @Vladimir 52:

        Werter Vladimir, Sie scheinen sich über die Gebrauchsregeln des Terminus 'Tautologie' nicht recht im Klaren zu sein. Was die Sokratische Methode auszeichnet, die Entbindung der Wahrheit durch kluges Fragen, was in der antiken Philosophie als Mäeutik (Hebammenkunst) begriffen wurde, genau davon ist keine Spur in dem Artikelchen des taz-Chefreporters zu finden. Sagen Sie jetzt bloß nicht, Wahrheit, ja Wahrheit, ja wat is dat denn...

         

        Kein Mensch kann Sie daran hindern, tautologische Sätze für "voll ok" zu finden. Immerhin haben Tautologien die Eigenschaft, analytisch wahr zu sein, wie der schöne Satz: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter. oder es bleibt, wie es ist. Der Nachteil ist nur: Sie sagen damit goanix, und - noch schlimmer - Sie wissen eigentlich nicht, was Sie da "voll ok" finden. Diese Voraussetzungen unseres Verstehens aufzuklären, genau das ist die vornehmste Aufgabe der Philosophie. Wer davon nichts wissen will, kann dennoch glücklich sein.

        • @Andreas Müller:

          Werter Herr Müller,

          ich wollte mich eigentlich gar nicht über die Präliminarien zur Zweiwertigkeit der Logik auslassen, aber die so schlichte Aussage, "ander könnten auch Recht haben" als Tautologie zu entlarven, erscheint mir doch reichlich über das Ziel zu schießen.

          Ihr Verweis auf die korrekte Gebrauchsregel dieses Terminus jenseits von lügenden Kretern mutet dabei schon etwas nach akademischer Hybris an.

          Sie würden wohl auch darüber lachen, wenn ich eine Verneinung nicht als Faktum der Wirklichkeit sondern als einen erklärungsbedürftigen Zug der Logik erkläre.. am besten noch mit dem Verweis auf Platons Sophistes.

          Aber wenn Sie auf die angebliche Tautologie bestehen, so muss man auch im Sokratischen Sinne erkennen, dass das analytische Zerlegen der Wirklichkeit in Alternativen eine Eigenschaft ist, mit der wir auf die Wirklichkeit zugreifen. Und dieser Zugriff braucht den Zweifel, um überhaupt Möglichkeiten zu erkennen und damit werden erst "schlichte" zu reflektierten Aussagen. Ohne diese schlichten Aussagen geht es gar nicht. Es ist das, was Heidegger als Unverborgenheit phänomenologisch beschreibt, nämlich die Überlegenheit der Wahrheit vor dem Falschen.

          Auf nichts anderes will Wolfram Eilenberger hinaus, wenn er die Verrohung der Diskussion und den Mangel an geistiger Gelenkigkeit anspricht. Ums es noch schlichter zu sagen- so zumindest meine Sicht:

          er setzt sich für die Entbindung der Wahrheit ein und warnt vor einem Prozeß der Dezivilisierung.

          • @Vladimir 52:

            Werter Vladimir,

            wir dürften uns einig darüber sein, dass dies nicht der rechte Ort ist, um einen Fachdiskussion zu führen; und darauf liefe es hinaus. Den Drang aber einige Bemerkungen zu Ihrer Antwort anzufügen, kann und will ich nicht unterdrücken.

            Die Logik ist kein Organon der Wahrheit, sondern ein Leitfaden, um (u.a.) das Zu-Denken-Mögliche von dem zu unterscheiden, was keinen Inhalt hat. Ich vermag nicht zu erkennen, inwiefern es von "akademischer Hybris" zeugen soll, wenn dieser Leitfaden an das Sprachspiel des Alltags, hier des Journalismus, angelegt wird. Sie wollen das ad absurdum führen, indem Sie schreiben:

             

            "Sie würden wohl auch darüber lachen, wenn ich eine Verneinung nicht als Faktum der Wirklichkeit sondern als einen erklärungsbedürftigen Zug der Logik erkläre..."

             

            Nein, darüber würde ich nicht lachen, sondern die unklare Formulierung kritisieren. Ich weiß nicht, was Sie mit einer 'Verneinung als Faktum der Wirklichkeit' meinen. Wenn Sie einen Sachverhalt verneinen, so können Sie das gar nicht anders unternehmen, als in Sätzen, die jene Negation beinhalten. Wenn Sie mir das zugestehen, nun, dann ist nicht mehr zu verstehen, warum der Leitfaden der Logik hier keine Geltung haben soll.

             

            Welchen Funken der Erkenntnis aus dem Heideggerschen Jargon der 'Unverborgenheit' glauben schlagen zu können, ist mir (zumindest in diesem Kontext) unverständlich. Zu guter Letzt: Ich habe ausdrücklich vermerkt, dass meine Kritik auf den Artikel des Chefreporters der taz bezogen ist ("Das [die Neutralisierung des kritischen philosophischen Denkens] liegt aber nicht an dem Philosophen, sondern an dem Journalisten....). Weder Herrn Eilenberger noch dem Philosophie Magazin habe ich ein inhaltsleeres Gestammel vorgeworfen, sondern Herrn Unfried.

    • @Andreas Müller:

      Danke, das habe ich gerade beim Lesen des Artikels auch gedacht, aber ich hätte trotz meines (abgebrochenen) Philosophie-Studiums da viel zu lange dran gesessen, um das zu schreiben. (Für die Banalitäten, die in dem Artikel rauskommen, hätte mich auch im Proseminar jeder Prof für blöd erklärt! Aber das ist lange her und wer weiß, was sich heute alles Philosophie nennt.)

       

      Tut richtig gut, wenn mal ein anderer schreibt, was man sagen will.

    • @Andreas Müller:

      > Ein Satz, der sozusagen zu wahr ist, als dass ihm noch irgendein Informationsgehalt abzugewinnen wäre, womit das kritische philosophische Denken dann vollständig neutralisiert ist.

       

      Stimmt leider. Und geschickt in der Taz plaziert — statt z.B. in der Bild.

       

      Nach dem Satz „[Links,] Das ist kein Begriff, der in meinem Vokabular eine Rolle spielt“.

       

      Vielleicht wäre es Zeit, das zu ändern. So kompliziert ist „62 Menschen besitzen so viel wie 3.6 Milliarden“ nämlich gar nicht. ⇒ http://www.taz.de/!5269014/

    • @Andreas Müller:

      Tja - nich ein dscheden

      Hat solch Stück Glücklich

      Wie der Frische Maxe 's haat -

      & te Sone Mutter - mit Rat&Tat ->

      "Hör auf über Frauen zu schreiben -

      Du verstehst sie nich!"

      Ihm reinzureiben.

       

      Ok - Hat sich auch -

      Bewahre - schongo -

      Wer hört schon auffe Alten¿-

      Nicht drangehalten! ergo -

       

      Hat/Hätte -

      Da wie hienieder -

      Jede Wette ~>

      Genau - soon Hals!

      Nix genützt! - &'s

      Stimmt - aach wieder -

      Nix als -

      Die Wahrheit;)

      Eben.

      Jau.

      • @Lowandorder:

        Pardon, aber ich verstehe nix von dem, was Sie schreiben.

        • @Andreas Müller:

          Das soll so, schätze ich. Früher nannte man so etwas ein Orakel, wenn ich mich nicht irre. (;-D)

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @Andreas Müller:

          Zugegeben, es braucht eine gewisse Einarbeitungsphase, um dahinter steigen zu können. Mittlerweile komm' ich schon ganz gut klar.

          • @571 (Profil gelöscht):

            Ach nein , der Guteste war von seinem Gedicht vom frühen Morgen (s.o.) volltrunken selbstbesoffen , konnte nur noch gerade knapp sein Lallen in Wortform bringen :-)))

            • 5G
              571 (Profil gelöscht)
              @APOKALYPTIKER:

              So gut kenne ich den "Gutesten" zugegebenermaßen nicht, genieße aber sehr seine einzigartigen lyrischen Ergüsse.

              'N Fänklub fände ich fast angemessen, bin aber von jedwedem Vereinsmeiern erfolgreich entwöhnt.

              • @571 (Profil gelöscht):

                by the way -> ;) & mit Grucho Marx ~>

                Danke & dannichfür;)

  • Ach, das gibt's noch in der TAZ: Andere könnten recht haben?

    Da haben Sie sich aber weit aus dem linken Flügel Ihres Fensters gelehnt.

    Übrigens: Heute ist Montag, ...

  • "Andere könnten recht haben."

    Bert Brecht hat bereits vor einem halben Jahrhundert diese Fragen in seinem Gedicht "Lob des Zweifels" angesprochen.

    "Den Unbedenklichen, die niemals zweifeln, begegnen die Bedenklichen, die niemals handeln."

    Fünf Krieg in Syrien sind die Folge einer ideologisch begründete Fehlanalyse des Irakkrieges - Demokratie sei nicht mit militärischer Gewalt zu erreichen. Dabei haben wir gerade in Deutschland und Japan das Gegenteil erfahren.

    Zweifel sind erlaubt - aber meist ist die stupide Antwort simpler Antiamerikanismus!

    • @Richard Kotlarski:

      Lieber Herr Kotlarski, leider bin ich vielleicht ja nicht so ganz intelligent, entschuldigung - aber diese Ihre Schlussfolgerung müssten Sie jetzt tatsächlich mal näher erläutern: "Fünf Krieg in Syrien sind die Folge einer ideologisch begründete Fehlanalyse des Irakkrieges - Demokratie sei nicht mit militärischer Gewalt zu erreichen. Dabei haben wir gerade in Deutschland und Japan das Gegenteil erfahren. "

       

      Für mich sieht das so aus, als wären Sie der Meinung, im Irak hätte noch mehr gebommt werden müssen, um den jetzigen Syrien-Konflikt zu vermeiden?? Und ohne Zweiten Weltkrieg gäbs in Deutschland und Japan keine Demokratie???

    • @Richard Kotlarski:

      Wie jetzt - Sie meinen, es ist schon Demokratie, was wir in Deutschland und in Japan haben? Na, dann ist es ja wohl auch Gerechtigkeit, wenn 62 Superreiche mehr besitzen (und mehr bestimmen), als die 3,6 Milliarden Armsten dieer Welt. Schreibt ja sogar die taz: ELITE.

      • @mowgli:

        Ja, es ist eine Demokratie die in Deutschland und Japan herrscht.

         

        Was haben diese ominösen 62 Superreichen damit zu tun? Zum Einen sind diese Angaben höchst spekulativ, da Äpfel und Birnen miteinander vermengt werden, zum Anderen wäre meines Wissens nach nicht ein einziger Deutscher in den Top 20.

         

        Wir leben in einem Land in dem die Bundeskanlzerin weniger verdient als viele Mittelständler, Ihr Querverweis ist irgendwie völlig am Thema vorbei und kommt mir vor wie eine Universalrechtfertigung für jede Position.

        • @Questor:

          Ach, die Demokratie herrscht? Ich dachte immer, der Diktator herrscht.