Verschärfung des Asylrechts: Innenminister in Eile
Die SPD legt vor dem Flüchtlingsgipfel einen Forderungskatalog vor. De Maizière fährt seine Pläne zur Verschärfung des Asylrechts etwas zurück.
Am Montag stellte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi einen 10-Punkte-Plan vor, mit dem ihre Partei in das Treffen von Bund und Ländern am Donnerstag gehen will. Demnach solle der Bund auch die Kosten für die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge übernehmen. Außerdem solle er noch stärker bei der Erstunterbringung einspringen.
Zu geplanten Verschärfungen des Asylrechts, die dem Innenministerium vorschweben, wollte sich Fahimi hingegen nicht äußern: da befände man sich noch in „internen Abstimmungen“, wiegelte sie ab. Dabei hatte Thomas de Maizière am Morgen noch verkündet, mit der SPD sei „eine Einigung in allen Punkten erzielt“ worden, der überarbeitete Entwurf aus seinem Haus sei bereits an die Länder verschickt worden.
Vergangene Woche war ein Gesetzentwurf aus dem Innenministerium bekannt geworden, der eine radikale Einschränkung des bisherigen Asylrechts bedeuten würde. Vor allem die Idee, Flüchtlinge mit Proviant und einer Rückfahrkarte in das Land zurückzuschicken, aus dem sie gekommen waren, hatte für einen Aufschrei gesorgt. Pro Asyl sprach von einem Programm der „Abschottung, Abschreckung und Obdachlosigkeit“.
Am Montag schränkte de Maizière nun ein, diese Regel solle nur für abgelehnte Asylbewerber gelten, die „vollziehbar ausreisepflichtig sind“ – nicht für die Mehrheit der Flüchtlinge, die lediglich über einen anderen EU-Staat nach Deutschland gekommen sind. Sie könnte zukünftig aber auch für jene Flüchtlinge gelten, die einem anderen EU-Land zugewiesen werden. Die EU plant 160.000 Flüchtlinge zu verteilen, am liebsten über eine Quote.
Der Entwurf aus dem Innenministerium enthalte „eine Reihe sehr problematischer Forderungen“, räumte Fahimi ein. Scharf wies sie etwa das Ansinnen zurück, Geldleistungen an Asylbewerber künftig wieder durch Sachleistungen zu ersetzen. Man schaffe damit „ein bürokratisches Monster, das nur mehr Geld kostet“, wenn Sachbearbeiter „Anträge zum Kauf von Seife“ ausfüllen müssten, warnte sie und sprach von „Scheinlösungen“. Sie stellte klar, mit der SPD werde es keine Einschränkung des individuellen Grundrechts auf Asyl geben.
De Maizière stiftet Verwirrung
Auch hier hatte de Maizière für Verwirrung gesorgt. In einem Spiegel-Interview hatte er dafür plädiert, die EU solle feste Kontingente für Flüchtlinge einführen – und nahegelegt, wenn diese ausgeschöpft seien, könnten Asylsuchende in ihre Herkunftsregionen zurückgeschickt werden. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Idee verfassungswidrig. Am Montag ruderte de Maizière zurück und behauptete, sein Vorschlag habe vielmehr darauf gezielt, „Flüchtlinge aus Krisenregionen legal nach Europa zu holen, ohne dass Schlepper daran verdienen. „Das deutsche Asylrecht kennt keine Obergrenze“, schloss er sich dem Diktum der Kanzlerin an.
Wie auch immer: Geht es nach de Maizière, sollen die Änderungen des Asylrechts, auf die sich Union und SPD geeinigt haben, schon am Mittwoch kommender Woche vom Kabinett beschlossen und so schnell wie möglich durchs Parlament gebracht werden. Beschlossene Sache ist es, weitere Staaten des westlichen Balkan als „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen.
Einigkeit zwischen SPD und Union besteht auch darüber, dass die Asylverfahren beschleunigt werden sollen. Dafür soll nun der neue Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sorgen, Frank-Jürgen Weise, der auch Chef der Bundesagentur für Arbeit bleibt. Kurzfristig sollen offene Stellen beim BAMF schneller besetzt werden und mobile Teams in die Erstaufnahmeeinrichtungen entsandt werden: Das kündigte Weise auf der Pressekonferenz mit Innenminister de Maizière am Montag an. Von Berichten, wonach die Unternehmensberatung McKinsey seiner Behörde dabei helfen soll, Asylverfahren zu beschleunigen, zeigte sich die SPD allerdings überrascht. Man solle die Menschen „nicht kirre machen mit ständig neuen Vorschlägen“, kommentierte Generalsekretärin Fahimi.
Dieser Artikel wurde aktualisiert um 18.00 Uhr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar