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Kolumne MachtFachkräfte, sofort!

Bettina Gaus
Kolumne
von Bettina Gaus

Die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat vorgeschlagen, Flüchtlinge von Langzeitarbeitslosen betreuen zu lassen. Buh!

Hannelore Kraft, politische Fachkraft. Foto: dpa

E s gibt Vorschläge, bei denen allen Leuten der Atem stocken müsste, die Geschichtsunterricht genossen haben. Zum Beispiel bei der Empfehlung, für eine „nationale Aufgabe“ sollten Langzeitsarbeitslose eingesetzt werden. Mit der nationalen Aufgabe ist im konkreten Fall die Hilfe für Flüchtlinge gemeint.

„Einsetzen“: das klingt nicht nach einer freundlichen Aufforderung, sich um einen Arbeitsplatz zu bewerben. Das klingt nach Zwangsverpflichtung.

Eine glänzende Idee, ausgerechnet die schwächsten Gruppen einer Gesellschaft zusammenzuzwingen. Schließlich dürfen oder wollen die mehrheitlich nicht wählen. Wenn es erst zu Konflikten kommt, dann werden sich all diejenigen bestätigt fühlen, die sowohl Hartz-IV-Empfänger als auch Flüchtlinge für Schmarotzer und Asoziale halten. Dann steht man mit einem solchen Vorschlag auf der „richtigen“ Seite: neben den Rechtspopulisten nämlich.

Wem traut man eine derartige Empfehlung zu? Nein, sie kommt nicht von dem CSU-Politiker Joachim Herrmann, bei dem man an einen bösartigen Zwilling von Pu denken muss, den Bären von „sehr geringem Verstand“. Es war eine Sozialdemokratin, die auf diese Idee gekommen ist. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Warum bin ich noch überrascht, wenn aus der SPD unanständige Vorschläge kommen? Ich müsste mich daran gewöhnt haben.

Dumme Idee

Diese Idee ist allerdings nicht nur unanständig, sondern dumm. Manchen verstellt Selbstgerechtigkeit den Blick auf die Realität. Alle anderen sollten angesichts der chaotischen Zustände allmählich gemerkt haben, dass die Registrierung und Erstversorgung von Flüchtlingen nicht nur eine Frage des guten Willens ist. Sondern ein komplizierter Job, für den hoch qualifizierte Leute gebraucht werden. Statt Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge aufeinander loszulassen, müssten Posten für Fachkräfte ausgeschrieben werden, die Erfahrung mit Notlagen haben.

Die Reaktion der Öffentlichkeit darauf kann man sich allerdings vorstellen: „Wir sind hier doch nicht im Kongo.“ Und: „Das werden unsere Beamten doch wohl hinkriegen, wofür werden sie bezahlt.“ Dafür nicht, jedenfalls bisher nicht. Wer jemals Mitarbeitern des Roten Kreuzes und anderer Organisationen bei der Bewältigung von Krisensituationen zugeschaut hat und das mit dem deutschen Behördenalltag vergleicht, bekommt eine Ahnung davon, warum in Europa derzeit auch logistisch so vieles schief läuft.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat jetzt Soldaten in Rufbereitschaft versetzt. Sie sollten „im Notfall mit anpacken können“, sagte die Ministerin. Vielleicht gemeinsam mit den Langzeitarbeitslosen? Was für ein Zynismus. Der Versuch, das Militär in eine humanitäre Einrichtung umzuwandeln, ist schon häufiger gescheitert. Gebraucht werden weder Soldaten noch Arbeitslose, sondern Fachkräfte. Fachkräfte!

Nachsatz: Natürlich benehmen sich derzeit nicht nur SPD-Führungskräfte, sondern auch andere Leute erwartbar schlecht. Seit einigen Tagen wabert die heuchlerische Frage durchs Netz, weshalb die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens eigentlich nicht Zuflucht in den Golfstaaten suchten. Obwohl da doch „Glaubensbrüder“ lebten.

Von „Glaubensschwestern“ wird wohlweislich nicht gesprochen. Da würde die Absurdität dann wohl doch zu offensichtlich. Im Klartext heißt das nämlich: Liebe Syrer, bitte flieht doch von einer Diktatur in die nächste – wo ist das Problem? Genauso gut hätte man sagen können: Liebe deutsche Juden, warum geht ihr eigentlich nicht nach Italien? Es ist ekelerregend.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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34 Kommentare

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  • Soll man überhaupt noch ein Wort über die SPD verlieren? Offenbar versuchen sich die Führungskräfte der SPD darin übertreffen zu wollen wer den Untergang der SPD am besten beschleunigen kann.

  • Es gibt mit Sicherheit genügend qualifizierte Fachkräfte in Deutschland, das Problem man will diese Menschen aber nur dann, wenn sie nichts kosten?

     

    Warum wohl trommeln die gesamten Arbeitgeberverbände, schon wieder gegen den Mindestlohn, welcher für Flüchtlinge als Einstieg eindeutig zu hoch sein? Anderseits freut man sich, dass es noch billiger geht als Leiharbeiter, Werkverträge oder ein Euro Jobber? Ab wann wäre es für den Staat die Gesellschaft, nicht generell besser, in Anbetracht dieser vermehrten Sichtweise, gleich wieder zentrale Arbeitslager einzuführen? Dezentrale haben wir schon wieder. Nachdem die SPD/Grüne Hartz IV eingeführt haben?

     

    Fakt ist, wenn wir nicht in Deutschland endlich umsteuern, steuern 40% der heutigen Angestellten, welche heute nicht mehr als einen Durchschnittslohn von ca. mtl.. 2000 Euro haben, im Alter auf Altersarmut zu.

  • "bitte flieht doch von einer Diktatur in die nächste"

     

    Nicht mal das. In Syrien hätten die Leute sogar noch während des Bürgerkriegs wählen können. Ähnlich wie Janukowitsch hatte Assad vorgezogene Neuwahlen vorgeschlagen. Ähnlich wie in der Ukraine machten die Umstürzler in Syrien ihr eigenes Ding.

     

    In der Ukraine wäre die Wahl unsicher gewesen. In Syrien wäre sie, das sagten einige Nahostexperten (und eine Nato-Umfrage, die es bei uns nie zur Veröffentlichung geschafft hat), dass Assad eine sichere Mehrheit gewiss war.

     

    Darum der strikte Kurs der Exil-Opposition und der sekundierenden(instruierenden) "Freunde Syriens": Assad muss weg! Keine Verhandlungen! Keine Wahl!

     

    Unsere Last mit den Flüchtlingen erscheint mir angesichts des Unglücks in Syrien, als ein mehr als günstiger Preis für unsere Mit-Konspirenz bei den "Freunden Syriens".

  • Warum so kompliziert? Die Leute, die hierher fliehen, sind doch keine hilflosen Pflegefälle. Lasst sie selbst mit anpacken! Unter ihnen sind Qualifikationen und Fertigkeiten genauso breit gestreut wie unter den Hiesigen. Es sind Ärzte darunter, Ingenieure, Näherinnen, Bäcker, Schlosser... Sie wären sicher froh, sich in der neuen Heimat sinnvoll zu betätigen, statt zum Nichtstun in provisorischen Internierungslagern verdammt zu sein. Lasst sie doch selbst ihre Unterkünfte aufbauen und die Versorgung auf die Beine stellen.

  • Bis heute ist es vielen Menschen nicht bewusst das die Person die H4 Un-Leistungen erhält,

    sämtliche berufliche Ausbildungen staatlich aberkannt wurden.

    Gleichzeitig findet eine verfassungskonforme Enteignung statt.

    Gleiches gilt auch für Transferempfänger.

    Die staatlich, berufliche Desintegration wurde durch die SPD durchgeführt.

     

    Irgendwann kommt es auch bei dem letzten Stammtisch Sozi Genossen an, das sie einer fetten Lüge verfallen sind.

    Die SPD sollte ein Resozialisierungsprogramm durchführen.

    Egal ob eine Bätzing, Nahles oder nun Kraft, sie beweisen ihre fast stalinistischen Gedanken und Großmannssucht.

    Sozial Schwache können weder ein ÖPNV Monatsticket finanzieren, für alleinerziehende Mütter ist ein Besuch im Freibad/Schwimmbad/Kino Luxus geworden und nun kommt ein solch scheppen dämlicher Vorschlag.

     

    Der nächste Punkt wäre der wenn sich ein Helfer aus welchen Gründen auch immer verletzt oder sogar einen "Arbeitsunfall" mit Behinderung erfährt.

    Die Politiker und Berufsgenossenschaften freuen sich. Kostet so gut wie nix bei den Helfern.

     

    Passender Artikel: "Eure Armut kotzt uns an!" http://www.heise.de/tp/artikel/38/38726/1.html

     

    Dazu fällt mir noch folgendes ein,

    eine große Firma in Hamburg musste eine Reihenuntersuchung durchführen, in der Kantine arbeitete eine Person mit offener TBC. Manche erwarben eine Immunität, stecken aber andere an.

    Sind Massenunterkünfte die richtige Unterbringung? Warmluftbeheizte Zelte im Winter dürften bestimmte Krankheiten beschleunigen.

  • Den Arbeitslosen gebt Arbeit.

    Den Heimatlosen gebt Heimat.

    Die Politiker aber jagt zum Deibel.

  • Frau Gaus, Sie sollten sich schämen, so wie Sie hier Langzeitsarbeitslose als unqualifizierten Bodensatz der Gesellschaft diffamieren. Dabei sind viele Langzeitarbeitslose durchaus qualifiziert, haben oft sogar einen Hochschulabschluss. Oft haben sie aber gesundheitliche Beeinträchtigungen, weswegen sie keinen Vollzeitarbeitsplatz mehr antreten können. Oder sie haben keine Chancen mehr auf dem regulären Arbeitsmarkt, weil sie über 50 sind. Viele Langzeitarbeitslose sehnen sich aber nach einer sinnvollen Arbeit. Das könnte auf freiwilliger Basis auch die Arbeit mit Flüchtlingen sein, für die viele auch durchaus gut qualifiziert wären.. Allerdings sollte auf die gesundheitlichen Einschränkungen Rücksicht genommen werden, etwa bei der wöchentlichen Arbeitszeit.

    • Bettina Gaus , Autorin des Artikels, Politische Korrespondentin
      @vulkansturm:

      Sehr geehrte® Vulkansturm: Es war nicht meine Absicht, jemanden zu diffamieren, und ich denke auch nicht, dass ich das getan habe. Ich will gar nicht bezweifeln, dass einzelne Langzeitarbeitslose über die Qualifikation verfügen, die derzeit für die Erstversorgung von Flüchtlingen gebraucht wird. Aber eben nicht alle - vermutlich nur eine kleine Minderheit. - Frau Kraft hat aber gerade nicht Leute mitr besonderer Qualifikation zu Bewerbungen aufgerufen, sondern generell von "Langzeitarbeitslosen" gesprochen, die "eingesetzt" werden sollten. Das finde ich sowohl den Arbeitslosen als auch den Flüchtlingen gegenüber respektlos. - Ein Letztes: Erlauben Sie mir die persönliche Frage, warum eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Ihnen eigentlich nicht ohne persönliche Beleidigung zu funktionieren scheint. "Sie sollten sich schämen" (um Sie zu zitieren): Meinen Sie, dass diese Art des Einstiegs in eine Diskussion für ein sachliches Ergebnis hilfreich ist? Nur am Rande weise ich darauf hin, dass in meinem Text an keiner Stelle vom "unqualifizierten Bodensatz der Gesellschaft" die Rede war. Sie bauen sich in meiner Person einen Popanz, der nichts mit mir zu tun hat. Das finde ich wenig hilfreich.

  • Da kann man wirklich sehen, wie blind die Propaganda des Kapitals gemacht.

     

    Ich bin einer der angeblich so dringlich gesuchten männlichen Erziehern. Natürlich langzeitarbeitslos. Warum sollte man die Posten nicht weiterhin danach vergeben, wer wen kennt und so. Gesuchte Fachkräfte war immer nur eine Behauptung des Kapitals.

     

    Vor einigen Wochen stand hier noch ein Artikel eine Journalistin, die langzeitarbeitslos war. Ich frage mich, warum, bei aller Liberalität, dass man unterschiedliche Standpunkte berücksichtigen soll, jemanden wie Bettina Gaus schreiben lässt, die nicht mal ihre eigene Zeitung liest und die dümmsten Propagandalügen über Langzeitarbeitslose verbreitet.

  • Arbeitslose ohne Qualifikation! Da ist es wieder, dass Märchen von dem ungebildeten Arbeitslosen. Wer sich aber einmal richtig umschaut, der merkt schnell, dass das nicht stimmen kann. Immer mehr Akademiker, auch aus dem MINT-Bereich, oftmals mit Promotion, sind heutzutage arbeitslos. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) veröffentlicht schon seit Jahren auf seiner Seite, dass es in Deutschland zwanzigtausend (20.000) arbeitslose Ingenieure gibt, die keinen Job mehr bekommen. Bei den arbeitslosen Handwerkern und Kaufleuten werden es Hunderttausende sein - wenn nicht sogar Millionen - die keine Arbeit mehr bekommen.

     

    Worum ging es in dem Artikel? Ach ja, um die Betreuung der Flüchtlinge durch Langzeitarbeitslose. Diese Idee hat natürlich etwas, denn unter den Langzeitarbeitslosen gibt es genügend gut ausgebildete Leute, z.B. studierte Sozialarbeiter. Nur hätte die SPD und auch die CDU bei der Umsetzung dieses Vorhabens dann ein wirkliches Problem, denn dann müssten sie der Bevölkerung erklären, warum diese studierten Menschen arbeitslos sind. Also lässt man das alles lieber. Hannelore Kraft (SPD): "... für eine nationale Aufgabe sollten Langzeitsarbeitslose eingesetzt werden". Zwangsverpflichtung von Arbeitslosen? Was war noch einmal das S in SPD?

  • Deutschland hat die Kraft.

  • Ich sehe gerade, dass jemand vor mir bereits den Gedanken mit dem Flüchtlingssoli hatte. Da der Vorschlag von der Linkspartei kommt, wird er sicher abgelehnt werden.

  • Interessanter Artikel.

    Was in einigen Kommentaren schon gesagt wurde: Hier schwingt deutlich die Meinung mit, dass Langzeitarbeitslose per se unqualifiziert und unfähig sind. So weit so Mainstream.

     

    Fakt ist allerdings, dass Langzeitarbeitslose oft in der Tat Experten bei der Bewältigung von sozialen Notlagen sind, solche Fähigkeiten werden in der Situation mehr oder weniger zwingend ausgebildet.

     

    Dass es in dieser gesellschaftlichen Gruppe außerdem Menschen mit ganz verschiedenen Bildungsabschlüssen und beruflichem Hintergrund gibt, ist auch bereits geschrieben worden.

     

    Der Artikel wendet sich interessanterweise nicht gegen den Erwerbszwang an sich, dessen Durchsetzung gegenüber Erwerbslosen durch Druck und Schikanen aller Art betrieben wird.

     

    Aus meiner Sicht ist der Vorschlag weit weniger abwegig als andere Ideen (zumal sich ja gemischte Teams aus "Fachleuten" und _Freiwilligen_ bilden ließen, auch über "training on the job" wurde schon geschrieben), was mit Erwerbslosen oder/und mit Flüchtlingen zu geschehen habe. Das wird aber nicht umgesetzt werden, denn es könnte zur Fraternisierung kommen zwischen den beiden am meisten gekniffen Bevölkerungsgruppen im Wirtschaftswunderland und das werden unsere politschen Entscheidungsträger zu verhindern wissen...

  • "Den Müll der Gesellschaft nach entsprechender Selektion zusammenzupacken und qua Gentrifizierung und Job Center zusammenzuhalten, ist genau das, was a la longue geschehen wird. Und die besseren 2/3 werden das geschehen lassen."

     

    Die "besseren 2/3" wollen das nicht sehen, weil ihnen diese Leute schlicht egal sind - ganz besonders der biodeutsche "Müll der Gesellschaft", dem man ohnehin nicht über den Weg traut, weil sich darunter auch die Nazis befinden, die besonder stumpf, brutal und sichtbar sind. Nazis befinden sich aber auch unter den anderen 2/3, und die Kinder des besseren Mittelstandes erscheinen mir, aus der Nähe betrachtet, auch nicht immer so humanistisch, wie sie sich selbst sehen - vielleicht nicht nazistisch, aber narzisstisch.

     

    Credo der Linken war mal, sich um die Opfer der kapitalistischen Gesellschaft zu sorgen. Inzwischen stelle ich fest, dass der linksliberale gebildete Mittelstand sich vom unteren Drittel immer öfter und deutlicher geradezu angewidert abwendet. Langzeitarbeitslose werden offenbar von jemandem wie Frau Gaus gar nicht mehr als Menschen wahrgenommen, denen damit Unrecht geschieht, dass sie durch Arbeitslosigkeit aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.

     

    Nein, Frau Gaus hat sich offenbar das Verdikt von den Low-Performern zu eigen gemacht, die alle miteinander nichts auf die Reihe bekämen und daher eben langzeitarbeitslos sind - eine unkontrollierbare amorphe Masse, wie Tiere, die man nicht "aufeinander loslassen" darf.

     

    O-Ton Frau Gaus: "Es ist ekelerregend."

    Ekelerregend und zynisch ist die Wortwahl einer Journalistin, die Langzeitarbeitslose ihrer Tonlage nach offenbar wirklich für so etwas wie "Müll" hält.

    • @Marzipan:

      Sollte eigentlich unter den Beitrag von Filou Sophia von 12.09

  • Ich denke, wenn wir einmal davon ausgehen, das wir per anno 800.000 Menschen aufzunehmen und zu integrieren haben, erübrigt sich temporär jede Qualifikationsdebatte. Hier sind alle an jedem Ort am Start. Wichtig hierbei ist aus meiner Sicht, die Steuerpolitik in der EU auf Finanztransaktionssteuermodus zu bringen und in Deutschland die Abgeltungssteuer auf alle, wirklich alle Zinserträge von Bankguthaben anzuwenden. Das sind mal locker 150 Mrd. Euronen per Anno. Und wenn wir es dann noch schaffen, die Luxleak-Steuerschlupflöcher für Großunternehmen zu stopfen, dann wird das Volk von Europa richtig reich. Da geht es laut dradio-Kultur Interview bereits um Billionen Euronen, die unser aller Fiskus durch die Lappen geht. Okay genug geträumt.

  • Ach Leute ...

    Die geforderten "Fachkräfte" - wo nimmt man die dann her? Oder sollen die Flüchtlinge gefälligst irgendwo ausharren, bis ein paar tausend Fachkräfte ausgebildet worden sind? Und wenn ja, wo denn? In Ungarn?

     

    Und warum sollten Langzeitarbeitslose nicht die erforderlichen Fähigkeiten haben?

    OK, ein langzeitarbeitsloser Kanalreiniger oder ein Hochbau-Ingenieur haben vielleicht durch ihren beruflichen Werdegang nicht die richtigen Qualifikationen, (aber vielleicht doch auf anderem Wege erworben), aber es gibt schließlich auch entsprechend qualifizierte Leute. Wo ist das Problem?

     

    Und: Eine gut gemeinte Betreuung ist schließlich besser als *keine* qualifizierte - das sehen wir jeden Tag bei den Freiwilligen.

    Solange niemand gezwungen wird, ist die Sache OK - sicher nicht optimal, klar, aber eine akute Notlage braucht eine akute Notlösung - und nicht die Forderung nach "optimalen" Lösungen, die schlicht nicht möglich sind.

     

    Echt mal: Entweder ist das Problem nicht erfasst worden, oder dieser Artikel ist sinnfreie Polemik - oder beides

    • @uli moll:

      Sie verkennen die politische Lage und die Inhalte des Landes, in dem Sie leben.

      Sollte jeder Bürger exakt den Neoliberalismus anwenden der staatlich erzwungen wird, würde Deutschland implodieren.

      Bsp. Jede Handgriff z.B. für die Mülltrennung in Rechnung stellen. Ähnlich wie es Zahnärzte machen!

       

      Wenn Merkel sagt "Das schaffen wir" meinte sie nicht "wir", sie meinte wohl eher die sozial Schwachen.

      Und wie die EU und Politik schon definierte ist "Freiwilligentätigkeit eine nicht formale Lernerfahrung".

      Netter Nebeneffekt, Freiwilligentätigkeit sind wie der Name schon sagt kostenlos, in Konkurrenz stehend zur allgemeinen Wirtschaft nebst Gesetze.

      Denn wenn es eine Aufwandentschädigung geben würde wiederspricht das den allgemeinen Steuer-/ Wirtschaftgesetzen.

       

      Leider passt Freiwilligentätigkeit so gar nicht in die Lissabon Agenda, geht nur darum das der Staat sämtlicher Verantwortung auf alle Bürger überträgt, sich selbst, Banken, Aktionäre aber viel durch Steuerleistung ohne Gegenleistung verdienen.

       

      Der Mensch als Verfügungsmasse.. Kommen Sie uli moll, aus einer alten Zeitachse?

    • 2G
      24636 (Profil gelöscht)
      @uli moll:

      Das Problem wird darin liegen, dass man gleiche Qualifikation hier regulär entlohnt und dort nicht. Und die Lösung würde z.B. lauten: Wir rekrutieren unter den Arbeitslosen solche, die durch ihre Qualifikationen in die Richtung >tendieren

      • @24636 (Profil gelöscht):

        OK - das ist ein Aspekt, ja. Klar, dass "gleiche Qualifikation" im gleichen Job auch gleich bezahlt werden muss, gar keine Frage.

        Was nichts daran ändert: Dauerarbeitslose Profi-Helfer wachsen auch nicht auf den Bäumen, und selbst, wenn man die alle (zu entsprechendem Konditionen) eingestellt hat, bleibt immer noch Bedarf.

         

        Mir geht es *primär* aber auch nur um die Gegenüberstellung von "Fachkräfte" und "Langzeitarbeitslose" - als würde sich das gegenseitig ausschließen - und um den Punkt, dass eben *jetzt sofort* Leute benötigt werden - und dies durch die Fachkräfte, selbst unter Einbeziehung der derzeit arbeitslosen Fachkräfte, eben nicht abgedeckt werden kann.

        • 2G
          24636 (Profil gelöscht)
          @uli moll:

          Mein Eintrag ging noch weiter, leider hat dieser Editor mit eckigen Klammern scheints ein Problem. Ich sehe das wie Sie. Mein Kommentar ging weiter mit einem Lösungsvorschlag. Arbeitslose, die von ihren Qualifikationen gewisse Grundvoraussetzungen erfüllen, in einem Training on the job einzuarbeiten. Während der sechsmonatigen Trainingsphase würde man das über die Agentur/Job Center finanzieren, danach jedoch regulär. Das wäre eine nachhaltige Form der Arbeitsbeschaffung. Auf solche Programme kommt die SPD heute jedoch nicht mehr. Stattdessen werden die einen Deklassierten gegen die anderen ausgespielt. So wurde ja auch schon gefordert, dass Arbeitslose zu Wachpersonal schnellgeschult werden sollen, dass die einen auch noch die anderen bewachen und kontrollieren.

      • 2G
        24636 (Profil gelöscht)
        @24636 (Profil gelöscht):

        >tendieren

  • Wäre man genauso "Kompromisslos", wie bei der "Bankenrettung" wäre das Problem schon längst gelöst.

     

    Nur so einmal zum nachdenken im Westen, als der Krieg gegen den Terror begann, wo waren all die Menschen im Westen, die vor den Zentralen der Mächtigen protestiert haben? Diese Kriege begleiten die Menschen mittlerweile seit mehr als 14 Jahren, und davor sah es dort auch nicht viel besser aus" Dieser Kampf gegen den sog. Terrorismus wird nie enden. Das dann die Menschen aus diesen Regionen fliehen, ist doch richtig, nur jetzt regt sich im Westen Widerstand?

     

    Nicht gegen die Kriege die vor Ort geführt werden, nicht gegen die Drohnen die täglich Menschen töten, nicht gegen die Waffenlieferungen des Westens, nicht gegen die einseitigen Handelsabkommen, die vor Ort deren Existenzen zerstört haben und täglich zerstören, nein jetzt wird gegen Flüchtlinge in Europa protestiert?

  • Ein zynischer Artikel, der die Anregung von Kraft bewusst missversteht. Für die Ministerpräsidentin sind nicht diejenigen mit (mehrfachen) Einstellungshemmnissen asozial, sondern die Hartz4-Gesetzgebung und ihre Folgen. Früher mussten Erzieher als Erzieher beschäftigt werden und Übersetzer als Übersetzer. Heute muss jeder jeden Job akzeptieren, der "langzeitarbeitslos" ist, also länger als ein Jahr. Das heißt, unsere gut qualifizierten, teuer ausgebildeten Fachkräfte müssen bei Zeitarbeitsfirmen Hilfsarbeit leisten, evtl sogar als Scheinselbständige ohne Sozialversicherung. Das geht schnell. Ob Familie, Krankheit oder Wegfall des Arbeitgebers, einmal ohne Beschäftigung kommt man nie wieder rein ins Berufsleben. Diesen Leuten will Kraft wieder eine Perspektive geben. Sie sollen zurück in den gelernten Beruf, sollen ihre Würde zurückbekommen.

  • Die taz braucht dringend fachkraefte, sofort.

  • Dies ist wohl nicht der einzige Vorschlag in der Flüchtlingsfrage, der strunzdumm ist (um es zurückhaltend zu formulieren). Und das die Ereignisse und die Reaktionen von Politik, Medien und einer euphorisierten Gruppe von Willkommenskulturbegeisterten darauf als eine Anleitung zur (Rechts)Radikalisierung zu verstehen sind, könnte man anhand der Aussagen von Frau Kraft wirklich glauben. Man muss sich aktuell weniger Sorgen machen um die Flüchtlinge als um den Geisteszustand unserer Politiker: das hat auch Herr Kretschmann bewiesen, als er die Verbringung der Flüchtenden in die weite Leere unserer entvölkerten Ostprovinzen vorschlug. Und dann Frau Merkel... wenn diese Dame das Wort Empathie in den Mund nimmt, läuft einem der kalter Schauer den Rücken herunter. Dass kommt davon, wenn man die Bildung von Parallelgesellschaften, in diesem Fall die einer bornierten Politikerkaste, nicht frühzeitig und konsequent unterbindet.

  • Haben langzeitarbeitslose keine qualifikation? Ist daseine kernaussage des artikels?

    Waeren auch die langzeitarbeitsolsen nicht bereit zu helfen?

    • @Demokrat:

      das ist argumentation auf sandkastenniveau.

      ein argument zu verdrehen, um es anschließend der Autorin unterzuschieben ist unterste schublade.

      diese argumentation spiegelt vielmehr das wunschdenken des schreibers , das haar in der suppe zu finden wieder, als die der autorin.

      • @nutzer:

        Ich stimme Demokrat zu:

         

        Es ist eher "Sandkastenniveau", wenn man nicht differenziert, sondern allgemein von "Langzeitarbeitslosen" spricht - in diesem Fall Frau Kraft und Frau Gaus.

         

        Frau Kraft hätte treffender formulieren können, dass aktuell Fachkräfte für die Flüchtlingssituation benötigt werden und dass das eventuell auch eine Chance für einige Arbeitslose sein könnte.

         

        Spätestens Frau Gaus hätte den Begriff "Langzeitarbeitslose" im Artikel kritisieren können, anstatt dessen übernimmt sie das Klischee des "Langzeitarbeitslosen", die man ja nicht auf Flüchtlinge los lassen sollte.

         

        Also nochmal für alle: Arbeitslos zu sein ist ein rechtlicher und gesellschaftlicher Status, sagt aber weder etwas über die Qualifikation noch über die Persönlichkeit des Betroffenen etwas aus.

         

        Und by the way: Auch Menschen, die landläufig keine "ordentlich" abgeschlossene Ausbildung haben, können wahre FACHkräfte sein und das auch in Krisensituationen. Nicht alle, aber auch das schließt sich nicht aus!

      • @nutzer:

        Welches argument wurde verdreht?

        Ich konnte noch nicht einmalmplausible argumente erkennen. Da gibs auch nichts zu verdrehen.

        Aber das mit dem sandkasten stimmt schon.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Den Müll der Gesellschaft nach entsprechender Selektion zusammenzupacken und qua Gentrifizierung und Job Center zusammenzuhalten, ist genau das, was a la longue geschehen wird. Und die besseren 2/3 werden das geschehen lassen, so wie die Tafeln, so wie die Sanktionen im Hartz4-System. Die Deckerzählung über Helldeutschland (Charity und Symbolpolitisierung) zieht einen weiten Kreis und die Medien haben qua ihrer Filter Anteil daran. Denn Dunkeldeutschland, wenn wir uns mal diese dumpfe Stereotypie antun wollen, macht in seinen gewöhnlichen Strukturen keine Auflage, generiert keine Clicks. Nur als Skandalon, wenn man den die Kontraste scharfzeichnen kann. Als Bewegungsmedium könnte das der taz Fragen aufwerfen...

  • Vollkommen irrsinner artikel. Die realitaet wird mal wieder vollkommen ausgeblendet und gleichzeitig die dringlichkeit auch. Diese woche sind mehr als 500000 fliehende zu betreuen. Soll denn nun erst mal auf fachkraefte gewsrtet werden, so in 2 monaten? Welche menschenverachtung. Die bw ist sowohl logistisch als auch personell in der lage an zu packen. Transporte koennen organisiert werden, mobile kuechen bereitgestellt werden, zelte und unterkuenfte aufgebaut........

    aber nein, idiologie geht vor konkreter und schneller hilfe

    • @Demokrat:

      Warum warten? Es gibt jede Menge Sozial Arbeiter die für soetwas qualifiziert sind. Diese "Reserve" freizusetzen ist auch kein Ding der unmöglichkeit. Es gibt eine Unmenge von Ihnen die immer nur Projektweise eingesetzt werden, bevorzugt sauschlecht bezahlt. Sind ja keine festen Mitarbeiter.

       

      Man müsste nur eben das Geld in die Hand nehmen und ihnen eine Bezahlung nach Tariflohn des öffentlichen Dienstes anbieten.

       

      Nagut dann würde sich ja die Bundesregierung ins Eigene Fleisch schneiden. Dann hätten sie ja keine mehr die in den Jobcentern untertariflich ausgebeutet werden.

       

      Einfach eine Ausschreibung machen mit Projekten und sowohl die Dumping Ausbeuter von der Caritas und der Diakonie stehen bereit, auch normale Hilfsorganisationen wie der DRK werden innerhalb weniger Wochen Konzepte vorlegen können und beginnen.

       

      Natürlich braucht man ein paar Wochen dafür.

       

      Aber was sollen Langzeitarbeitslose machen? Sich neben sie setzen und mit ihnen übers Wetter reden? Nach dem Motto, oh deine Frau ist auf ne Miene getreten? Ja meine hat mich auch verlassen.

       

      Das ist purer Aktionismus der Geld sparen soll aber nichts bringt.

       

      Man würde damit nur angagierte Ehrenamtliche durch zwangsverpflichtete ersetzen, diejenigen die sie anleiten, wie Sozialarbeiter fehlen trotzdem noch.

       

      Wäre mir neu, das es an Ehrenamtlichen Helfern mangelt. Es mangelt vorallem an leuten die sie anleiten und sagen wie man effektiv helfen kann. Sollten irgendwo ehrenamtliche Helfer fehlen, dann sollen diejenigen die das Berufsmäßig machen entscheiden und Aufrufe starten. Soetwas kommt vor. dann kommen aber in der Regel auch die Leute.

       

      Mehr professionelle Hilfe statt purer Aktionismus der mal wieder nur Stimmen für die Politiker bringen soll.

      • @Sascha:

        Ich gebe ihnen in einigen punkten recht. Aber latent ist auch bei ihnen die vorstellung vorhanden, dass langzeitarbeirslose unqualifiziert sind. Ich denke, dass langzeitarbeitslose sehr wohl in der lage sind, als nur ueber das wetter zu reden.