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Mollath bei „Beckmann“Einblicke ins Gutachtersystem

Gustl Mollath darf bei „Beckmann“ noch einmal seine Geschichte erzählen. Ungeheuerlich aber sind die Aussagen der Psychiaterin, die auch geladen ist.

Mit hintersinnigem Humor: Gustl Mollath (r.) neben seinem Rechtsanwalt Gerhard Strate. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Es sind die gefühligen, persönlichen Dinge, die man von Gustl Mollath wissen will: Wie geht es ihm nun in Freiheit? Wo ist er untergekommen? Wie war es wirklich, die sieben langen Jahre in der forensischen Psychiatrie? Was hat man ihm dort angetan? Was würde er der bayerischen Justizministerin Beate Merk (CSU) gerne persönlich sagen, säße sie ihm in der Sendung gegenüber?

Mollaths Geschichte, man kennt sie, auch wenn sie immer wieder unglaublich ist. Der Rosenkrieg mit seiner ehemaligen Frau, einer Mitarbeiterin der Hypovereinsbank (HVB) in Nürnberg, brachte Mollath in den Jahren 2003/2004 vor Gericht.

Petra Mollath warf ihrem damaligen Mann vor, sie geschlagen, gebissen, gewürgt und in der gemeinsamen Wohnung festgehalten zu haben. Im Gegenzug zeigte auch Mollath sie an. Zusammen mit anderen Bankmitarbeitern soll sie illegal Schwarzgeld für Kunden in die Schweiz transferiert haben.

Vor Gericht glaubte man der Frau, die Mollaths geistige Gesundheit in Zweifel zog. Von da an nahm man den ehemaligen Oldtimer-Restaurator nicht mehr ernst. Seine Ausführungen zu „Schwarzgeldverschiebungen" wurden als Zeichen für seinen Wahn ausgelegt, Mollath zwar freigesprochen, jedoch wegen Gemeingefährlichkeit in die forensische Psychiatrie eingewiesen.

Zum Popstar avanciert

Erst als ein interner Revisionsbericht der HVB 2012 öffentlich wurde, der Mollaths Vorwürfe in Teilen bestätigte, kam Bewegung in die Sache. Ein Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag deckte auf, dass weder das bayerische Justizministerium noch die Gerichte und die zuständigen Finanzbehörden Mollaths Aussagen je ernsthaft geprüft hatten.

Mehr noch: Ein Richter am Landgericht Nürnberg-Fürth verhinderte absichtlich weitere Ermittlungen durch die Steuerfahnder. „M. = Spinner", vermerkte der zuständige Sachbearbeiter nach dem Anruf in seinen Akten. Zeugen, die Mollath entlasten, wurden nicht gehört und die Justizministerin berief sich bis zum Frühjahr 2013 auf die Unabhängigkeit der Gerichte und auf Mollaths durch Gutachten bestätigte Gemeingefährlichkeit.

Nun aber ist Mollath frei. Das Oberlandesgericht in Nürnberg hat verfügt, dass sein Verfahren wieder aufgerollt werden muss. Seither ist der 56-jährige Mollath, der im blauen Poloshirt und mit einer Topfpflanze im Arm, vor zehn Tagen aus dem Bezirkskrankenhaus Bayreuth entlassen wurde, mehr noch denn je zum Popstar avanciert.

Auf Distanz gehalten

Viele wollen sich nun mit Mollath brüsten. Seit Wochen schon ziehen der Buchautor und CSU-Kritiker Wilhelm Schlötterer und der Grünen-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Martin Runge, mit dem Fall Mollath als Werbeträger durch Bayern.

Nun wollen die Freien Wähler Mollath gerne für den Landtagswahlkampf in Bayern gewinnen. Und die Autovermietung Sixt wirbt mit seinem Konterfei und dem Slogan „Wenn hier jemand verrückt ist, dann Sixt mit seinen Preisen“ in der Süddeutschen Zeitung. Gefragt wurde Mollath dafür nicht. Und als Kritik an der Anzeige laut wurde, ließ das Unternehmen verlauten, man gehe davon aus, dass Mollath mittlerweile eine öffentliche Person sei.

Nun also saß die öffentliche Person Mollath am Donnerstagabend zum ersten Mal seit der Entlassung in einer Talkshow und Reinhold Beckmann und seine Redaktion dürften mächtig stolz gewesen sein, den bekanntesten Psychiatrieinsassen Deutschlands als erste interviewen zu durften. Moderator Beckmann bemühte sich redlich, dem Mann, dessen Schicksal viele Menschen bewegte, nahe zu kommen. So richtig gelang es ihm nicht.

Mollath antwortete so wie immer: Zwar Zynisch und mit hintersinnigem Humor, in erster Linie aber verklausuliert und in wohl überlegten Worten und komplizierten Sätzen, die das Gegenüber – in diesem Fall die Zuschauer – immer ein Stück weit auf Distanz halten. Man mag es ihm nicht verdenken. Wer so in der Öffentlichkeit steht, muss sich schützen. Schwierig wird Mollaths Ausdrucksweise nur dann, wenn es wichtig wäre, Details möglichst klar und schonungslos zu offenbaren.

„Ich weiß nicht, ob ich mich wirklich begutachten ließe“

Die HVB-Bank trifft möglicherweise eine Teilschuld daran, dass Mollath so lange weggesperrt war. Der interne Revisionsbericht, der seine Thesen zu illegalen Kapitaltransfers in Teilen bestätigt, lag der Bank seit 2004 vor. Bis zum Jahre 2012 blieb er jedoch unter Verschluss.

Was Mollath davon halte, will Reinhold Beckmann zu Recht wissen. „Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass man mich indirekt über die perfideste Klinge habe springen lassen, die in Deutschland möglich ist“, antwortet Mollath. Sorgfältig ausgewählte Worte mögen das sein. Was aber lässt sich daraus ableiten?

Auch die bislang kaum gestellte Frage nach Mollaths Mitschuld am Verlauf seiner Geschichte spricht Beckmann an. Schließlich hat sich der 56-Jährige immer wieder der persönlichen Begutachtung durch Klaus Leipziger, den Chefarzt der Forensischen Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth entzogen. Auch hier bleibt die Antwort nebulös. „Es stand schon vorher fest, bevor er mich jemals gesehen hat, was er mir für eine Diagnose geben würde“, sagt Mollath. Trotzdem wird die Sendung von da an wirklich interessant.

Denn was die Psychiaterin Hanna Ziegert, die ebenfalls geladen war, im fröhlichen Plauderton offenbart, ist mehr als ungeheuerlich. „Ich weiß nicht, ob ich mich wirklich begutachten ließe“, sagt sie und führt dann aus, dass es zahlenmäßig nur wenige Gutachter in Deutschland gibt.

Finanziell von Aufträgen der Gerichte abhängig

„Jeder Gutachter hat einen Ruf und nach diesem Ruf wird er von der Staatsanwaltschaft und den Richtern gewählt“, so Ziegert. „Je nach dem, welches Ergebnis ich erreichen will, wird der Gutachter danach ausgewählt.“ Auch seien viele Gutachter, die darüber hinaus keine Aufgaben hätten, finanziell von Aufträgen der Gerichte abhängig. „So ein Gutachter wird darauf achten, dass er nicht in Ungnade fällt", so Ziegert.

Das sei jedem, der in der Branche arbeitet, bekannt. Offenbar auch Mollaths Verteidiger Gerhard Strate, der die Psychiaterin rügt, sie habe aber nun ganz ordentlich aus dem Nähkästchen geplaudert. Die ließ sich nicht beirren. „Die Öffentlichkeit weiß das nicht“, sagt sie. „Bisher hat sich aber auch nie jemand dafür interessiert.“

Für sie träfe das alles natürlich nicht zu, sagt sie noch. Denn die Gutachtertätigkeit mache nur ein Drittel ihres Verdienstes aus. Aber egal, aus welchen Motiven heraus Ziegert ihr Wissen offenbarte, hat sie Recht damit, wären das katastrophale Zustände und das Gutachtersystem an deutschen Gerichten gehörte schnellstmöglich reformiert.

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28 Kommentare

 / 
  • HH
    ha ha ha

    ueber die errichtung von terrorregimen:

    § 20. (1) Das Gericht hat Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären.

    (2) Der Verfall erstreckt sich auch auf Nutzungen und Ersatzwerte der nach Abs. 1 für verfallen zu erklärenden Vermögenswerte.

    (3) Soweit die dem Verfall nach Abs. 1 oder 2 unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind (§§ 110 Abs. 1 Z 3, 115 Abs. 1 Z 3 StPO), hat das Gericht einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den nach Abs. 1 und Abs. 2 erlangten Vermögenswerten entspricht.

    (4) Soweit der Umfang der für verfallen zu erklärenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann, hat das Gericht ihn nach seiner Überzeugung festzusetzen.

  • W
    Wirtschaftsprüfer

    Wie naiv und gutgläubig "das Volk" doch ist.

    Kein Wunder, sind die, die auf Missstände hinweisen doch Querulanten, Paranoiker oder Verschwörungstheoretiker.

    Alles ist gut, es gibt nichts zu sehen, gehen Sie weiter.

    Die (Organisations)systeme dieser Gesellschaft haben keinen Richtigkeitsanspruch. Sie müssen nur funktionieren, möglichst lautlos. So lange sie das tun, ist alles gut. Politik, Justiz, Psychiatrie, Medizin, Wirtschaftsprüfung funktionieren SO, und jeder, der dort beschäftigt ist, WEISS das ebenso wie Frau Ziegert. Daher der Plauderton: es ist NORMAL in dieser Gesellschaft. Wenn mal was in der Presse landet, wird es behoben, nicht mehr. Und? So isses eben. Und eine Öffentlichkeit, die sich primäre für englische Kleinkinder erwärmt und nun wie Beckmann feiern will, dass der "liebe Gustl" nun frei ist, das übliche. Immerhin wird der §63 gefunden, denn DER ist schuld und wird nun repariert. WIE NAIV MUSS MAN SEIN, das zu glauben??

  • Frau Ziegert stellte u.a. fest, dass ein Teil der Gutachter in einer (exklusiven) wirtschaftlichen Abhängigkeit zu der Beauftragung der Erstellung von Gutachten steht. Andrerseits führt Frau Ziegert auch aus, dass Staatsanwaltschaften wie auch Gerichte offensichtlich nicht abgeneigt sind Gutachter nach dem “gewünschten Ergebnis” auszuwählen.

     

    Daraus läßt sich (meine Interpretation!) zumindest der sicher nicht unberechtigte Schluss ziehen, dass ein Teil der Gutachter bei der Beauftragung auch von einem “goodwill” von Staatsanwaltschaften wie auch Gerichten abhängig ist!?

     

     

    Und wenn man die sogenannten “Gutachter” nicht als göttergleiche Wesen ansieht – die frei von menschlichen Schwächen sind – dann dürfte die wirtschaftliche Abhängigkeit einzelner Gutachter zu Beauftragungen nicht gänzlich ausschließen lassen, dass der eine oder andere der sogenannten Gutachter nicht auch versucht sein könnte, die “Erwartungshaltung” seines Auftraggebers zu erfüllen!?

     

    Gäbe es keinen “Fall Mollath” dann mag letzter Gedanke abwegig erscheinen!- Der “Fall Mollath” hat jedoch aufgezeigt, dass (zumindest!) im bayerischen Justizapparat Mechanismen ablaufen können – die fern jeder “qualifizierten Begutachtung” eines Individiums – im Ergebnis zur Einweisung in die Forensische Psychiatrie führen können!

     

    Und wie man im “Fall Mollath” auch erkennen kann, können “nicht-genehme Prognosen” auch jederzeit durch “genehme Prognosen und Fern-Gutachten” ersetzt werden!

     

    Und das “Gutachten nach Aktenlage” und/oder eine “Begutachtung im Gerichtssaal” offensichtlich gängige Praxis sind um die “Unterbringung im Maßregelvollzug” zu rechtfertigen, führt u.a. auch Frau Ziegert aus!- Wenn man hierbei mit einbezieht, dass diese Art und Weise der Begutachtung auch eine Unterbringung auf “unbestimmte Dauer”zu rechtfertigen vermag, dann ist das eine erschreckende Erkenntnis!

  • F
    friedlich

    Wie ich immer schreibe, die Richter sind nicht überlastet, sie sin einfach korrupt. Bei mir hat schon die erste Richterin korrupt verhalten. Ich habe sie darauf als Korrupt bezeichnet, weil sie nicht bereit war die von mir benannten Beweismaterial zu fordern. Anschließen wurde inzwischen mehr als 40 Urteile/Beschlüsse gefällt. Wenn keiner der Richter das Beweismaterial sehen wollte, dann sie sind für mich alle korrupt. Es gilt Aufklärungspflicht, was sie ständig absichtlich verletzt haben und mich daran gehinder haben. Also, ich habe alle beteiligten Richter ca. 70 an der Zahl als korrupt bezeichnet. Entweder gelten hier Gesetze, wozu alle Richter gebunden sind oder sie versuchen einen Urkundenfälscher und Prozessbetrüger Anwalt und Notar vor Strafe zu schützen. Ich habe nachgewiesen, dass eine Richterin nachträglich Protokollberichtigung durchgeführt hat. Dafür wurde ich verurteilt und nicht die Richterin, nur weil ich mich darüber beschwert habe. Alle Richter und Staatsanwälten sind korrupt. Sie halten zusammen gegen uns Bürger. siehe: richterbetrug.com

  • WS
    Winston Smith

    Ein typischer Fall, der zeigt, was psychiatrische Gutachter vor Gericht so ausführen ist hier dokumentiert: http://www.meinungsverbrechen.de/?p=414

  • WS
    Winfried Sobottka

    Jeder Rechtsanwalt, der immer wieder mit Verfahren zu tun hat, in denen Gutachter eine Rolle spielen (Kindschaftssachen, Strafverfahren), weiß es, dass ein Gutachter, der weiterhin Aufträge bekommen will, seine Gutachten so schreibt, wie die Richter sie wollen.

     

    Das ist absolut nicht neu, das müssten auch die Medien schon längst mitbekommen haben...

  • G
    Gast

    Frau Dr. Hanna Ziegert hat recht, ein vom beauftragenden Gericht gut aufgenommenes Gutachten führt eher zur weiteren Beauftragung, und Gutachten zu erstellen ist bei abrechenbaren 80 bis 100 Euro pro Stunde und dem Gutachter für ein Eingangsgutachten zugestandenen etwa einhundert Stunden lohnender als die gewöhnliche Praxistätigkeit. Das ist in anderen Bereichen nicht anders, etwa in Rechtsfragen, bei Baumängeln, etc., nahezu immer bringt ein Gutachten ordentlich Geld in die Kasse.

  • AU
    Andreas Urstadt

    Die Gutachten helfen den Betreffenden nicht. Es wird ja an Berufe vermittelt, die ihr Wissen aus Laborsituationen generieren. Auch die Couch des Psychiaters steht in einem Labor. Ein Labor ist ein Arbeitsraum. Selbst wenn diese Berufe das eigentliche Labor verlassen, generieren und reproduzieren sie dieses Setting. Diese Gutachten sind Teil von Verwaltungsvorgaengen (und de facto so bizarr wie Kraniologie etc, auch daran haben Wissenschaftler mal geglaubt).

     

    Gutachten helfen den Betreffenden nicht, es sind Institutionalisierungen. Institutionalisierungen und Institution sind mit Habermas gesellschaftlich pathologische Symptome. Wenn Dr Ziegert sich eben gar nicht selbst begutachten lassen wuerde, weiss sie immanent warum.

     

    Beispiel: nur in den Laendern der ehem Nazikriegskoalition laesst man Opfer staatl Gewalt haengen, trotz Gutachten. Gilt fuer Folteropfer, Nazi/Stasi-Opfer (und Mobbingopfer). Wie mit Gutachten umgegangen wird ist nach Laendern kontingent. D h GAR NICHT wissenschaftlich.

     

    Gustl Mollath als auch seine Ex benoetigen immer noch beide eine Beziehungsberatung. Ableitbar auchcaus dem, was Mollaths Frau nach der Entlassung sagte. De facto ist es eine Muecke, die juckt noch, Behoerden machten einen Elefanten draus. M E sind die Elefantenmacher gravierend hilfebeduerftig.

  • E
    ewoewo

    Komisch, dass die Poster jetzt ales wissen. Seit Jahrzehnten waren sie unwissend. In Oesterreich geht es noch immer so zu. Geht es darum zu decken, dass die EU ein Terrorregime errichtet zb aus Kostengruenden und nicht zur Lenkung, im Gegenteil.

  • Natürlich hat die Gutachterin recht. Aber so dringend es ist, das System zu reformieren, das reicht gar nicht:

     

    Man muss schnellstens alle Altfälle neu aufrollen und prüfen, wer hier noch völlig zu unrecht in der Psychiatrie einsitzt.

    • @Volker Birk:

      Genau das ist der Punkt und deshalb war der Widerstand gegen das Wiederaufnahmeverfahren bei Mollath auch so groß.

       

      Die unsachgemäße, bequeme Kumpanei der Gerichte mit diversen Gutachtern macht jetzt solche Einweisungen grundsätzlich anfechtbar und überprüfungsbedürftig.

      Insbesondere die Fälle, in denen die "Taten" garnicht einwandfrei geklärt wurden und in denen es sich eigentlich um Bagatellfälle gehandelt hat, die auch eine Inhaftierung nicht gerechtfertigt hätten, müssen überprüft werden.

      Und dann muß auch noch der ein oder andere Kopf rollen.

  • K
    kb

    "Seit Wochen schon ziehen der Buchautor und CSU-Kritiker Wilhelm Schlötterer und der Grünen-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Martin Runge, mit dem Fall Mollath als Werbeträger durch Bayern." - aber sie vermitteln wenigstens die Hintergründe des Falls. Die taz ist, falls sie es versucht hat, bisher weitgehend daran gescheitert.

  • B
    BernddasBrot

    Arnold Gehlen , bekannter Soziologe , hatte einen solchen Vorgang als manipulativ beschrieben.....zumal Manipulation s.E. einer gewaltfreien Lenkung gleichkommt....in diesem Fall dürfte es uns externen Beobachtern klar sein, warum die Justiz derart lange gemauert hat......die Prozessflut, die jetzt hereinbrechen wird, war vorhersehbar....eben für jene, die diese Mauertaktik praktizierten......

  • F
    Fritz

    Ich gehe davon aus, dass Mollat tatsächlich krank war. Was ich nicht verstehe: Was hat er sich zuschulden kommen lassen, dass er sieben Jahre als "gemeingefährlich" weggesperrt. Dass im unterstellt wurde, dass er seine Frau geschlagen habe, reicht dafür nicht, dass er 128 Autoreifen zerstochen haben soll, ebenfalls nicht.

    • @Fritz:

      "Dass im unterstellt wurde, dass er seine Frau geschlagen habe, reicht dafür nicht, dass er 128 Autoreifen zerstochen haben soll, ebenfalls nicht."

      Sie räumen mit dem Konjunktiv" haben soll" selbst schon Zweifel ein. Wie können Sie da so sicher sagen, er wäre krank ?

      Bis eine endgültige Aufklärung vonstatten gegangen ist, gilt die Unschulds- bzw.Gesundheitsvermutung.

      • F
        Fritz
        @lions:

        @Anomalie

        @Volker Birk

         

        Ich gebe hier nur meinen ganz eigenen und persönlichen Eindruck von der Person wieder, den ich aus seinem Auftritt bei Beckmann, seinem Verhältnis zur Wahrheit, seinen Fragen, die er der Gutachterin stellte und nicht zuletzt, dem Bericht im Spiegel gewonnen habe.

    • @Fritz:

      Wieso soll Mollath krank gewesen sein? Bisher spricht ja nichts dafür.

       

      Ein “Gutachten nach Aktenlage” kann ich unmöglich ernst nehmen.

  • GI
    Gutachter in D

    Das mit den Gutachtern ist auch in anderen Bereichen so:

     

    Das Jobcenter hat Gutachter, die Rentenversicherer haben Gutachten und Rehaeinrichtungen, die die Gutachtertätigkeit und die Reha sogar von der Quote der Diagnostizierung zur Erwerbsfähigkeit abhängig machen. Sprich: mind. 90 % muss ein Gutachter, der für die RV arbeitet, als erwerbsfähig einstufen, sonst darf er kein Gutachter der RV mehr sein. Und Reha-Einrichtungen müssen die Patienten entsprechend einer ebenfalls so hohen Quote als erwerbsfähig entlassen, sonst werden die Kliniken nicht mehr als Träger der RV anerkannt. So einfach ist das.

    Und da ist es egal, wie es den Leuten wirklich geht, Hauptsache die Quote stimmt.

    Und da nach solch einer Reha die nicht gesunden Menschen sogar noch kranker sind, müssen sie die behandelnden Ärzte vor Ort eigentlich gleich wieder krank schreiben. Aber das dürfen sie mittlerweile auch nicht mehr, denn die Patienten wurden ja als "gesund und erwerbsfähig" aus der Reha entlassen. Nur hat das sehr oft eben nichts mit dem tatsächlichen Zustand der Menschen zu tun, sondern mit der Quote, die gefordert ist oder eben mit dem Ergebnis, welches vom Auftraggeber gewünscht ist.

     

    Bei Familiengerichten hat auch jeder Richter so seine Gutachter.

     

    Das ist wirklich überall so und kann schlimmes anrichten.

     

    Es gibt auch Gutachter, die für die RV arbeiten, die haben vorgefertigte Texte, die sie nur geringfügig anpassen und dann als "Gutachten" an die RV weitersenden. Manchmal dann auch versehentlich mit falschen Daten ;-)

    • B
      Betroffene
      @Gutachter in D:

      Genau das ist es! Die Zwangspsychiatrisierung fängt bereits bei den Krankenkassen an, die Versicherungsleistungen streichen, wenn keine Psychopharmaka eingenommen werden, oder man sich nicht in eine Klinik setzt. Durch Gutachter findet eine Entmündigung der Bürger statt.

  • Ich bin Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und habe früher als Angestellter der Rheinischen Landesklinik Düren forensische Begutachtungen durchgeführt. Ich kann die Aussagen der Kollegin Dr.Ziegert nur bestätigen und finde, dieses Thema gäbe Stoff für mehrere Folgesendungen.

     

    Besonders möchte ich mich aber auf meine Erfahrungen als früherer ärztlicher Leiter des Behandlungszentrums für Folteropfer Ulm und als ehemaliger Menschenrechtsbeauftragter der Landesärztekammer Baden-Württemberg beziehen und vorschlagen, nun auch die Rolle von Gutachtern in aufenthaltsrechtlichen Verfahren von Asylbewerbern und anderen Flüchtlingen zu untersuchen. Ich habe in diesem Bereich die Erfahrung gemacht, daß Verwaltungsgerichte und Regierungspräsidien regelrecht sich ihre “Hausgutachter” halten, von denen Sie wissen, welche Gutachtenergebnisse sie liefern und daß diese Behörden sich auch bis heute häufig weigern, Gutachter zu berufen, die für diesen Bereich von den zuständigen Ärztekammern zertifiziert wurden. Die Rechtsstaatlichkeit solcher Verfahren wird m.E. hierdurch weitgehend konterkariert. Ich selbst bin bei dem Versuch, die Qualität der bei den entsprechenden Behörden vorliegenden Gutachten an aktuellen wissenschaftlichen Standards zu messen, an deren Widerstand komplett gescheitert.

    • GX
      Gast X
      @Matthias Odenwald:

      Das neu Verabschiedete Zwnagsbehandlungs Gesetz macht die Situation nicht besser.

    • @Matthias Odenwald:

      Ich danke Ihnen für die Offenheit, denn Psychiater haben seit Mollath einen, wie ich finde, schlechteren Ruf, als je zuvor. Da ist Aufklärung nötig und bedarf eben solcher "Nestbeschmutzer" wie Sie und Frau Ziegert.

  • A
    Anonym

    Hallo,

    man sollte die Mitteilungen von Frau Ziegert nicht überbewerten. Eine Unabängigkeit daraus zu schließen, dass noch andre Einkommensquellen vorliegen, ist problematisch, wenn die anderen Einkommensquellen sich auf dasselbe Fachggebiet (Behandlung, Therapie) beziehen.

     

    Ich denke, es stellt sich auch die Frage, in wie weit ist der Maßregelvollzug privatwirtschaftlich organisiert und was folgt daraus? Erklärt das auch die Steigerung der Belegungszahlen, ich weiß es nicht.

     

    Ich denke auch, es sollte die Frage gestellt werden, welche Bestrebungen und welche Lobby hat die Psychiatrie. Für welche Fragestellungen sind überhaupt psychiatrische GutachterInnen geeignet, welche Fragestellungen sind im eigentlichen Sinne fachfremd. Herr Kröber vertritt in seinen Büchern die Auffassung, dass die Psychiatrie für die Täter und die Psychologie für die Opfer zustandig ist. Ob und inieweit diese individuelle und publizierte Meinung von den Fachgesellschaften geteilt wird, weiß ich nicht. Diese Meinung gibt aber einen Eindruck auf eine Sichtweise des Straftäters, die in dieser Allgemeinheit nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht.

    Anonym

  • AU
    Andreas Urstadt

    Ziegert hat schon immanent Recht. Denn die Gutachtertermine waren ja teils ad hoc Sachen ohne Vorwarnzeit, die Methode gilt als unserioes, wurde bei Gustl Mollath aber angewandt, daraus ergibt sich bereits der Verdacht einer gewuenschten Tendenz.

     

    Die Behandlung von Mollath betonte ziemlich schnell Beziehungsebene, nicht Inhaltsebene. Das ist voellig unprofessionell und therapieverdaechtig in Richtung der Aerzte und Beamten. Es ist by the way auch ein Indikator fuer Mobbing. Die Inhalte nicht mehr pruefen, als Spinner abtun hat keinerlei Professionalitaet. Das ist eine eindeutige Stoerung. Das haette auch der Justizministerin SOFORT auffallen muessen.

     

    Die Aeusserung, dass die sich alle kennen, ist so gravierend, dass man Automaten aufstellen sollte, und sich jeder per Geldeinwurf bei Bedarf selbst fuer verrueckt erklaeren sollte mit gueltigem Ticket dahin.

  • M
    mollath

    "Ein Richter am Landgericht Nürnberg-Fürth"

     

    Interessant wäre der Name des Richters!

  • Frau Ziegert hat da nur ein offenes Geheimnis ausgesprochen.

    Das Gutachter-Unwesen an den Gerichten erlaubt es Richtern, einen Großteil der Verantwortung abzugeben und gleichzeitig durch die Auswahl der Gutachter das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Nur so ist es möglich, dass jemand, der von einem Tatvorwurf ja freigesprochen wurde, trotzdem theoretisch bis zum Lebensende wie ein Hochsicherheits-Gefangener behandelt wird. Für die Gerichte ist das eine feine Sache, mit allen Möglichkeiten des Mißbrauchs.

     

    Noch bemerkenswerter fand ich die Beschreibung von Anwalt Strate, wie es das Gericht bewerkstelligt hat, Herrn Mollath in dem Verfahren praktisch unverteidigt zu lassen. Man nehme einen Pflichtverteidiger, der sich vom Angeklagten angegangen fühlt und lehne alle Anträge zur Mandatsniederlegung vom Anwalt und vom Angeklagten einfach ab.

     

    Was die Weigerung von Herrn Mollath angeht, sich ohne Beistand von Leuten begutachten zu lassen, zu denen kein Vertrauensverhältnis besteht, so finde ich das absolut nachvollziehbar und auch angebracht. Immerhin geht es dabei immer auch um die Frage einer Zwangsmedikation.

     

    Wer erst einmal zur Begutachtung freigegeben wird, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Auch die Autorin dieses Artikels ist unterschwellig der Versuchung erlegen, sich zum Gutachter Mollath's aufzuschwingen. Da werden dann selbst seine sorgfältig ausgewählten Worte zu Indizien eines möglicherweise pathologischen Charakters. Wie soll überhaupt jemand aus diesem Labyrinth jemals entkommen?

  • Es ist doch lange bekannt,daß nur ein Lügner eine Entlaßchance aus der Forensik hat http://www.amazon.de/gp/product/384485293X?ie=UTF8&force-full-site=1&ref_=aw_bottom_links