Krise in Griechenland: Schäuble droht Hilfe an
Ist die Ankündigung neu, dass Athen neue Hilfsmilliarden bekommt? Merkel lehnt einen weiteren Schuldenschnitt für den Krisenstaat ab.
ATHEN/BRÜSSEL taz | Hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) überhaupt etwas Neues gesagt? Steffen Seibert kann dies nicht erkennen: „Es gibt nichts Neues“, sagt der Regierungssprecher am Mittwoch in Berlin.
Am Tag zuvor hatte Schäuble auf einer Wahlkampfveranstaltung in Ahrensburg bei Hamburg eingeräumt: „Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen.“ Seither ist die Notlage in Athen im deutschen Wahlkampf angekommen, obwohl sich die Regierung bislang nach Kräften bemüht hatte, die Eurokrise – und ihre Belastungen für den deutschen Steuerzahler – nicht zu thematisieren.
Auch wenn Schäuble also offiziell „nichts Neues“ gesagt hat, lässt sich eine Akzentverschiebung ausmachen: Es ist ein Unterschied, ob man ein Hilfsprogramm als Notwendigkeit einräumt – oder bisher nur nicht ausgeschlossen hat. Denn nun stellen sich die unangenehmen Fragen, die die Regierung bisher umschiffen wollte: Wie viel Geld wird Griechenland benötigen? Wird es einen weiteren Schuldenschnitt geben?
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) blieb dabei, möglichst vage zu sein. Wie viel Geld an die Griechen fließen wird, sei offen. „Welche Summen gegebenenfalls nötig sind, kann ich heute nicht sagen. Das können wir erst Mitte des nächsten Jahres sagen“, sagte sie in einem TV-Interview.
Klar ist: Merkel wie Schäuble lehnen einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland ab – er würde dazu führen, dass direkt deutsches Steuerzahlergeld verbrannt wird. „Das würde eine Verunsicherung in der Eurozone herbeiführen, die uns vielleicht wieder an den Anfang bringt. Und das werde ich mit aller Macht verhindern“, sagte die Kanzlerin.
2012 hatten die privaten Gläubiger Griechenlands auf 106 Milliarden Euro verzichten müssen. Seither liegen über 80 Prozent der griechischen Schulden bei staatlichen Institutionen wie der Europäischen Zentralbank, den Eurostaaten und dem Internationalen Währungsfonds.
Bisher kennt die EU-Komission keine Beschlüsse
In Brüssel reagierte man etwas überrascht auf das Wahlkampfmanöver der Deutschen. Der EU-Kommission war Schäubles Sicht neu, dass Griechenland nach 2014 weitere Finanzhilfen bekommen soll. Bisher habe es weder ein Eurogruppen-Treffen noch irgendwelche Beschlüsse gegeben, sagte eine Sprecherin von Währungskommissar Olli Rehn. Wenn überhaupt, würde erst im Herbst entschieden, wenn die neuesten Troika-Berichte vorliegen.
Auch die Griechen nehmen wahr, dass sie in Berlin Thema sind. „Griechisches Wahlfieber in Deutschland“, titelte die auflagenstärkste Zeitung Ta Nea. Sie hält es für keinen Zufall, dass der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen am Mittwoch und Donnerstag Athen besucht, um die griechische Regierung zu treffen. Ta Nea glaubt zu wissen, dass es darum ginge, eine auf über 10 Milliarden Euro geschätzte Finanzlücke in den Jahren 2014 und 2015 zu schließen.
Der Asmussen-Besuch sei ein Novum in der Schuldenkrise, meint der renommierte Finanzjournalist Jannis Angelis: Erstmals würde die EZB das Zepter in die Hand nehmen und derart deutlich die Initiative ergreifen.
Am Mittwochnachmittag traf Asmussen Finanzminister Jannis Stournaras und wurde anschließend von Ministerpräsident Antonis Samaras empfangen. Viele Griechen fürchten, dass neue Hilfen auch ein neues Sparpaket bedeuten. Ein linksliberales Blatt titelte: „Schäuble droht mit neuer Hilfe“.
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