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Kommentar zur GroKo-KlimapolitikHätte, hätte, Menschenkette

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Unrealistische Ziele und weiche Kompromisse: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD steht im Zeichen eines klimapolitischen Tiefschlafs.

Keine Ambitionen: Mit der potentiellen Regierungskoalition wird der Klimaschutz zum Sorgenkind Bild: dpa

W er das nächste Mal behauptet: „Ist doch eh egal, wer regiert“, muss als Strafarbeit die zwölf Seiten des Energiekapitels im Koalitionsvertrag auswendig lernen. Selbstverständlich kann niemand wissen, wie ein schwarz-grünes Bündnis ausgesehen hätte, aber beim Thema Klima und Energie hätten sich die Grünen mit einem dermaßen windelweichen Kompromiss wohl nicht nach Hause getraut.

Kann man über die Bremse für die Energiewende noch debattieren, fällt das Urteil über diese potenzielle Regierungskoalition mit Blick auf ihre Ambitionen beim Klimaschutz verheerend aus. Bei einer der wenigen konkreten Zahlen, die auf diesen wolkigen 185 Seiten stehen – Reduzierung der Treibhausgase um 40 Prozent bis 2020 –, wissen alle, dass sie so nicht zu erreichen ist.

Man kann das jetzt moralisch betrachten und sagen, die Große Koalition ruiniere die Zukunft unserer Kinder. Man kann es machtpolitisch sehen und den Einfluss der Lobbyisten beklagen. Oder analytisch erklären, dass bei den unterschiedlichen Sichtweisen zwischen Union und SPD (oder eher: zwischen Wirtschafts- und Ökoflügeln dieser Parteien) nicht mehr drin war.

Sicher wird die SPD-Basis wegen dieser Passagen den Vertrag nicht ablehnen, auch wenn mehr Engagement für die Zukunftsthemen Energiewende und Klimaschutz der Koalition insgesamt gutgetan hätten.

Der Koalitionsvertrag ist eine Herausforderung

Hätte, hätte, Menschenkette: Vor allem ist dieser Koalitionsvertrag eine Herausforderung für die Menschen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Umweltverbänden, denen die Zukunft nicht durch den Blick auf einen Schornstein verstellt ist. Er ist eine Aufforderung, sich in den nächsten vier Jahren vehement in die Energiepolitik einzumischen.

Da muss die Renaissance der Kohle verhindert werden. Da gilt es, wenigstens einiges in die Gesetze zu schreiben, was sinnvoll wäre. Die tatsächliche Klimapolitik von Schwarz-Rot wird nur durch Druck und Transparenz verbindliche Regeln für Wärmedämmung oder Effizienz, den Ausbau der Erneuerbaren oder den Emissionshandel bekommen.

Aber das wird nicht einfach. Klimaschutz und Energiewende sind unter dem Dauerfeuer der Lobbyisten zu Sorgenkindern geworden. Auf den Koalitionsvertrag können sich Klimaschützer kaum berufen. Sie müssen sich anderswo Verbündete suchen. Auf die zukünftige Regierung können sie da nicht zählen.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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3 Kommentare

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  • U
    Udo

    Dem Klima ist es egal, ob wir die Emissionen um 40%, 20& oder gar nicht senken. Wenn es sich aendert, dann jedenfalls nicht deshalb.

  • Der Begriff "Energiewende" ist sogar im Ausland bekannt. Man beobachtet sehr genau, was in Deutschland gemacht wird. Daher denke ich, die Vorbildfunktion ueberwiegt die Bedeutung der eingesparten Emmissionen. Man sollte also auch die Auswirkung auf die Wirtschaft beachten. Wenn alle Welt sieht, dass Deutschland sich durch eskalierende Kosten ruiniert hat, wird das dem globalen Ausbau von Renewables nicht helfen. Soll heissen, man sollte auch Kompromisse eingehen.

  • Was die Regierung vernachlässigt, müssen "wir" selbst machen.

    Auto stehen lassen, nicht beim Kohle/Atomstromer kaufen. Licht aus überall wo sich niemand aufhält.

    Grundsätzlich gilt: Augen auf beim Energieverbrauch.

    Dafür braucht niemand eine Regierung; diese schon gar nicht.