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EU-Kommissar will TTIP durchdrückenNationale Parlamente ausschalten

Handelskommissar de Gucht will per Gerichtsbeschluss erreichen, dass der Handelspakt EU-USA ohne Zustimmung der nationalen Parlamente zustande kommt.

Handeskommissar Karel de Gucht hat Angst, dass sein umstrittenes Handelsabkommen in den Parlamenten abgelehnt wird Bild: reuters

BRÜSSEL afp | EU-Handelskommissar Karel de Gucht will im Streit über die Hürden für die Verabschiedung des geplanten transatlantischen Handelsabkommens TTIP mit den USA offenbar vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen. Die Kommission habe „die feste Intention, in den kommenden Wochen hierzu vor den Gerichtshof zu gehen“, heißt es in einem Protokoll über ein Treffen de Guchts mit Europaabgeordneten vom 1. April. De Guchts Sprecher bestätigte am Dienstag, dass es dabei um TTIP ging.

Die institutionellen Hürden, die TTIP bis zum Inkrafttreten nehmen muss, dürften maßgeblich für die Erfolgsaussichten des umstrittenen Paktes sein. Zwei Möglichkeiten gibt es: TTIP könnte als reines Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA gewertet werden. In so einem Fall müssen am Schluss lediglich die Mehrheit der EU-Regierungen und das Europaparlament zustimmen.

Höhere Hürden haben sogenannte gemischte Handelsabkommen – hier müssen am Schluss neben dem Europarlament nicht nur die Mehrheit, sondern alle EU-Länder zustimmen beziehungsweise ratifizieren.

In Deutschland hat bei gemischten Abkommen der Bundestag Mitspracherecht. Er könnte TTIP also allein zu Fall bringen, falls der Vertrag entsprechend eingestuft wird. In Deutschland ist das Abkommen umstritten. Befürchtet werden unter anderem Absenkungen der Standards beim Verbraucherschutz auf Drängen der USA.

In den Hauptstädten herrscht dem Vernehmen nach die Ansicht vor, TTIP müsse die höheren Hürden nehmen. Ein EU-Diplomat bekräftige am Dienstag, Deutschland sei weiter der Auffassung, dass es sich um ein gemischtes Abkommen handele. Ein anderer Diplomat sagte, alle Regierungen hätten de Gucht zum Start der Verhandlungen klargemacht, es werde ein gemischtes Abkommen.

De Gucht will aber nicht zulassen, dass die Regierungen „der EU gemischte Abkommen aufzwingen“, wie es in dem Protokoll von Anfang April heißt. Daher wolle er die Frage vom EuGH entscheiden lassen. „Die Kommission plant offensichtlich, die nationalen Parlamente beim Abschluss der Abkommen auszuschalten“, kommentierte die Fraktions-Vizechefin der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn.

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat eine zurückhaltende Einschätzung. Einem aktuellen internen Gutachten zufolge ist noch gar nicht entscheidbar, was für eine Art Abkommen TTIP werde und welche Hürden der Pakt nehmen muss. Denn dafür komme es auf den konkreten Inhalt an – der wird derzeit noch verhandelt - hinter verschlossen Türen.

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18 Kommentare

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  • Europa, Du komisches Ding

    Die anderen Kommissare stimmen zu? – Oder haben die ihren Kollegen an den Bürostuhl gefesselt und geknebelt Mister Öttinger und Mister StopiberIn Westeuropa hab ich schon viel gesehen, Portugal, Spanien, Frankreich, Monaco, Italien, Griechenland, Kroatien, Österreichund Niederlande. Ich liebe Europa. Ich bin leidenschaftlicher Europäer und Stolz,m ich bin wirklich stolz Europäer zu sein.Was mir vor allem gefällt, sind die vielen, vielen alten Kulturen und eigentümlichen Strukturen, Sprachen und Dialekte, Speisen und Gewürze, Musik und Philosophie und Lebensart. . Auf so engem Raum, das gibt es nirgendwo auf der Welt. Nordafrika ist die Quelle, Europa die Wiege der Zivilisation. Die Reisefreiheit ist toll, wenn man sie sich leisten kann und ohne undurchsichtige Verwaltungsvorschriften, die einen ins Messer laufen lassen, wenn man krank wird, oder sich verletzt. Rußland wird immer Autokratismus vorgeworfen, aber hhhhA, was ist denn das in Europa? Wir dürfen, uns wurde gewährt ein fast nichtsnutziges Parlament zu wählen, aber eine Wirtschaftsreform, die ganz europa betrifft, jeden Einzelnen, die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen umkrempelt, in eine ungewisse Zukunft, eine solche Reform dürfen wir Europäer nicht wählen. Das Freihandelsabkommen mit den Vereunigten Staaten spielt das im Europawahlkampf eine Rolle?

  • Und hier kann man schauen, wie der persönliche EU-Kandidat dazu steht --> http://www.ttipcheck.eu/

  • De Gucht gilt als antisemitischer Rassist:

    http://de.wikipedia.org/wiki/De_Gucht#Kontroversen

     

    Tja, passt aber leider nicht ganz ins Weltbild einiger, die ihn als Vollstrecker des US-Kapitals hier sehen wollen.

    Auch die härtesten antisemitischen Verschwörungstheoretiker werden sich noch dran gewöhnen müssen, dass das EU-Kapital auch in Konkurrenz zum US-Kapital steht. Konkurrenz ist nämlich die Grundlage des Kapitalismus und nicht irgendwelche bösen US-Mächte.

  • "... dafür komme es auf den konkreten Inhalt an – der wird derzeit noch verhandelt - hinter verschlossen Türen."

     

    Demokratie live. Allerdings wissen wir bereits genug um zu wissen, dass wir TTIP nicht wollen.

     

    Die HERRschaften werden sich noch wundern.

  • wat nu..? Herr Karel de Gucht... ist sehr Ùnanständig´ ... Undemokratisch...

    und seine Ideen verditschen die EU an die USA- Kapital/Industriemächte..

    --------------

    Wurde Russland erneut als `Reich des Bösen´ definiert.. (wg. dem Mist in der Ukraine) um dies TTIP durchzuzwingen?

    Herrn Karels Idee "geht nicht" !!

  • Es gilt als Verschwörungstheorie, hinter all dem Geschehen ein System zu erkennen, welches die gesamte Welt umspannt und jeden Bereich erfasst

     

    G. W. Bush prägte die Worte: "Eine neue Weltordnung erschaffen"

     

    Für mich ist einzig und allein die Frage, wie die Geschichte ausgeht: wehrt sich die gesamte Menschheit mit radikalen Methoden wie ein explodierendes Fass oder lässt sie sich klein kriegen und in diesem Fass einmachen?

  • 1. Wie wählt man einen EU Handelskommissar ab? Ich weiß, guter Witz.

     

    2. Wieder einmal ein Angriff auf die Grundfeste unseres Staates. Welche andere Abhilfe als aktiver Widerstand steht dem Bürger denn hier zur Verfügung?

     

    3. Wieso müsste im Fall des gemischten Abkommes nur der Bundestag zustimmen?

    Für mich ist das so glasklar eine Sache auch für den Bundesrat....

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die Vorgänge um die Ukraine sind Kindergartengezänk verglichen mit diesem massiven Angriff auf die Demokratie. Politiker wie de Gucht sind längst von der Lobby eingenordet, Gabriel und Merkel ebenso. Auf die kann man nicht hoffen, die vertreten andere Interessen als die des Volkes.

  • Dass Karel de Gucht ein Lakai der us-europäischen Großkonzerne ist, das ist bekannt. Dass er aber nun so offen die Abschaffung der Demokratie in Europa betreibt, haut mich um.

    Kann mir jemand sagen, was man/frau dagegen tun kann??

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Tastenpunk:

      Geh' wählen - und zwar die Richtigen, die DEMOKRATISCHEN Parteien. Das sind nicht viele, die großen ganz bestimmt nicht!

      • @1714 (Profil gelöscht):

        "Geh' wählen" - zu spät! Wenn es wieder so weit ist, dann sieht die Welt ganz anders aus - z.b. steht im TTIP, dass kein Staat jemals wieder aus dem Vertrag austreten kann, wenn er einmal beigetreten ist, NIE mehr!

         

        DA steht mehr dazu:

         

        http://www.monde-diplomatique.de/pm/2013/11/08/a0003.text

         

        Es ist Zeit das wir alle RADIKAL werden!

        • @shumil:

          Eben, der Staat kann nicht aber seine Bürger.

  • Dieser EU-Handelskommissar Karel de Gucht - endlich ein Name und ein Gesicht! - ist nicht demokratisch vom EU-Parlament gewählt worden, auch nicht von den Europäerinnen und Europäern der 28 EU-Staaten. Dieser Karel de Gucht ist nicht legitimiert, die demokratisch gewählten Regierungen der EU zu übergehen und die demokratische Mitbestimmung zu beseitigen. Er hat nicht das Recht die Regierungen der EU zu zwingen, das TTIP nur nach dem Willen der EU-Kommission in nicht öffentlicher Verhandlung zu beschließen. Die geheimen Verhandlungen der EU-Kommission über das TTIP sind zu beenden.

     

    Der Handelskommissar Karel de Gucht ist nicht Herrscher der EU, auch die EU-Kommission selbst ist nicht Herrscher der EU.

     

    Mit w e l c h e n und w i e v i e l e n EU-Abgeordneten hat dieser Typ denn gesprochen und sich eventuell abgestimmt? Vor allem die deutschen EU-Abgeordneten möchte ich namentlich wissen, und zwar noch vor dem Wahltag am 25. Mai 2014!

     

    Taz, AFP und dpa sowie Spiegel, ZEIT, FAZ, Süddeutsche, Berliner Zeitung, Freitag, Le Monde diplomatique etc. bitte übernehmen Sie! Die Recherche!

    • @Gerda Fürch :

      Liebe Gerda,

       

      ich gebe Dir in allem Recht, außer bei der Auswahl deiner Kandidaten, welche die Recherche übernehmen sollen.

      Diese genannten Medien wollen uns nur die politische Meinung der herrschenden Klasse aufzwingen (siehe NSA, Ukraine, Drohnenkrieg ignorieren ect.) und bringen gar nichts einschließlich TAZ! Versuch es doch mal mit NachDenkSeiten, Junge Welt usw.

       

      LG Michael

      • @Mengel Michael:

        Auch an dieser Stelle meinen Dank für die Tipps, der vermutlich ebenfalls nicht veröffentlicht wird - TAZ am Ende!

  • "… ist noch gar nicht entscheidbar, was für eine Art Abkommen TTIP werde und welche Hürden der Pakt nehmen muss. Denn dafür komme es auf den konkreten Inhalt an – der wird derzeit noch verhandelt - hinter verschlossen Türen."

     

    Taschenspielertricks solcher Provenience sind normalerweise

    nur von nunja Staatsgebilden wie früher Albanien - & heute Nordkorea bekannt.

  • Und da wundert man sich noch über die Erfolge von irgendwelchen Anti-Europa-Parteien.

  • "...Protokoll über ein Treffen de Guchts mit Europaabgeordneten vom 1. April..."

     

    Ha, erkannt: Ein verspäteter Aprilscherz!! Anders kann ich mir diesen Irrsinn nicht erklären...