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Bootsflüchtlinge in ItalienGerettet, und dann?

Nach den Schiffskatastrophen von 2013 hat Italien seine Flüchtlingspolitik geändert. Vor der Wahl werfen Linke wie Rechte der EU Indifferenz vor.

Geretteter Flüchtling aus Afrika an der Reling eines italienischen Marineschiffs. Danach fangen die Probleme an Bild: reuters

ROM taz | Ein Tunesier war es am letzten Sonntag, der der Autobahnpolizei an einer Raststätte auf der A3 in Unterfranken ins Netz ging. An Bord seines Wagens mit italienischem Kennzeichen hatte der 32-Jährige drei Syrer, die er nach Schweden bringen wollte. Am Mittwoch erwischte die Polizei auf demselben Autobahnabschnitt einen Senegalesen, ebenfalls mit einem in Italien zugelassenen Auto unterwegs. Der Mann kam als mutmaßlicher Schleuser in Haft; er transportierte gleich elf Flüchtlinge.

Fluchtwege: Zu Tausenden kommen in diesem Frühjahr Menschen in Süditalien an, nach der Überfahrt vor allem von Libyen aus, Menschen jedoch, die oft genug gar nicht nach Italien wollen, sondern weiter, nach Schweden oder Norwegen, Holland oder Deutschland. Sie stammen aus Nigeria oder aus Palästina, aus dem Sudan oder aus Somalia – und zu einem beträchtlichen Teil aus Eritrea und Syrien.

Doch wenn es nach den anderen Staaten der EU geht, sollen sie gefälligst in Italien bleiben. Lange her scheint die Welle des Entsetzens, die im Oktober 2013 nach zwei Tragödien quer durch Europa schwappte: Am 3. Oktober geriet direkt vor Lampedusa ein Flüchtlingsschiff in Brand und kenterte dann. 368 Eritreer ertranken nur ein paar hundert Meter vom rettenden Ufer entfernt, unter ihnen viele Frauen und Kinder.

Und nur acht Tage später kamen mehr als 200 Syrer ums Leben, als ihr Schiff im offenen Meer zwischen Malta und Lampedusa unterging. Stundenlang hatten die Menschen an Bord des leckgeschlagenen Kutters auf Rettung gewartet, während sich die italienischen und die maltesischen Behörden nicht einigen konnten, wer für die Rettung zuständig war. Als endlich die italienische Marine eintraf, war es für viele zu spät.

Ihr Auftrag: Rettung

Die Bilder der Hunderte auf der Mole von Lampedusa aufgereihten Särge gingen um die Welt. Aus allen Ecken Europas waren Politikerschwüre zu vernehmen: Schwüre, dass der Kontinent seine Flüchtlingspolitik umsteuern müsse. Umgesteuert hat vorerst nur Italien. „Mare Nostrum“ heißt der seit Oktober 2013 laufende Einsatz, bei dem Schiffe der Marine, der Küstenwache, der Finanzpolizei kontinuierlich zwischen Italien und Libyen auf Patrouillenfahrt sind, bei dem Flugzeuge das Meer nach Flüchtlingsschiffen absuchen. Neu ist nicht nur der massive Einsatz, neu ist vor allem der eindeutige Auftrag: Rettung.

„Mare Nostrum“ ist effizient – wenigstens bis zur Ankunft der Boatpeople in Italien. Dann aber zeigen sich die Behörden heillos überfordert. Die Aufnahme wird zur Lotterie für die Flüchtlinge, die nach einem nationalen Verteilungsschlüssel in die verschiedenen Kommunen des Landes gebracht werden. Mal sind es kleine, vorbildliche Einrichtungen, mal die großen Asyllager, in denen oft katastrophale Zustände herrschen.

Das Chaos ist aber auch Chance: Viele derer, die weiterwollen, raus aus Italien, machen sich unbemerkt auf, mit dem Zug oder dem Auto – und wenn sie Glück haben, sind ihnen dann noch nicht die Fingerabdrücke abgenommen worden, die eine sichere Rückschiebung nach Italien bedeuten würden.

In Italien aber wächst der Unmut. Das Land fühlt sich schlicht alleingelassen. Im Europawahlkampf tönt Silvio Berlusconi, jeder Flüchtling koste den Staat 1.000 Euro im Monat, dabei gehe die Frage „alle europäischen Staaten an“. Wenigstens in diesem Punkt herrscht Konsens unter allen Parteien: Europa ist gefragt.

Europa muss helfen

Egal ob die Linke unter Matteo Renzi, die Berlusconi-Rechte oder Beppe Grillos Fünf-Sterne-Protestliste: Alle verlangen eine europäische Aufnahmepolitik, alle wollen freies Reiserecht für die Flüchtlinge in der EU. „Ein Problem, das wir nicht allein lösen können“, bringt Grillo den Konsens auf den Punkt. „Globalisierung der Indifferenz“: Der frühere italienische Außenminister Franco Frattini fasst seinerseits zusammen, was die meisten Bürger Italiens über die EU in diesem Punkt denken.

Auch der Einsatz von „Mare Nostrum“ werde vorerst fortgesetzt, verspricht Innenstaatssekretär Flippo Bubbico im Parlament, doch auch hierfür will Italien die Konditionen mit Europa neu aushandeln. Auf monatlich 9 Millionen Euro beziffert Innenminister Angelino Alfano die Kosten der Aktion. Von Frontex, rechnet Italien vor, sind für die beiden italienischen Einsatzzonen in Richtung Libyen und Richtung Ostmittelmeer aber fürs ganze Jahr 2014 nur 12 Millionen zu erwarten.

Alfano schlug dieser Tage auch gleich eine Lösung vor: Das Land könne ja einfach seine Kosten für die Sicherung der europäischen Außengrenze von seinen regulären Beiträgen für den EU-Haushalt abziehen. Dazu wird es wohl nicht kommen – doch Italien will seine europäische Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2014 nutzen, um seine Forderungen in der EU zu stellen.

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46 Kommentare

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  • REICHER Kontinent AFRIKA!

     

    Blieben die ganzen begehrten Bodenschätze den afrikanischen Völkern - und nicht irgendwelchen ausländischen Spekulanten/ Profiteuren oder eigenen Despoten (Gold, Kupfer, Erdöl, Silber, Diamanten, Coltan, Silber, Kakao, Fisch und sämtliche andere Ressourcen)...

     

    ...so würde sich sehr wahrscheinlich kein Mensch von dort fortbewegen, nur um als Flüchtling auf dem Europäischen Kontinent ein weiteres elendes Leben zu fristen, - bzw. a.d. Mittelmeeresgrund enden!

  • Statler , Moderator

    Liebe Kommune,

    natürlich zensieren wir Kommentare, die gegen die Netiquette verstoßen.

     

    Vielen Dank für Ihr Verständnis

    • @Statler:

      Dann solltet Ihr aber bitte mal beachten, dass dort sehr oft Antworten dranhingen, die Ihr mit den Bach habt runter gehen lassen. Diese waren teilweise (z.B. @rölke-sommer) sehr informativ. Lasst Euch bitte dazu mal was einfallen, diese nicht mit zu löschen.

      "Vielen Dank für Ihr Verständnis" ;)

  • Bus und Bahn.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    "Stundenlang hatten die Menschen an Bord des leckgeschlagenen Kutters auf Rettung gewartet, während sich die italienischen und die maltesischen Behörden nicht einigen konnten, wer für die Rettung zuständig war."

     

    Es gehören alle, die über die Notsituation im Bilde waren und nicht umgehend Rettungsmaßnahmen einleiteten, vom Dienst suspendiert, natürlich ohne Pensionsanspruch, der unterlassenen Hilfeleistung und fahrlässigen Tötung angeklagt. Im Einzelfall ist sicherlich auch zu prüfen, ob nicht eine vorsätzliche Behinderung der Rettungsmaßnahmen stattfand.

  • damit sollte gesagt sein: die zusammenhänge von flucht und sex+gender+begehren sind komplex und auch für die heutigen bootsflüchtlinge auf dem weg nach Europa nicht einfach in weiblein./. männlein darzustellen.

    nehmen Sie den BAMF-bericht für 2011 http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2011.pdf?__blob=publicationFile da finden Sie ein klein bißchen was - woran das interessanteste ist, dass der anteil weiblicher vom herkunftsland UND vom möglichen fluchtweg abhängig zu sein scheint. andererseits - oder auch als bestätigung dadür - nehmen Sie die zahlen bei http://data.unhcr.org/syrianrefugees/regional.php da überwiegen die weiblichen leicht.

    noch mal andererseits: wenn Sie nachgucken, wieviele kinder+frauen vor Lampedusa oder auch Malte bzw. im mare nostrum ersoffen sind, dann verschiebt sich das bild wieder leicht - macht aber auch wieder deutlich: männliche, jugendliche wie erwachsene, haben offenkundig die besseren überlebenschancen.

    oder noch anders gesagt: vor der festung Europa, vor dem verschließen von luft+landwegen, waren mehr frauen unterwegs.

     

    zum nächsten: da scheint mir 'white men saving brown women from brown men' zu wirken. wenn man sie läßt, sind flüchtlinge of all three+x sexes konstruktiv. man muß nur darauf verzichten, alle jungs mit gewalt bei den bauhilfsarbeitern unterzubringen - und alle mädchen in den putzkolonnen.

    im asylverfahren wird übrigens nach schule+beruf gefragt. es fängt nur niemand/kaum jemand was damit an, zumindest bei der bundesagentur für arbeit nicht. zudem: die hürden zur anerkennung eines abschlusses aus nicht-USA/Kanada/Australien sind immer noch hoch. das zum einen. zum anderen gibt es in der großen weiten welt berufe, die hier noch nie bekannt waren oder aber heutigentags als lehrberuf ausgestorben sind.

    • @christine rölke-sommer:

      wer, wie sie, sich im formaljuristischen paralleluniversum bewegt wie ein fisch im wasser, wer begriffsexegese bis an der grenze zum korinthenka*n betreibt, der muss sich auch den vorwurf gefallen lassen, dass der begriff des "flüchtlings" natürlich einen unausweichlichen existentiellen fluchtgrund insinuiert, den es in einem verfahren erst noch zu beweisen gilt (in der meistens nicht nachgewiesen werden kann).

       

      der begriff "flüchtling" ist also ein bewusst eingesetzter manipulativer begriff, der diskurse um legitimität und berechtigung dieser art von migration schon im vorfeld abwürgen möchte.

      • @bulk_reply_13:

        Naja-, wer um das Wort „Flüchtling“ herum, dermaßen abschätzig eine „Begriffsexegese“ betreibt, wie Sie das hier tun, klingt auch nicht gerade so nach einem wahrhaftig diskursiv sein wollendem Legitimitäts- Prüfen. Klingt bei Ihnen eher so, wie ein schon immer vorverurteilen wollendes: Sind eh alles Lügner und Betrüger oder jedenfalls Versager, also unsere nordischen Sozialsysteme ausräumen wollende, südländische Halunken.---Kann ja sein, dass Sie das genau so wollen, dass es sich bei Ihnen dermaßen so anhört.

        • @H.-G- S.:

          mir geht es nur darum, zu erkennen, dass die meisten der sog. flüchtlinge sich wirtschaftzlich verbessern wollen, was ich verstehen und nachvollziehen kann.

          es ist aber genauso nachvollziehbar, dass man hier nichts zu verschenken hat.

          • @bulk_reply_13:

            was für eine sog.erkenntnis wird denn da versucht, unters volk zu werfen?

            anders rum: die meisten flüchtlinge/asylsuchenden und wanderarbeiterinnen, gehen davon aus, dass sie so schnell wie möglich das tun können, was sie bislang auch schon taten: nämlich sich (und ihre lieben) durch verkauf ihrer arbeitskraft zu ernähren. nach möglichkeit so, dass sie nicht am hungertuch nagen müssen. etliche-und das sind in aller regel die, welche vor staatlicher politisch motivierter verfolgung fliehen, nehmen dabei auch in kauf, dass sie sich wirtschaftlich verschlechtern - liegt daran, dass die wenigsten über eine üppig gefüllte portokasse nebst sicher angelegtem kapital verfügen.

            geschenkt wollen die leutz nix haben. aber sie möchten sich auch nicht über gebühr ausbeuten (wie z.b. in der fleischindustrie) und schurigeln lassen - was ich verstehen und nachvollziehen kann.

            • @christine rölke-sommer:

              off-topic: und wieder hat die von ihnen geschätzte religion des friedens zugeschlagen, jetzt zum zweiten mal in brüssel.

              • @bulk_reply_13:

                wie, die hebräischen neo-nazis haben in Brüssel zugeschlagen? allein oder zusammen mit vlams belang?

            • @christine rölke-sommer:

              wovon die migranten ausgehen und was am ende des tages tatsächlich wirtschaftlich bilanziert wird sind zwei paar schuhe.

              • @bulk_reply_13:

                Und sehen Sie denn überhaupt keine Chance, dass solche Flüchtlinge, deren möglicherweise unverschuldete, sie drangsalierende Not von Fall zu Fall erwiesen wäre, dass diese also dann, nachdem man sie hier nun so „beschenkt“ hätte, mittels eines durch eigenen Fleiß und Arbeitspensum sich einstellenden wirtschaftlichem- wie auch immer kleinteiligen- Reüssierens in Deutschland, einen eigenen Beitrag zur Prosperität ihres Aufnahmelandes leisten könnten? Es fehlen hier doch immer wieder Arbeitskräfte auf diversen Stellen, in die jene ja dann einsteigen könnten-oder was weiß ich was. Ich will mich hier nicht als Fachmann aufspielen. Aber ein ähnlich dergestaltes Nehmen und Geben dürfte in einer ständig so prosperierenden Volkswirtschaft, doch keine so große Schwierigkeiten bereiten. Arbtgeberpräsident Kramer hat erst gerade noch appelliert:“ `schland braucht bei weitem mehr Zuwanderung ausländischer Fachkräfte, auch solche OHNE STUDIUM.“ ---Allein schon aus Gründen dieses volkswirtschaftlichen Aspektes und dem zwischenmenschlichen Gesichtspunkt, müsste doch ein auszutarierender modus vivendi gefunden werden können.

                Und wenn dann am Ende immer noch ein paar erweislich nur Hilfe in Anspruch Nehmende übrig bleiben sollten, muss halt tatsächlich neu gerechnet werden und eventuell auftretende ECHTE Schwierigkeiten müssten klar benannt und berücksichtigt werden (Quoten z.B.)

      • @bulk_reply_13:

        der begriff flüchtling ist definiert. kukstu GFK.

        man muß ihn nur ernstnehmen - was ich tue.

         

        und was sollte sonst noch so insinuiert werden?

        • @christine rölke-sommer:

          die meisten flüchtlinge sind sogenannte asylbewerber (betonung auf bewerber).

           

          im übrigen haben sie meine argumentation schon verstanden, ich nehme ich ihnen das selektive dummstellen, wenn es ihnen in den kram passt, nicht ab

          • @bulk_reply_13:

            soll das jetzt ein "kommentar" oder ein "sogenannter kommentar" sein?

            im übrigen ist auch 'schland an die GFK gebunden.

    • @christine rölke-sommer:

      war als antwort an Ada Zaurak gedacht.

  • Grenzen auf! Grenzen auf! Grenzen auf!

    Jeder und jede, der oder die nach Europa kommen will, soll dies tun können. Er muss sich, wie jeder andere auch, am Ort seiner Wahl niederlassen können und beim Einwohnermeldeamt eintragen lassen. Dann kann er, wie jeder andere auch, Arbeit suchen, Geld verdienen und seinen Lebenstraum erfüllen so gut es geht. Damit zahlt er, wie jeder andere auch, Steuern und ist ins Wirtschaftsleben integriert. Alles andere wird, wie für alle anderen auch, in Gesetzen geregelt, die das menschliche Zusammenleben zum Wohle Aller organisieren.

    GRENZEN AUF!

    • @bouleazero:

      Grenzen auf für alle?

      Wetten nicht? Pech gehabt!

    • @bouleazero:

      Hier sind aber ein paar Kommentare verschwunden. So läuft der Hase also.

      • @qwertzqwertz:

        ja, kommentare verschwinden oder accounts werden gesperrt - willkommen im club.

        dadaistische kommentare im stil eines dr. rer. nat harald wenk werden allerdings durchgewunken.

        • @bulk_reply_13:

          Vielleicht eines noch: in der Diskussion oben haben Sie natürlich in allen Punkten recht. Man sieht da sehr schön, wie Ihre Konkurrenten Wunsch und Wirklichkeit vermengen.

           

          Tatsache: die Asylbewerber sind größtenteils Anhänger der Mittelschicht. Es sind in der weit überwiegenden Mehrheit keine politisch Verfolgten. Die Asylbewerber schaden ökonomisch den Industriestaaten während sie ihren Heimatländern ökonomisch nützen könnten.

           

          Reaktion der Gutmenschenfraktion: man suggeriert einfach das Gegenteil, indem man durchweg das Wort "Flüchtlinge" verwendet (das haben Sie bereits herausgearbeitet).

           

          Tatsache: die Asylbewerber sind nicht ausreichend ausgebildet, um in den deutschen Arbeitsmarkt integriert zu werden. Die Hälfte hat bestenfalls einen Grundschulabschluss. Aslybewerbern fehlen die Sprachkenntnisse. Deutschland hat einen Mangel an Arbeitsplätzen für Geringqualifizierte. Es gibt keine Jobs für diese Asylbewerber.

           

          Reaktion der Gutmenschenfraktion: Leugnung: "Es fehlen hier doch immer wieder Arbeitskräfte auf diversen Stellen, in die jene ja dann einsteigen könnten-oder was weiß ich was." (H.-G.-S.)

          Oder Verzerrung der Tatsachen: um zu belegen, dass Asylanten dem Aufnahmeland keine Kosten verursachen, weitet Frau Rölke-Sommer die Gruppe der Asylbewerber auf alle Zugewanderten (!) aus. Das reicht aber noch nicht, also schaut sie nach Italien, wo "Sozialleistungen prinzipiell nur in Verbindung mit einem bestehenden oder verlorenen Arbeitsplatz" (derwesten) ausbezahlt werden. Dann kann sie endlich schließen, dass Asylanten nur einen geringen Anteil der italienischen Sozialhilfe erhalten - natürlich, denn nur wenige haben einen Job.

          Gleichzeitig lehnt man natürlich alle anderen Zahlen ab, am liebsten per ad hominem-Argument ("dem glaub ich nicht, der ist voll Nazi").

          • @qwertzqwertz:

            die frau rölke-sommer weitet nicht einfach aus, weil sie das so lustig findet, sondern weil ihr aus jahrzehntelanger beruflicher tätigkeit bekannt ist, dass die kappung von legalen zuwanderungswegen dazu führt, dass am ende auch wanderarbeiter*innen nichts anderes übrig bleibt, als erst mal einen asylantrag zu stellen, um das tun zu können, was sie eigentlich tun wollen. ob das wanderarbeiter*in-dasein wirtschaftlicher not geschuldet ist oder aber einer bestimmten ökonomie, die etwas älter ist als die durchsetzung deutscher gastarbeiterpolitik im EU-rahmen - man wüßte es, würde man endlich die konvention zum schutz der wanderarbeiter ratifizieren und umsetzen. das ist das eine.

            das andere ist: die frau rölke-sommer verwies auf eine untersuchung zu Italien, welche sich mit dem beitrag von migranten zur italienischen wirtschaft beschäftigt. und deren ergebnis der des italienischen ausgesprochen mächtige autor von http://dieausrufer.wordpress.com/2013/10/06/das-rettungsflos/ wie folgt zusammenfaßt: "dass entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung Zugewanderte, egal ob aus Nordafrika oder Osteuropa, 134 Milliarden Euro erwirtschaftet und damit zu 9,5% zum Bruttoinlandsprodukt beigetragen haben; kleinteilig in Handwerk und Dienstleistung, in Berufen in denen etwa Meister sonst keine Lehrlinge mehr finden. Im Gegenzug lasten sie nur zu 2,5% auf den sozialen Systemen einschließlich der Ausgaben im Gesundheitssektor."

            ich weiß ja nicht, wievieler menschen es braucht, um im jahr 2010 "134 Milliarden Euro" zu erwirtschaften - mehr als 1,2,3 dürften es schon sein.

            • @christine rölke-sommer:

              der automatisierte massen-antworter, der quasi nur offensichtliche selbstverständlichkeiten zur verlautbarung bringt (schlimm, dass das überhaupt notwendig ist) bemerkt folgendes:

               

              um in den genuss eines "schutz der wanderarbeiter" zu kommen muss man erst einmal den status eines solchen haben - asylbewerber sind keine wanderarbeiter.

               

              die argumentation, dass menschen in den asylprozess förmlich gezwungen werden, weil es für sie keine andere art der einwanderung gäbe ist eine pervertierung des ursprunglichen asylgedankens und auch des bestehenden rechts.

               

              damit wird natürlich auch gleichzeitig zugegeben, dass politische- und ähnliche migrationsgründe beim asyl sehr häufig eben keine rolle spielen.

              • @bulk_reply_14:

                ichsachmaso: die, wo den asylgedanken pervertieren, das sind genau diesselben, wo andere möglichkeiten verschließen. also staaten wie 'schland, welches mit seinem netto(zahler)gewicht andere staaten zwingt, die ökonomie+praxis von wanderarbeit zu verlassen.

                und wanderarbeit ist nur 1 beispiel!

                 

                eine völlig andere frage ist, ob die eine+andere subjektiv asylgründe hätte.

                wer sich in der materie auskennt weiß: sie hätten/haben. sind aber froh+glücklich, wenn sie es darauf nicht ankommen lassen müssen, sondern als für dieses+jenes nützlich vorübergehende, wiederkehrende oder dauerhafte aufnahme finden.

            • @christine rölke-sommer:

              die frau rölke-sommer hält es nun für ausgesprochen dusslig, die deutsche asyl-exklusions-politik auf die ökonomien süd-europas zu übertragen. nicht nur, dass man darüber vergißt, dass es nicht die asylsuchenden (und wanderarbeiter*innen) waren, welche sich das deutsche asylbewerberleistungsgesetz, also das arbeitsverbot!, ausgedacht hatten. man ignoriert darüber auch, dass sich anderswo ohne dies dusslige gesetz die ökonomie von wanderarbeit immer wieder und dennoch auch anders, in neuen, zum teil auch formen von da-bleiben durchsetzt.

              darüber, welcheschulische wie berufliche bildund migrant*innen mitbringen, sagt das erst mal garnichts aus. da müßte man schon genauer nachfragen. meine persönliche erfahrung sagt mir allerdings, dass die meisten mehr mitbringen als noch nicht mal den grundschulabschluß. dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass die meisten "Anhänger der Mittelschicht" sind/sein könnten. oder aber über ein bildungspotential verfügen, welches menschen hierzulande systematisch abtrainiert wird.

              • @christine rölke-sommer:

                Welche "hierzulande abtrainierten Bildungsinhalte" brächten diese Leute denn konkret so mit? Und! : Würden solche denn hier, von der vorherrschenden wirtschaftlichen Wertschaffungsideologie überhaupt nennenswert anerkannt werden und also entsprechend entlohnt? Will sagen: Damit werden die doch auch hier, womöglich auf keinen Grünen Zweig kommen können. Warum sollten diese Fähigkeiten denn sonst unszulande abtrainiert worden sein? Wünschen kann man sich das schon, dass neu hinzu kommende Mitmenschen auch hierzulande, immer noch genaubesehen NOTWENDIGE, ihnen noch nicht abtrainierte Arbeitsfertigkeiten beisteuern könnten, davon also mal ganz abgesehen. Aber wie mglw. fundamental (kultural) verschieden, wird halt die Wertschätzung vorgenommen werden bzw. wie armselig würde sowas bezahlt werden.

                • @H.-G- S.:

                  je nun, im museum für ... findet die eine+der andere eine stelle als restaurateurin kostbarer teppiche. und reixche lassen sich ihre perser-teppiche auch gern original reparieren.

                  für die industrie ist das nichts. die stellt teile her, welche schneller auseinanderfallen als der schlechtest-handgeknüpfte bettvorleger. - in dem bereich gibt es vieles, was, wenn es gut geht, eine nische in handwerk und kunsthandwerk findet. ich habe aber auch schon kfz-mechaniker getroffen, die unter kriegsbedingungen gelernt hatten, wahre wunder zu vollbringen. - könnte ja sein, dass gedanke+praxis von nachhaltigkeit hier ein umdenken bewirken....

                  und bildungsinhalte im engeren sinne? nun, auch anderswo wird gedacht, filosofiert .... und vermutlich könnte der einsatz der vielen hier aufenthältlichen filosofie-lehrerinnen aus afrika und vorderasien mehr bewirken als die einführung von islam als ordentliches religionsfach, beispielsweise (stattdessen fahren die taxi oder schulen auf erzieherin/altenpfleger um, wenn's gut geht).

                  guter gartenbau ist kulturell garnicht so verschieden - man müßte ihn sich halt was mehr kosten lassen als die 1-juro-schobs. so gibt es viele praktische wie denkerische fertigkeiten.... die als konkurrenz zur großen industrie neu und/oder wieder stark gemacht werden könnten.

          • @qwertzqwertz:

            Sollte jemand sich unzweifelhaft als Nazi herausgestellt haben, kann man solch einem Typen ja wohl tatsächlich, gar nix mehr glauben. Das dürfte doch wohl bei jedem, der klar bei Verstand ist, Konsens sein. Oder sollte das bei Ihnen, etwa anders sein?

            Zum eigentlichen Thema:

            Gegen Ihre ziemlich stumpfe, weil hinsichtlich genauerer analytischer Herleitung, eher unbelegt gebliebene Behauptung: „Deutschland hat einen Mangel an Arbeitsplätzen für Geringqualifizierte. Es gibt keine Jobs für diese Asylbewerber“, -- führe ich hier nochmals, die im Gegensatz zu Ihnen, immerhin erweislich kompetente Aussage des deutschen Arbeitgeberpräsidenten an: „ Deutschland braucht bei weitem mehr Zuwanderung ausländischer Fachkräfte auch OHNE STUDIUM… der Höhepunkt dieses Problems wird uns mit voller Wucht, in fünf bis zehn Jahren treffen“ (ende des zitats)

            Also, Ihr dagegen sehr oberflächlich gebliebenes, persönliches Drauflosbehaupten, wird gegen diese Kompetenz ja wohl kaum bestehen können. Oder?

            Hinsichtlich der festzustellenden, sehr häufig vorliegenden, beruflichen Qualifikationen dieser Menschen, von denen hier die Rede ist, hat @christine rölke-sommer hier ihre rechtsanwaltlich erfahrenen Ausführungen beigesteuert.

             

            N.B. Und dass Sie Ihre Ausführungen dann auch noch, unter der von Ihnen selbst so ernannten Rubrik „Tatsachen“ aufführen, macht Einen dem Ganzen Duktus gegenüber, doch eher misstrauisch. Als „Gutmensch“ lasse ich mich in diesem Fall ohne weiteres bezeichnen, kein Problem solange ich in einer Sache, um ernsthaft fundierte Gesichtspunkte weiß! Aber Ihren persönlichen Sachverstand, den Sie hier anklingen lassen möchten, den müssten auch Sie erst noch, näher ausführend belegen.

            • @H.-G- S.:

              Ich verstehe Ihren ersten Absatz nicht. Beleidigen Sie mich als Nazi oder jemand anderen?

               

              Der Arbeitgeberpräsident wird die Interessen der Arbeitgeber vertreten. Die Arbeitgeber haben ein Interesse an Einwanderung, da sie durch das gestiegende Arbeitsangebot die Arbeitskosten (z. B. Löhne) senken können, und gleichzeitig nicht an den Kosten für arbeitslose Einwanderer beteiligt werden.

              • @qwertzqwertz:

                Natürlich will ich Sie nicht als Nazi bezeichnen und hier auch keinen konkret Anderen!

                Diese Verworrenheit kommt ja daher, dass Sie in dem von Ihnen gesetzten Klammervermerk selber, den Begriff so ominös halbkonkret verwendet haben. Welcher normal für etwas argumentierende oder daraufhin dagegen kritisierende Zeitgenosse, ließe sich schon gern mit dem Stigma Nazi konfrontieren. Solange sowas nicht konkret klar gemacht werden kann, sollte man sowas ganz weg lassen.

        • @bulk_reply_13:

          Das ist ja scharf. Ich habe mich erst heute hier angemeldet, weil ich der TAZ mal eine Chance geben wollte. Das war's dann für mich. Schönen Abend noch.

      • @qwertzqwertz:

        So war das schon immer. Liegt wohl auch daran, welche Schnarchnase gerade im Buero ist.