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Protest gegen Reform des AsylrechtsFlüchtlinge besetzen Grünen-Zentrale

Aktivisten haben die Geschäftsstelle der Grünen in Berlin besetzt. Die Partei soll am Freitag gegen die Verschärfung des Asylrechts stimmen.

„Solidarität statt Abschottung“: die Bundesgeschäftsstelle der Grünen am Mittwoch Bild: dpa

BERLIN taz | Etwa 50 Flüchtlinge und AktivistInnen haben am Mittwochvormittag vorübergehend die Bundeszentrale der Grünen in Berlin besetzt. Die BesetzerInnen betraten gegen 10.30 Uhr die Geschäftsstelle der Partei und hängten ein Transparent mit der Aufschrift „Solidarität statt Abschottung“ an einem Balkon des Gebäudes auf. Auf Flugblättern forderten sie die Grünen-VertreterInnen der Länder auf, gegen die von der Bundesregierung geplante Asylrechtsreform zu stimmen.

Anlass ist die für Freitag geplante Abstimmung über eine Verschärfung des Asylrechts im Bundesrat. CDU und SPD planen mit der Novelle des Gesetzes, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen.

Asylanträge aus den drei Ländern könnten so schneller als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden. In den ersten acht Monaten dieses Jahres kam jeder sechste Asylantrag aus diesen Ländern. Nur 0,3 Prozent der Anträge wurde positiv beschieden. Der Bundestag hatte das umstrittene Gesetz bereits Anfang Juli beschlossen, nun muss noch der Bundesrat zustimmen.

Den Grünen kommt bei der Abstimmung am Freitag eine Schlüsserolle zu: SPD und CDU haben keine eigene Mehrheit in der Ländervertretung und benötigen die Zustimmung von mindestens einem der sieben Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung.

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peters, erklärte am Mittwoch gegenüber den BesetzerInnen: „Wir sind ein offenes Haus, wir wollen ihnen zuhören.“ Auf einer Pressekonferenz in der Parteizentrale forderten die AktivistInnen neben einem Nein der Grünen zum neuen Asylgesetz einen Abschiebestopp, die Aufhebung der Residenzpflicht und ein Ende der Unterbringung in Sammelunterkünften.

„Das Gesetz ist die faktische Abschaffung des Asylrechts für Menschen aus diesen Ländern“, erklärte eine Aktivistin auf dem Podium. Insbesondere den Roma in den betreffenden Ländern würde die Möglichkeit genommen, rassistischer Verfolgung in ihren Herkunftsländern zu entkommen, sagte sie.

Keine Versprechen

Im Anschluss an die Pressekonferenz erklärte sich Peters zu einem Gespräch mit den Flüchtlingen bereit. „Wir sehen das als ein Angriff auf das Recht auf Asyl“, sagte sie über die Reformpläne der Bundesregierung. Ihre Partei wolle die Lebensumstände der hier lebenden AsylbewerberInnen verbessern: „Wir wollen eine Abschaffung der Residenzpflicht und des Asylbewerberleistungsgesetzes, damit die Leute ihren Lebensunterhalt selber verdienen können“, so Peters.

Peters sprach sich für eine Ablehnung des Gesetzentwurfs aus, über den der Bundesrat am Freitag abstimmt. Dass jedoch alle Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung ablehnen würden, konnte sie nicht versprechen.

Nach gut zwei Stunden verließen die BesetzerInnen die Geschäftsstelle freiwillig, Anzeigen gab es keine. Die AktivistInnen kündigten für die kommenden Tage auch Besuche in anderen Parteizentralen an. Für Freitag ist zudem eine Protestkundgebung gegen die Verschärfung des Asylgesetzes vor dem Bundesrat geplant.

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5 Kommentare

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  • Komisch dass auf dem Bild zum Artikel nur scheinbare Antifa-Hipster zu sehen sind.

  • Chapeau den BesetzerInnen

     

    nihil ex nihilo -

    & wieder mal erhebt das Wort

    Reform -

    Anspruch auf "Unwort des Jahres"

     

    Asyl - DAS Grund- und Menschenrecht

    post Nazi-Deutschland&WK II -

     

    längst im mainstream von

    CDU/CSU/SPD/Grüne

    ohne Not bis zur Negligable

    geschreddert - plus cordon sanitäre

    wird um sichere Drittstaaten weiter

    denaturiert -

    was ja nur die Rechtsprechung

    auf Vordermann bringen soll!

     

    alles als glatter Hohn -

    genannt eine Reform -

    &die Grünen mit einem

    mehr als durchsichtigen Deal

    am Fliegenfänger -

     

    wie ekelhaft menschenverachtend

    ist das denn!

  • Selbstverständlich für baldige Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge und ArbeitsmigrantInnen -

    die wollen schließlich nicht den Deutschen auf der Tasche liegen und übelkübel Lagerfraß essen, sondern selbst kochen.

    und ein Gesetz, das Herkunft als sicher definiert ist unmenschlich und unsinnig.

    So sicher wie AKWs per definition sicher sind!

    • @nzuli sana:

      Wieso sind Länder aus Ex-Jugoswlaien unsicher bezüglich politischer Verfolgung?

  • D
    D.J.

    Also, fassen wir zusammen:

    Peters ist gegen verkürzte Verfahren z.B. bei Serben. Peters ist für Arbeitserlaubnis (vom 1. Tag an?).

    Und welcher Serbe, welche Serbin kommt dann nicht auf den Gedanken, mal eben für ein halbes Jahr Arbeit einen Asylantrag zu stellen? Ich werde diese Leute und ihr Asylverständnis nie verstehen (damit meine ich nicht die Asylbewerber, die haben verständliche Interessen).