piwik no script img

Kommentar Maut-BeschlussLabyrinth der Sonderregelungen

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Eine absurde Veranstaltung: Der Gesetzentwurf der großen Koalition zur Mautgebühr erinnert an die Hotelsteuer aus schwarz-gelben Tagen.

Die Mautgebühr soll nun auch für Pkw kommen. Bringt nicht viel, sagen Kritiker. Bild: AP

A lexander Dobrindt, der CSU-Verkehrsminister, hat es endlich geschafft: Das Kabinett hat seine Pkw-Maut beschlossen.

Aber der Widerstand gegen die „Infrastrukturabgabe“ ist nach wie vor groß. Die AutofahrerInnen fühlen sich übers Ohr gehauen, weil sie fürchten, dass es für sie am Ende doch teurer wird als angegeben. Die EU-Kommission hält die Regelung für eine „indirekte Diskriminierung“. Und die DatenschützerInnen wittern ohnehin das ganz große Fiasko.

Tatsächlich ist der Gesetzentwurf, an dem nach all der Kritik wild herumgeschraubt wurde, ein Wirrwarr aus Vorschriften, Ausnahme- und Sonderregelungen. So sollen Pkw mit ausländischen Kennzeichen nur auf Autobahnen bezahlen müssen, InländerInnen auf Autobahnen und Bundesstraßen. Für die AusländerInnen soll es zudem verschiedene zeitlich abgestufte Tarife geben. Und inländische AutofahrerInnen, die nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen fahren, sollen sich die Gebühr, die mit der Kfz-Steuer „verrechnet“ wird, zurückholen können. Und dann noch das: Elektroautos und kommunale Fahrzeuge sollen erst gar nicht zahlen.

Das erinnert alles ein wenig an Desaster wie das mit Hotel-Steuer – eine Lachnummer aus schwarz-gelben Zeiten. Ein ähnliches Schicksal darf die Maut erwarten. Dabei ist die Idee, AutofahrerInnen stärker zur Kasse zu bitten, keinesfalls absurd. Doch es sollte gerecht und transparent sein: Alle zahlen für alle Straßen. Das darf dann auch ein wenig teurer sein.

Das verhindert nicht nur den sogenannten Mautausweichverkehr von Autobahnen auf Landstraßen, um die Gebühr zu sparen. Das animiert vielleicht dazu, öfter mal die Bahn statt das Auto zu nehmen. Vorausgesetzt, die Lokführer streiken nicht, die Züge sind pünktlich und die Tickets werden nicht alle naselang teurer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!