Michael Moore for President: Meine Wahlversprechen
Werde ich nominiert, werde ich kandidieren. Werde ich gewählt, werde ich den USA dienen. Und zwar mit diesem Programm.
I ch will nicht offiziell meine Kandidatur für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika verkünden. Ich sage lediglich: Sollte ich mich dazu entschließen, meinen Hut in den Ring zu werfen, würde ich die folgenden Maßnahmen vorschlagen – wenn ich denn gewählt werden würde:
1. EIN LADEKABEL! Ich werde eine Verordnung unterzeichnen, die verkündet, dass es nur noch ein Ladekabel für alle Marken und alle Elektrogeräte – Telefone, Computer, Tablets, Musikanlagen, Kameras und alles andere – geben wird. Allein das wird dafür sorgen, dass ich gewählt werde. Aber ich habe noch ein paar weitere Versprechen.
2. Ich werde ein Gesetz erlassen, mit dem das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt wird. Ein Teenager, der mit 18 Jahren in der Lage ist, für sein Land zu sterben, sollte mit entscheiden dürfen, wer ihn in den Krieg schicken wird.
3. Sollte es Krieg geben und müssten wir in einem Land einmarschieren, werde ich als oberster Befehlshaber dafür sorgen, dass zuerst die erwachsenen Kinder aller Kongressabgeordneten, des Präsidenten und des Kabinetts eingezogen werden (und dann, in dieser Reihenfolge, die Kinder der CEOs der Reichsten 500, alle Hersteller von Waffen und Kriegsgeräten und die Führungsebene aller wichtigen Medien). Das sollte die Zahl der Kriege drastisch reduzieren.
4. Ich werde dafür sorgen, dass HBO für jeden frei zugänglich ist.
Filmregisseur und Autor Michael Moore, der der taz für die Recherche zu seinem neuen Film einen Besuch abstattete, hat diesen Text für die US- Wochenschrift The Nation verfasst. Hier erscheint er in gekürzter Fassun.
5. Ich werde alle Studienkredite erlassen. Wir werden wieder zu einem System der Werkstudenten, Förderung, Stipendien und kleinen zinslosen Darlehen zurückkehren.
6. Ich werde das Budget des Pentagons um 75 Prozent kürzen. Wir werden trotzdem noch einen der weltweit größten Militärapparate haben – und die Möglichkeit, diesen um ein Vielfaches in die Luft zu sprengen. Nur eben nicht mehr ganz so oft wie zuvor.
7. Alle Amerikaner werden dieselbe kostenlose Krankenversicherung erhalten, die auch den Kongressabgeordneten zusteht.
8. Diese universelle Krankenversicherung wird kostenlose Psychotherapien und Zahnarztbehandlungen anbieten. Wenn die meisten Amerikaner bei Bedarf ihre Zähne und ihren Kopf reparieren lassen können, werden die Kosten (und der Bedarf) von Arztbesuchen sinken.
9. Die Reichen werden prozentual einen ebenso hohen Anteil an Sozialabgaben von ihrem gesamtem Einkommen zahlen wie jeder Angehörige der Mittelschicht auch.
10. Wir werden zu der Einkommensteuer zurückkehren, die wir hatten, als der große Republikaner Gerald Ford Präsident war. Das war’s. Wir müssen nicht zurück in die Eisenhower-Zeit, als die Reichen mehr als 90 Prozent der Einkommensteuer entrichteten. Gehen wir nur zurück zum letzten Republikaner vor Reagan, als die Elite etwa 70 Prozent zahlte.
11. Hochgeschwindigkeitszüge. Mehr gibt es nicht zu sagen.
12. Ein Verbot von Maissirup mit hohem Fruchtzuckergehalt. Dieses billige „Gift“ (Juristen haben mich gezwungen, den Begriff in Anführungsstriche zu setzten) ist aus einer Reihe von Gründen in der zivilisierten Welt sehr selten. Das mag der Grund sein, warum diese Staaten eine niedrigere Diabetesrate haben als die Vereinigten Staaten.
13. Jede/r, der dabei erwischt wird, wie er oder sie ihr Mobiltelefon im Kino benutzt, wird zu „rektaler Rehydration“ verurteilt (vielen Dank, liebe CIA, für diese Empfehlung!).
14. Machen wir es so wie die Kanadier: ein Nahezu-Verbot von Handfeuer- und halbautomatischen Waffen. Eine achtwöchige Wahlsaison. Eine Rückkehr zum Stimmzettel. Keine Fernsehwerbung für Medikamente. Strenge Regeln für Banken und Finanzmärkte. Ein Verbot, bürgerliche Freiheiten nach einem terroristischen Anschlag zu beschneiden. Handel mit Kuba. Und eine Reduzierung der Downs beim Football auf drei.
15. Alle Schulen werden wieder Staatskunde unterrichten. Wenn junge Menschen mit 16 wählen, sollten sie wissen, wie das alles funktioniert und wie sie Ärger machen können.
16. Alle Schüler sollen Schreibschrift lernen. Schaffen wir doch nicht eine Sache ab, die wir alle beherrschen, die uns alle einzigartig macht. Das ist unser kreativer Fingerabdruck. Wir sind keine Maschinen. Wer bekommt nicht gerne eine handgeschriebene Nachricht?
17. Wir werden keine Theokratien unterstützen. Ihr wisst, dass ihr gemeint seit. Hört auf damit. Und beendet euer schändliches, unmenschliches Tun. Da können wir gleich bei uns selbst anfangen. Nach 35 Jahren, in denen ich mich in diesem Land an von rechten Christen angezettelte Gesetze halten musste, reicht es mir. Um als Präsident meinen Teil beizutragen, werde ich einen beliebigen Homosexuellen heiraten, der dazu bereit ist.
18. Alle Amerikaner sollten verbindlich vier Wochen bezahlten Urlaub bekommen. Menschen arbeiten besser, wenn sie glücklich und ausgeruht sind.
19. Private Firmen werden keine Gefängnisse mehr besitzen oder betreiben; Gefängnisse werden von der öffentlichen Hand zur Sicherheit der Allgemeinheit betrieben. Sie werden nicht länger als Ort der Strafe dienen, sondern mehr als Trainings- und Entzugszentren. Sie werden nicht länger dazu missbraucht, um ethnische Minderheiten, die ohnehin nichts zu sagen haben, einzukerkern.
20. Wir Amerikaner werden versuchen, nett zu sein – zueinander, zur Welt und zu uns selbst. Als Präsident werde ich mit gutem Beispiel vorangehen. Ich werde Bildung und Aufklärung ganz oben auf jede Prioritätenliste schreiben. Und die Beseitigung der Ignoranz ernenne ich zu meinem wichtigsten Ziel. Ignoranz verursacht Angst, Angst verursacht Hass, und Hass verursacht Gewalt. Diese Gleichung galt in Amerika viel zu lange. Der Weg zur Besserung beginnt mit meiner Wahl.
Und jetzt lasst uns alle kanadischen Football auf HBO schauen.
(Übersetzung: Marlene Halser)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene