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Ungeliebt, abgewählt

■ Gestern ließ die PDS in Mitte ihre eigene Baustadträtin Karin Baumert abwählen

Oft haben die Medien am Beispiel der Baustadträtinnen in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain in den letzten Wochen zu verdeutlichen versucht, wie schwer es Frauen in diesem männerdominierten Geschäft hätten. Doch nur auf den ersten Blick ließen sich die Stadträtinnen Karin Baumert, Dorothee Dubrau und Martina Albinus in einen Topf werfen – zu unterschiedlich waren ihre Probleme. Die PDS-Stadträtin Albinus ist dem Vorwurf ausgesetzt, zu investorenhörig zu sein, die bündnisgrüne Dubrau gilt als amtsmüde, und Karin Baumert hat keine Freunde mehr, zumindest nicht in der eigenen Fraktion. Anders als ihre beiden Kolleginnen wurde sie deshalb gestern abgewählt, auf Antrag der PDS-Vorsitzenden in Mitte, Sylvia Jastremsbki.

Eine Liebesheirat war die Nominierung der parteilosen Baumert durch die PDS von Anfang an nicht gewesen. Immerhin lagen zwischen der aus dem Milieu der Bürgerinitiativen stammenden Stadtsoziologin und der noch immer von SED-Altgenossen geprägten PDS in Mitte beinahe kulturelle Welten. Auf der anderen Seite jedoch versprach die redegewandte und selbstbewußte Baumert, auch jüngere und alternative Milieus an die PDS zu binden – wenn da nicht ihr zuweilen unkonventioneller bis undiplomatischer Politikstil gewesen wäre.

Mit ihrem größtem politischen Erfolg, dem kompromißlosen Widerstand gegen den Masterplan von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), konnte sich Karin Baumert noch der Unterstützung ihrer Fraktion sicher sein. Doch bald schon geriet die forsche Baustadträtin auch in die Negativschlagzeilen. So hat sie die von ihr geführte und im Auftrag des Bezirks arbeitende Mieterberatungsgesellschaft ausgerechnet an ihren Ex-Mann verkauft.

Scheiterte der auf dem Fuße folgende Abwahlantrag damals noch am Widerstand der eigenen Fraktion, war spätestens mit der Genehmigung eines Hochhauses auf der Fischerinsel der PDS-Geduldsfaden gerissen. Das Argument Baumerts, daß mit dieser Entscheidung die geplante Veredelung der Wohnhochhäuser durch Bürgerhäuser vom Tisch sei, blieb ungehört. Nicht transparent sei die Entscheidung gewesen, kritisierte auch die Mehrheit der PDS-Abgeordnetenhausfraktion. Die Bedenken anderer Abgeordneter gegen die Abwahl waren „vergebene Liebesmüh“, wie es Bernt Holtfreter, ebenfalls Alternativer in den Reihen der PDS, formulierte.

Doch schon zuvor war das Verhältnis zwischen Baumert und PDS nicht mehr zu kitten. Nicht zuletzt ihr Protest gegen die Bundestagskandidatur des Flottenadmirals Elmar Schmähling hatte Baumert für die Genossen zur feindlich-negativen Kraft gestempelt. Was macht es da schon, daß die PDS gestern ihre Mehrheit im Bezirksamt aufgegeben hat. Doch in Mitte gilt wohl noch immer: lieber gar kein Genosse als ein unbequemer. Uwe Rada

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