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Grüne: Senat verharmlost Neonazis

Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Hamburg ist um ein Drittel gestiegen, die Aufklärungsquote gesunken. GAL fordert bessere Dokumentation und Auswertung der Vorfälle und mehr Vernetzung der Aktivitäten gegen Rechts

Die Nachfragen offenbaren Erkenntnislücken. Bereits bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts hatte Landesamtsleiter Heino Vahldieck die Zahlen zu den rechten Straftaten nicht genau aufschlüsseln können. Nun hat die GAL eine große Anfrage zu den etwa um ein Drittel gestiegenen Straf- und Gewalttaten von Rechts gestellt – und die Antwort des Hamburger Senats lässt zu wünschen übrig.

„Müssen erst Menschen mit dunkler Hautfarbe durch die Straßen gejagt werden, damit der Senat aufwacht?“ fragt Till Steffen, GAL-Sprecher für Justiz und Verfassungsschutz. In Hamburg sei die Gefahr, Opfer von rechten Tätern zu werden, mittlerweile größer als in Mecklenburg-Vorpommern, sagt Steffen. Bei den 14- bis 17-Jährigen wuchs die Zahl der Täter um die Hälfte. Auf 400 „Fälle“ stiegen im Jahr 2006 die rechten Straftaten an.

Einer jener Fälle war Martin Frank (Name geändert) aus Harburg. Am vergangenen Sonntag erst brachten Unbekannte seinen Briefkasten zur Explosion – erneut. Um 1 Uhr morgens hörte Frank, der die Harburger „Antifaschistischen Maitage“ mitgeplant hat, den Knall. Seither ermittele der Staatsschutz, wie die Polizei erklärt.

„Im Zeitraum von 2002 auf 2006 ist die Aufklärungsquote von 45,6 Prozent auf 34,9 Prozent gesunken“, sagt Antje Möller, die innenpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion. „Der Senat analysiert das nicht“, fährt sie fort, „er lässt es laufen.“ So zeigt die Senatsantwort auf die GAL-Anfrage, dass Erkenntnisse über eine „räumliche Verteilung der rechtsextremen Straftaten“ nicht vorliegen. Die Begründung: „Die Auswertung einer Vielzahl von Handakten wäre erforderlich.“ Und das sei in dem Zeitraum, der zur Beantwortung einer großen Anfrage bleibt, unmöglich zu schaffen.

Eine grundsätzlich fahrlässige Handlungsweise, findet Möller. So erfasse etwa die Polizeiliche Kriminalstatistik die Zahl bestimmter Straftaten in jedem Stadtteil, um Maßnahmen zu ergreifen. „Aber für rechtsextreme Straftaten existiert ein derartiges Lagebild nicht“, sagt sie. So fehlen denn auch bei der Prävention Ansätze für gemeinsame Arbeit in den Bezirken. Alleine für den Bereich Sport kann der Senat Erfahrungen gegen rechtsextreme Einstellungen darstellen. Wo Schulen oder Jugendeinrichtungen ansetzen, dazu hat er nichts zu sagen. Das zeige, wie wenig politisches Gewicht auf die Jugend- und Bildungsarbeit gegen Rechts gelegt werde, so Steffen und Möller. „Die ständige Verharmlosung ist fahrlässig“, erklären die GAL-Politiker. Hamburg brauche endlich eine Netzwerksstelle gegen Rechts.

Auch beim Blick auf rechtsextreme Vorfälle in Justizvollzugsanstalten erscheint Steffen der Senat blind. Der nämlich sagt, ihm sei nichts bekannt. Aktenkundig wurde aber ein Fall in der U-Haftanstalt Holstenglacis: In einer Zelle war ein Hakenkreuz an die Wand gemalt, daneben eine Nummer des Neonazianwalts Jürgen Rieger. Warum dieser Fall unerwähnt blieb, war auch gestern nicht von der Innenbehörde zu erfahren. Wegen des Brückentags konnte die Behörde die Datenerfassung nicht genau erläutern. ANDREAS SPEIT

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