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Korrekte Korruption

Geldstrafen für Ex-Oberbaudirektor Egbert Kossak und Baumogul Kai Wünsche wegen Bestechung. Freispruch beim Hauptanklagepunkt

„Mit Kossak an der Seite konnte Ihnen keiner mehr an den Karren fahren“

von KAI VON APPEN

Auf Korruption, selbst im „minder schweren Fall“, steht eigentlich Knast. Trotzdem verurteilte das Hamburger Landgericht gestern nach vier Monaten Prozess Ex-Oberbaudirektor Egbert Kossak (66) und den Baumogul Kai Wünsche (63) wegen „Bestechung“ beziehungsweise „Bestechlichkeit“ nur zu Geldstrafen in Höhe von 11.700 und 36.000 Euro. Das Gericht ist sicher, dass 1997 für die zügige Abwicklung des Baus von zwei Villen auf dem Grundstück Schöne Aussicht 29/30 „Schmiergeld“ geflossen ist. Richter Peter Wölber begründet das geringe Strafmaß aber damit, dass sich der Hauptanklagepunkt nicht bestätigt habe und den beiden bereits finanzielle Einbußen und Renommeeschäden enstanden seien – auch wenn Wölber die Brisanz der „Vetternwirtschaft“ erkennt: „Bestochener und Bestecher gehörten zu den führenden Persönlichkeiten der Hamburger Gesellschaft.“

Es war der Nebenaspekt der Anklage, der den beiden Society-Männern zum Verhängnis wurde. Im Zuge der Schmiergeldvorwürfe fanden Ermittler heraus, dass Wünsche auf Rat Kossaks zwecks reibungslosen Ablaufs des Bauvorhabens ausgerechnet das Architektenbüro von Kossaks Ehefrau beauftragt hatte. Diese hatte dafür 70.000 Mark von Wünsches Immobilienfirma IKH erhalten. Kossak sorgte dafür, dass durch Ratschläge und gezielte Briefe von ihm in der Behördenhierachie keiner quer zu schießen wagte. „Mit Kossak an der Seite konnten Sie sicher sein, dass es keinen mehr gibt, der ihnen an den Karren fahren kann,“ konstatiert Wölber und verweist auf einen Altfall. 1993 hatte Kossak Wünsches Bauvorhaben Schöne Aussicht 28 mit aller Macht zunächst blockiert, da ihm das angeheuerte Architektenbüro nicht passte.

Das Gericht betont allerdings, dass die nach Wünsches Plänen erfolgten Befreiungen vom gültigen „Bebauungsplan Uhlenhorst 3“ durch das zuständige Bezirksamt Nord trotz des Einwirkens der Kossaks rechtens waren. Die Sondergenehmigungen für den dreigeschossigen Bau seien nach Gesetzbuch und Städteplanung zulässig gewesen. „Die Bauten fügen sich in das Alsterpanorama harmonisch ein“, findet Wölber.

Vom Hauptpunkt der Anklage sprach das Gericht die beiden Angeklagten indes frei, da es den Aussagen des Hauptbelastungszeugen und Ex-IKH-Geschäftsführers Arnold Lengenhager keinen Glauben schenkt. Lengenhager will bei einem Treffen am 18. September 1997 dabei gewesen sein, als Wünsche Kossak ein Kuvert mit 200.000 Mark „Schmiergeld“ übergeben habe – als „Belohnung“ für das 15 Millionen-Schnäppchen in edelster Alsterlage. Lengenhager hatte den Vorfall erst ein Jahr später angezeigt, als er von Wünsche fristlos gefeuert worden war.

Für Wölber habe die „psychologische Realitätsanalyse“ der 15 stündigen Vernehmung Legenhagers ergeben, dass er eine „feindliche Gesinnung“ zu Wünsche habe und dadurch „falsche und echte Beschuldigungen durcheinander bringt“. So könnte bei der „Reproduktion“ von Ereignissen ein „Konstrukt“ entstehen, „selbst eine Bestechung in eine Sitzung hineinzulügen“.

Trotz des Rats von Wölber, unter das Verfahren einen Schlussstrich zu ziehen, kündigten die Verteidiger Otmar Kury und Johann Schwenn Revision an und wollen Lengenhager wegen falsche Anschuldigung anzeigen.

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