Arbeitsrecht und Unternehmen: „Klatsche“ für Sixt

Eine Mitarbeiterin wurde gekündigt, weil sie einen Betriebsrat gründen wollte. Das sei unwirksam, hat das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden.

In der Farbe orange ist der Sixt Mietwagenschalter im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens gehalten

Sixt ist mit der Kündigung einer Mitarbeiterin, die einen Betriebsrat gründen wollte, gescheitert Foto: Arne Dedert/dpa

BOCHUM taz | Im Kampf gegen die Gründung von Betriebsräten hat der Autovermieter Sixt eine schwere Niederlage einstecken müssen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat gleich drei fristlose und „hilfsweise ordentlich“ ausgesprochene Kündigungen einer Mitarbeiterin, die sich zusammen mit zwei Kolleginnen am dortigen Flughafen für eine Ar­beit­neh­me­r:in­nen­ver­tre­tung stark gemacht hat, für unwirksam erklärt.

Eine ordentliche Kündigung der Frau komme „nicht in Betracht, weil sie als Initiatorin einer Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genieße“, heißt es in einer am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Erklärung des Gerichts.

Auch weitere Vorwürfe des Arbeitgebers wie etwa „wiederholtes Zuspätkommen“, das die Sixt-Mitarbeiterin vehement bestreitet, hätten maximal eine Abmahnung gerechtfertigt. Zwar wurde eine Berufung vor dem Landesarbeitsgericht zugelassen – doch Ver.di-Gewerkschaftssekretär Özay Tarim, der die drei Beschäftigten bei der Betriebsratsgründung unterstützt, spricht schon heute von einer „heftigen Klatsche für Sixt“.

Denn bei dem Global Player, der weltweit Standorte in mehr als 100 Ländern hat, gibt es nicht einen einzigen Betriebsrat. Schon 2005 hatte Firmen-Patriarch Erich Sixt im Handelsblatt erklärt, warum er von Arbeitnehmer:innen-Mitbestimmung wenig hält, schon 2010 berichtete die taz über die Behinderung einer Betriebsratsgründung bei Sixt in Rostock. Und an dieser Linie scheint sich wenig geändert zu haben.

Es hagelte Rauswürfe

In Düsseldorf erhielten die beiden anderen Mitarbeiterinnen, die sich ebenfalls für bessere Bezahlung und geringere Arbeitsbelastung stark gemacht hatten, zunächst Abfindungsangebote – und nach deren Ablehnung ebenfalls Kündigungen. Auch in Frankfurt am Main hagelte es nach dem Versuch der Schaffung einer Arbeitnehmer:innen-Vertretung Rauswürfe.

Begründet wurde das mit skurrilen Argumenten: So warf das Sixt-Management den drei Beschäftigten aus Düsseldorf vor, für eine Betriebsversammlung, bei der ein Wahlvorstand für eine Betriebsratswahl bestimmt werden sollte, absichtlich einen zu kleinen Raum angemietet zu haben. Dies zeige, dass es den dreien „von Anfang an überhaupt nicht um die Durchführung einer ordnungsgemäßen Betriebsratswahl gegangen sei“, erklärte Sixt gegenüber der taz schon im November.

Allerdings: Für die Versammlung hatte sich keine einzige Mitarbeiterin, kein einziger Mitarbeiter angemeldet – schließlich hatte Personalchefin Friederike-Katharina Reichenberger zuvor Gespräche mit den Beschäftigten geführt. Selbst die Sixt-Geschäftsführer Heiner Schmedt und Schuster waren in Düsseldorf höchstpersönlich aufgetaucht, nachdem es die drei Frauen im August 2021 gewagt hatten, per Aushang am schwarzen Brett zur Gründung eines Betriebsrats aufzurufen.

Strafantrag gegen Sixt

An ihrer Forderung nach einer Arbeitnehmer:innen-Vertretung halten die drei Frauen dennoch fest. Angebotene Abfindungen von bis zu 15.000 Euro haben sie abgelehnt, obwohl sie als Gekündigte schon seit Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Und nach dem klaren Urteil zugunsten der ersten Betriebsrats-Gründerin setzen auch ihre beiden Kol­le­g:in­nen auf Unterstützung durch das Arbeitsgericht: „Die Verfahren sind inhaltsgleich“, sagt Gewerkschafter Tarim. „Wir hoffen deshalb, dass auch die Kündigungen der beiden anderen Kol­le­g:in­nen zurückgewiesen werden.“

In Frankfurt, wo der Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstands zunächst abgelehnt wurde, will Ver.di jetzt in die zweite Instanz ziehen. Und in Düsseldorf hat Gewerkschaftssekretär Tarim bei der Staatsanwaltschaft wegen „Behinderung der Betriebsratswahl“ Strafantrag gegen Sixt gestellt. SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte erst im Januar eine entsprechende Verschärfung des Strafrechts angekündigt.

Schließlich seien in Düsseldorf nicht ohne Grund schon im Vorfeld Gegenstimmen gegen die Betriebsratswahl „organisiert“ worden, sagt Tarim: „Wenn es in Deutschland an mindestens zwei Standorten wie Düsseldorf und Frankfurt Betriebsräte gibt, können wir einen Gesamtbetriebsrat einberufen“. Und der könnte dann selbstständig Wahlvorstände für weitere Arbeitnehmer:innen-Vertretungen einsetzen – Betriebsversammlungen wie in Düsseldorf könnten nicht mehr torpediert werden.

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