Arbeitsmigration vom Westbalkan: Union will Obergrenze
Deutsche Unternehmen sind zufrieden mit Angestellten vom Balkan, die Nachfrage nach ihnen ist hoch. Trotzdem sollen weniger kommen dürfen.

Das Ergebnis: Die Möglichkeit, in Deutschland zu arbeiten, wird stark nachgefragt – sowohl von den Arbeitnehmer*innen aus dem Westbalkan als auch von Unternehmen in Deutschland. Um die 300.000 Anträge prüfte die Arbeitsagentur seit Beginn der Regelung, 244.000 Mal gab sie ihre Zustimmung.
Die Studie bescheinigt eine hervorragende Arbeitsmarktintegration der Beschäftigten. Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug lagen in der Gruppe nur bei jeweils 0,1 Prozent – weit weniger als bei deutschen Berufsanfängern und anderen Vergleichsgruppen.
Trotzdem will die Union die Westbalkan-Regelung nur in modifizierter Form verlängern. Sie fordert eine Begrenzung der Einwanderung und Befristung der Regelung. „Aufgrund der Coronakrise steht zu befürchten, dass die Arbeitslosenzahlen steigen“, sagt Thorsten Frei, der für Innenpolitik zuständige Stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion.
Visa-Nachfrage übersteigt die Kapazitäten
„Deshalb ist es sinnvoll, die Westbalkan-Regelung zeitlich und in der Höhe zu begrenzen, um gegebenenfalls nachsteuern zu können“, sagt Frei. Derzeit sehe ein Kompromissvorschlag mit der SPD eine befristete Verlängerung mit jährlicher Evaluation und ein Kontingent von 25.000 Visa pro Jahr vor.
Dies würde eine Verringerung gegenüber dem Jahr 2019 bedeuten, in dem über 27.000 Visa ausgestellt wurden. Die Nachfrage für Visa lag aber weit höher. Die Bundesagentur für Arbeit erteilte in dem Jahr 62.000 Anträgen ihre Zustimmung. Die Diskrepanz zu den tatsächlich erteilten Visa erklärt sich aus individuellen Gründen, die gegen eine Visa-Erteilung sprechen – aber auch aus einer bürokratischen Überlastung der Auslandsvertretungen, die die Studienautor*innen feststellen.
Die Grünen-Fraktion im Bundestag hält die Haltung der Union für eine Fortsetzung von deren Antieinwanderungskurs. Die migrationspolitische Sprecherin Filiz Polat will die positiven Erfahrungen aus der Westbalkan-Regelung in ein „modernes und faires Einwanderungsrecht“ einfließen lassen.
„Die Evaluation zeigt, dass Einwanderung nur in jene Branchen erfolgt, in denen Fachkräftemangel herrscht.“ Die Sorge, dass Inländer*innen Arbeitsplätze weggenommen würden, sei unbegründet. Deshalb müsse die Westbalkan-Regelung ohne Obergrenze entfristet werden, fordert Polat.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
FDP sackt immer tiefer, BSW weiter an der Kante
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen