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Arbeiten in DeutschlandTeilzeitquote auf Rekordhoch

Fast 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten laut aktuellen Zahlen des IAB in Teilzeit. Frauen sind deutlich häufiger teilzeitbeschäftigt als Männer.

Frauen arbeiten heute viel häufiger in regulärer Teilzeit Foto: Grabowsky/photothek/imago

Berlin taz | Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten erreichte 2023 mit 39 Prozent einen neuen Rekord. Das geht aus Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf eine Anfrage der Gruppe Die Linke hervor. Frauen arbeiten mit knapp 60 Prozent viel häufiger in Teilzeit als Männer (20,7 Prozent).

Die Teilzeitquote von Frauen hat sich damit seit 2013 kaum verändert, bei den Männern ging sie leicht nach oben. Doch arbeiten Frauen heute viel häufiger in regulärer Teilzeit, das heißt sozialversicherungspflichtig oder als Beamtinnen. Rund 14 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen arbeiten als prekär Beschäftigte in Minijobs, als kurzfristig Beschäftigte oder in 1-Euro-Jobs. Zehn Jahre zuvor traf das noch auf jede fünfte Teilzeitbeschäftigte zu.

Über die Gründe für die hohe Teilzeitquote bei Frauen geben die Daten des IAB keine Auskunft. Doch laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts vom April nennt mehr als jede vierte teilzeitbeschäftigte Frau Kinderbetreuung als Grund für die reduzierte Arbeitszeit.

„Gegen den Fachkräftemangel helfen vor allem Investitionen in Kinder- und Altenbetreuungsstrukturen“, schlussfolgert Susanne Ferschl, Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik der Gruppe Die Linke im Bundestag. Die fehlende Infrastruktur sei der Grund, warum noch immer überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind. „Sorgearbeit ist nämlich neben der Erwerbsarbeit meist Frauensache.“ Hier müsse die Bundesregierung den Hebel ansetzen, sagt Ferschl, „anstatt über Prämien für Arbeitszeit-Ausweitungen zu diskutieren.“

Steuerfreie Überstunden

Die Ampelkoalition plant im Rahmen einer Wachstumsinitiative Steuerbefreiungen für Überstunden, eine Idee, die von Gewerkschaften kritisiert wird.

Das Statistische Bundesamt ermittelte für das vergangene Jahr eine Teilzeitquote von 31 Prozent und damit ebenfalls ein Rekordhoch. Die unterschiedlichen Zahlen basieren auf unterschiedlichen Erhebungsmethoden. Das IAB errechnet die Teilzeitquote auf Basis der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit und der Personalstandstatistik des Statistischen Bundesamtes (für Beamtinnen und Beamte).

Die Zahlen des Statistischen Bundesamts beruhen dagegen auf einer Haushaltsbefragung, dem Mikrozensus. Der Anteil der geringfügig Beschäftigten werde dort nach Auskunft des IAB deutlich unterschätzt, und damit liege die Teilzeitquote im Mikrozensus regelmäßig weitaus niedriger.

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21 Kommentare

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  • Es soll tatsächlich auch Frauen geben, die sich für Teilzeitarbeit entscheiden, obwohl sie keine Kinder versorgen müssen... Kann man diese Entscheidung bitte den Frauen überlassen? Lebensentwürfe sind individuell, und das ist gut so.

  • "laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts vom April nennt mehr als jede vierte teilzeitbeschäftigte Frau Kinderbetreuung als Grund für die reduzierte Arbeitszeit." (Lehmann)

    Tja, das heißt dann aber wohl auch dass fast 75% der teilzeitbeschäftigten Frauen auch ohne Kindererziehung nicht Vollzeit arbeiten wollen - oder sehe ich das falsch? Die Gründe hierfür werden in dem Artikel leider nicht beleuchtet.

    Ich habe ein langes Arbeitsleben im sozialen und pflegerischen Bereich gearbeitet, also fast ausschließlich mit Frauen. Und dabei habe ich auch beobachtet dass ein ganz erheblicher Anteil der Kolleginnen Teilzeitbeschäftigung bevorzugten.

    Die Gründe hierfür: Sie schützten sich damit vor Überbeanspruchung in diesen sehr belastenden Bereichen, wollten mehr Regenerationszeit für sich haben.







    Andere wiederum gaben ihren individuellen und anders gearteten Lebensentwurf als Grund an.

    Hinzu kommt noch, dass in diesen Bereichen sehr viele Stellen nur in Teilzeit ausgeschrieben werden - und dies wieder um angeblichen oder tatsächlichen Bedürfnissen der Frauen entgegen kommen zu können.

    Mehr KiTa-Plätze sind zwar dringend nötig - aber nicht das Allheilmittel!.

    • @LittleRedRooster:

      Danke!



      Und Teilzeit ist nicht gleich Teilzeit, zwischen 15 und 35 Wochenstunden ist viel Unterschied.



      Spannend finde ich an diesen Diskussionen: Wenn in angesagten Branchen plötzlich die Viertagewoche verhandelt und groß als Gewinn beworben wird, spring die mediale Öffentlichkeit begeistert bei - das könnte ja "der Wirtschaft" ein Beispiel sein. Wenn Eltern, v.a. Frauen, ob in Partnerschaft oder im Alltag alleinorganisierend, weniger als ein VZÄ von 38,5 oder 40 oder 42 Wochenstunden arbeiten, kommt gleich so ne moralische Note rein von allen Seiten - Mütter sollen dies, Mütter wollen das...



      Dürfen Frauen das vielleicht selbst entscheiden? Schön übrigens, wenn Menschen sorgsam mit sich umgehen und sich eben NICHT in VZ von Burnout zu Burnout schuften.

      Und dieses alberne Rente-Argument - als ob ne auskömmliche Rente allein von VZ abhinge und nicht sehr viel entscheidender von der tatsächlichen Höhe des Einkommens.

  • Ich (männlich) würde gerne Vollzeit arbeiten, aber mein AG möchte das nicht zahlen. Vielleicht auch mal aus der Richtung schauen. Viele Firmen haben lieber 500 Teilzeitkräfte als 250 Vollzeitkräfte. Da kann man viel wollen, wenn die Stelle nicht existiert. Völlig unabhängig vom Geschlecht....

  • Ich muss mich über diesen rein repetativen Journalismus (nicht nur hier) immer wieder wundern.

    Anstatt einmal in die Ursachenforschung zu gehen. Oder sozial-psychologisch zu schauen: Viele Frauen, die Kinder haben, sind verheiratet. Oft verdienen Männer mehr Geld als ihre Frauen. Aber eben nicht nur, weil sie Vollzeit arbeiten, sondern auch aufgrund ihrer Berufswahl. Also hat er Steuerklasse 3 und sie Steuerklasse 5. Selbst wenn man das Ehegattensplitting abschaffen würde, würde man den Menschen nicht in ihre Lebensentscheidungen reinreden können. D.h. bei der Berufswahl wird schon mit einkalkuliert, kann ich damit später der Ernährer sein. Und selbst wenn die Frau einen guten Job hat: Viele Frauen wollen ihr Mutter-Dasein nicht mit einer Vollzeit-Stelle in Einklang bringen, wenn sie dazu finanziell nicht gezwungen sind. Für viele Mütter soll der Beruf gar nicht so eine große Rolle spielen, weil sie sich gerne auch um ihre Kinder kümmern wollen. Und das ist auch nicht antifeministisch, wenn es eine bewusste Selbstermächtigung ist in die niemand reinzureden hat.



    Weiterer Punkt: In einigen Familien arbeiten die Frauen gar nicht, über diese Klientel wird nie gesprochen, spannend.

  • Betreuung setzt voraus, dass man Leute hat die betreuen, Kindergärtnerinnen z.B.



    Je nach Bundesland hapert es da aber gewaltig. Viele Kitas sind nur halbtags geöffnet ( weil zu wenig Bertreuer) oder haben nur eine abgespeckte Nachmittagsbetreuung weil eben Mitarbeiter fehlen.



    Wer will schon nach 5 Jahren Ausbildung, erst 2 Jahre Sozialassistenz dann 3 Jahre Erzieherausbildung wobei nur das letzte Jahr bezahlt wird.



    Da hilft es auch nichts statt Erzieher das jetzt „Bachelor Professional in Sozialwesen“ zu nennen.

    • @Der Cleo Patra:

      So sieht's aus!



      Das ist auch nicht einfach mit mehr Geld zu heilen.



      Fachkräftemangel allerorten.



      Immerhin reguliert die Regierung jetzt die Unterstützung der Kitas nach .



      Offenbar haben einige Bundesländer die Fördergelder für die kostenbefreite Kitas genutzt, anstatt mehr Stellen zu schaffen. So ist es möglich, auf Kosten des Bundeshaushalts Geschenke an die eigene Klientel zu machen.



      Es bleibt mir schleierhaft, warum BesserverdienerInnen von den Kita-Gebühren befreit werden sollten.



      Familien mit geringem Einkommen zahlen sowieso nicht und in der Folge bleibt es Einkommensabhängig gestaffelt.



      Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesländer jetzt in die Zukunft investieren und nicht mehr in Wahlgeschenke.

      • @Philippo1000:

        In RLP ist Kitabesuch ab dem Moment des gesetzlichen Rechtsanspruchs auf einen Platz gebührenfrei, schon seit 15 Jahren ungefähr, also nicht erst zur neuen Kitagesetzgebung.



        Für die Verpflegung zahlen wir Eltern weiterhin.



        Warum Kitas Geld kosten sollen, ist mir hingegen schleierhaft. Ja, sie sind im Sozial- und nicht im Bildungsetat verortet, da gehören sie aber eigentlich inhaltlich längst hin.



        Und natürlich könnten wir auch Schulgeld wieder einführen, oder?

        Der Sinn der Kostenfreiheit? Gute Kitas für alle - hürdenfrei und mit so wenig Bürokratie wie möglich, insbesondere keine weiteren Antrags- und Papierkriegs-Hemmnisse für alle, die finanziell prekär dastehen.



        Vermeintlich mehr Geld schafft übrigens keine neuen Erzieher*innen herbei, die müssen nämlich überhaupt mal da sein und dann muss der Betteuungsschlüssel auch noch passen ;)

    • @Der Cleo Patra:

      Ihre Informationen sind nicht vollständig: heutzutage wird die Erzieherausbildung in vielen Fällen komplett bezahlt. DIe Sozialassistenz gibt es oftmals nicht mehr.



      Der Punkt ist aber, dass mit jeder Gehaltserhöhung die Anzahl der Mitarbeiter steigt, die Teilzeit arbeiten. In unserem Nachbarkindergarten ist es inzwischen so, dass man Mitarbeiter entlassen müsste, wenn alle Vollzeit arbeiten würden. Machen aber viele nicht, daher fehlen am Ende Betreuer. Gleiches gilt für die Altenpflege.

      • @Bommel:

        Das stimmt leider überhaupt nicht. Ist auch ganz schnell rauszufinden, es gibt nur wenige berufsbegleitende Ausbildungen als Erzieher /in . Die meisten sind an der Fachschule. Kein Geld, dafür gutes Jahr unbezahltes Praktkikum

  • Solange Strukturen wie die gemeinsame Veranlagung von Steuern, ein Einkommensgefälle zwischen zwei Verdienern begünstigen, und solange sich Frauen darauf verlassen können, dass der andere Teil der Partnerschaft das Einkommen beisteuert und sie mehr Zeit mit den Kindern verbringen können, wird sich daran wenig ändern.

    Interessant wäre aber auch zu wissen, wie hoch der Anteil an Frauen in Teilzeit ist, die keine Kinder haben.

    • @Usch Bert:

      Die gemeinsame Veranlagung "begünstigt" nicht sie neutralisiert. Sie lässt Ehepaaren finazielle Wahlfreiheit, wie sie Arbeit in der Ehe aufteilen. Das ich ausgerechnet in einer linken Zeitung immer Kommentare lese, die genau dies abschaffen wollen, auf der anderen Seite aber für die Selbstbestimmung eintreten, verwundert.

  • Warum wird Teizeit-Arbeit immer mit negativem Unterton beschrieben? Es ist doch begrüßenswert wenn mehr Zeit für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige oder Ehrenämter wichtiger ist als mehr Geld für Konsum/größere Wohnung/Fernreisen.

    • @KlausM:

      Vielleicht weil es später an der Rente fehlt.

    • @KlausM:

      Und es ist noch besser.



      Der Studnenlohn der Arbeitenden steigt wenn das Angebot von Arbeitszeit am Arbeitsmarkt rückläufig ist.



      Der erhöhte Stundenlohn führt zu Kaufkraft in den Absatzmärkten vor Ort.



      Folglich wächst die Wirtschaft, was zu stärkerem Arbeitsangebot führt und noch besseren Positionen in Gehaltsverhandlung.



      Eat - solang etwas dran ist - the rich ! Wohlstand durch weniger Arbeit !

  • Wenn Betreuungsangebote fehlen, bin ich dafür, welche zu schaffen. Ohne wenn und aber. Bei uns im Ort gibt es sie und meine Frau und ich arbeiten schon immer Vollzeit. Mit Kindern.



    Ich kenne aber auch genug Familien, wo ein Ganztagsbetreungsangebot da wäre, die Frau aber teilzeit oder garnicht berufstätig ist. Es ist eben eine legitime private Entscheidung. Die Möglichkeit, diese Entscheidung tatsächlich auch treffen zu können, eine Wahl zu haben, finde ich wichtig und richtig. Es wird aber nichts daran ändern, dass einen gewissen Anteil von mehrheitlich Frauen geben wird, der sich gegen Vollzeit entscheidet.

    • @QuerBeetLeser:

      es wäre auch angebracht, daß die männer mehr an care-arbeit für kids + den haushalt übernehmen.



      nicht schaden könnte auch eine 4-tage-woche bei vollemlohnausgleich bzw. weitere arbeitszeitverkürzungen, damit mütter+eltern mehr zeit für kids + auch für sich selbst haben.

    • @QuerBeetLeser:

      sie haben nur teilweise recht. entscheiden kann frau bzw. eltern erst, wenn es alternativen gibt. + betreuungsangebote gibts halt schon sehr lange zu wenig, gabs noch nie genug.



      im gegensatz zur ex-ddr. das frauenbild bei uns ist auch anders als z.b. in frankreich noch zu sehr vom mutter-klischee als hauptberuf geprägt.

      es ist so eine verschwendung, gut ausgebildete, hochqualifizierte frauen auf einmal darauf reduziert zu sehen, nur weils an plätzen für die kids fehlt oder weil sie die mutterrolle übererfüllen.

      • @Brot&Rosen:

        Habe ich doch gesagt, dass eine echte Entscheidungsmöglichkeit gegeben sein sollte.

      • @Brot&Rosen:

        Es geht ja hier nicht um Frauen, die ganz zu Hause bleiben, sondern um Teilzeit. Ich finde nicht, dass man die "mutterrolle übererfüll[t]", (oder auch die Vaterrolle), wenn man seine Nachmittage gerne mit den Kindern verbringt und nicht nur abends die Kinder ins Bett bringt (dann fehlt ja gerade das was Spaß macht, toben, spielen, gemeinsam Sachen entdecken etc.) oder dann alles am Wochenende stattfinden muss, neben der Erholung von der Vollzeit-Arbeit. Beide Eltern Vollzeit mit Kindern bedeutet sehr viel Stress und macht es wahrscheinlich sehr viel schwieriger, das Eltern-Sein zu genießen. Und: Je mehr Eltern Teilzeit arbeiten, um so besser ist das Betreuungsangebot für alle.

        Die Teilzeit-Quote steigt, die Zahl der Kitaplätze aber auch, wenn auch langsam. Das bedeutet, es liegt nicht am fehlenden Betreuungsangebot, sondern daran, dass in vielen Bereichrn die Reallöhne steigen und es sich mehr Eltern leisten können, nicht beide Vollzeit arbeiten zu müssen. Das dolltw man nicht kritisieren, sondern feiern

  • "Die fehlende Infrastruktur sei der Grund, warum noch immer überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind." Wenn ich mich bei Teilzeitarbeitenden (überwiegend Frauen) umhöre, höre ich eher, dass sie die Zeit mit ihren Kindern genießen wollen. Macht den Eltern die Teilzeit nicht madig, sondern macht sie attraktiver, sonst werden wieder mehr Eltern, insbesondere Mütter, gar nicht arbeiten, weil sie ihre Kinder gar nicht so lange weggeben wollen.

    Dieses Gerede von der "Sorgearbeit" geht an einer Realität vorbei, in der Menschen Kinder in den allermeisten Fällen freiwillig in die Welt setzen, und zwar nicht aus volkswirtschaftlichen Überlegungen als Mittel gegen Fachkräftemangel oder um künftige Renten zu finanzieren, sondern weil sie Kinder mögen, weil sie Zeit mit Kindern verbringen wollen und weil sie diese Zeit als eine Bereicherung empfinden, nicht als eine lästige Pflicht, die der Karierre im Wege steht.