Appell für Waffenstillstand in Gaza: Aufstand gegen Scholz
Über 20 SPD-Abgeordnete fordern mit Kollegen aus den USA und Kanada einen sofortigen Waffenstillstand. Sie wenden sich damit gegen den Kurs der Ampel.
Zu den Unterzeichner:innen gehören 20 deutsche Bundestagsabgeordnete der SPD, darunter Ralf Stegner und Aydan Özoğuz, 2 SPD-Abgeordnete im Europäischen Parlament, sowie 20 kanadische Abgeordnete der Neuen Demokratischen Partei sowie der Liberal Party of Canada und 10 US-Abgeordnete der Demokraten.
„Wir verurteilen den Terror der Hamas aufs Schärfste und fordern die sofortige Freilassung aller Geiseln“, sagte die SPD-Abgeordnete Derya Türk-Nachbaur der taz. Sie gehört zu den Initiator:innen des Briefes und ist stellvertretende menschenrechtspolitische Sprecherin der SPD. Der Staat Israel hätte das Recht, sich im Rahmen des Völkerrechts zu verteidigen und gegen künftige Angriffe zu schützen. „Die humanitäre Lage in Gaza ist jedoch katastrophal.“ Über 20.000 tote Zivilistinnen, davon tausende Kinder, könnten „uns nicht unberührt lassen“.
Türk-Nachbaur verwies in diesem Zusammenhang auf die Reise in den Nahen Osten von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der vergangenen Woche. Baerbock hat bei einem Besuch am ägyptischen Grenzübergang Rafah eindringlich gefordert, dass humanitäre Hilfe Gaza erreichen müsse, um die schlimmste Not zu lindern.
Zwei-Staaten-Lösung einziger Weg
Die andauernden Kampfhandlungen in Gaza ließen keinen Schutzraum mehr für Zivilist:innen in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt zu, heißt es in dem offenen Brief weiter. Zudem warnen die Unterzeichner:innen vor einer drohenden Ausweitung des Kriegs. Die vom Iran unterstützten Huthis feuern Raketen auf Handelsschiffe im Roten Meer, die Hisbollah greift aus dem Süden Libanons Israel an. Die Abgeordneten befürchten verheerende Auswirkungen für die ganze Region, sollten diese Parteien verstärkt in den Konflikt eigreifen.
„Die Vision einer Zweistaatenlösung bleibt der einzig gangbare Weg für eine nachhaltige Konfliktlösung.“ Aus Sicht der Abgeordneten kommt Deutschland, USA und Kanada dabei eine Schlüsselrolle zu. Dazu gehört auch, eine „nennenswerte internationale Wiederaufbauhilfe für die zerstörten zivilen Ortschaften in Gaza und Israel bereitzustellen“. „Unsere Regierungen sollten sich für die Einhaltung internationalen Rechts einsetzen und unsere Verbündete für ihre Handlungen in die Verantwortung nehmen“.
„Es darf keine Rückkehr zu dem gefährlichen Status quo eines ungelösten Konflikts geben“, sagte die SPD-Abgeordnete Sanae Abdi der taz. Nur eine politische Lösung könne dauerhaft für Frieden und Sicherheit sorgen und Extremisten den Boden entziehen. Abdi übt zudem scharfe Kritik an der israelischen Regierung. „Die Ausweitung der Siedlungen im Westjordanland oder Forderungen nach einer Umsiedlung der Palästinenser sind Verstöße gegen das Völkerrecht, die einer nachhaltigen politischen Lösung im Wege stehen.“
Unmissverständlich machen die Unterzeichner:innen klar, dass sie den Terror der Hamas und den brutalen Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 scharf verurteilen. Sie bezeichnen diesen Angriff als „Zivilisationsbruch aus Mord, Folter, sexualisierter Gewalt und Geiselnahme, der sich gegen unschuldige Zivilistinnen und Zivilisten, inklusive Kinder, richtete“.
Einseitige Haltung Deutschlands?
Doch insbesondere in Deutschland würde zunehmend der Eindruck entstehen, dass sich die Bundesregierung einseitig positioniere. „Deutschland ist mit seiner Haltung in Europa und darüber hinaus ziemlich alleine“, sagte die SPD-Politikerin Isabel Cademartori der taz. Viele hätten hierzulande das Gefühl, dass die deutsche Politik einseitig Stellung beziehe und neben der notwendigen und richtigen Solidarität mit Israel das Leid der Palästinenser ausblende und Israels Vorgehen im Gazastreifen mehr oder weniger kritiklos akzeptiere. Viele Menschen in der Bundesregierung, im Parlament und der Bevölkerung sorgten sich um die Situation vor Ort und versuchten auf verschiedenen Wege im Sinne einer humanitären Lösung positiv Einfluss zu nehmen.
„Auch in der Tradition der bisherigen Nahostpolitik der SPD, die immer auf einen Interessensausgleich zwischen den Konfliktparteien ausgerichtet war, möchten wir die dringend notwendige Debatte über den richtigen Kurs anstoßen, die bei unseren transatlantischen Partnern anders als in Deutschland sehr offen geführt wird“, so Cademartori.
Der Brief sei aus der SPD-Fraktion heraus entstanden, heißt es. Die Erwartung ist hoch, dass Außenministerin Baerbock sich bei ihren Gesprächen im Nahen Osten für die Forderungen starkmacht. Denn: „Die Sicherheit und die Zukunft von Israel und Palästina sind untrennbar miteinander verbunden.“
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