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Appell für Verhandlungen über Abrüstung„Friedensfähig statt erstschlagfähig“

In einem Offenen Brief fordert eine Kampagne, keine US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren. Sie würden gefährliche Instabilität statt Sicherheit bringen.

„Neue Verhandlungen über Rüstungskontrolle und die Abrüstung aller Mittelstreckenwaffen“ fordern mehr als 40 Friedensinitiativen Foto: Pascal Beucker

Berlin taz | In einem Offenen Brief fordert ein Bündnis von mehr als 40 Friedensinitiativen die Kandidierenden zur Bundestagswahl dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass keine US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland stationiert werden. Die Folge der Stationierung von schnellen, präzisen und schwer abzufangenden Mittelstreckenwaffen in der Bundesrepublik wäre „nicht mehr Sicherheit, sondern eine gefährliche Instabilität, in der ein einziger Irrtum oder Fehler ausreicht, um die Welt mitten in einen Atomkrieg zu führen“, warnen die Verfasser:innen. Notwendig seien stattdessen „neue Verhandlungen über Rüstungskontrolle und die Abrüstung aller Mittelstreckenwaffen“.

Initiiert hat das Schreiben die Kampagne „Friedensfähig statt erstschlagfähig“, die unter anderem vom Netzwerk Friedenskooperative, der DFG-VK, Pax Christi, IPPNW, ICAN und dem Deutschen Friedensrat getragen wird. Zu den mehr als 30 Erst­un­ter­zeich­ne­r:in­nen gehören die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann, der Rüstungskritiker Jürgen Grässlin, der Politikwissenschaftler Frank Deppe, die Schriftstellerin Daniela Dahn und der Umweltforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker.

Sie beklagen, dass die weitreichende Entscheidung, US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren, ohne eine vorherige öffentliche Debatte und ohne Mitsprache des Bundestags getroffen wurde. Das sei „einer Demokratie nicht würdig“. Ebenso kritikwürdig sei, dass die Ankündigung – anders als der Nato-Doppelbeschluss von 1979 – kein Verhandlungsangebot an Russland über den beidseitigen Verzicht auf derartige Waffen enthält.

Am 10. Juli 2024 hatten die US-Regierung und die Bundesregierung bekannt gegeben, ab 2026 US-Raketen vom Typ SM-6, Tomahawk-Marschflugkörper und Dark-Eagle-Hyperschallwaffen in Deutschland stationieren zu wollen. Damit würden erstmals wieder seit dem Kalten Krieg Waffensysteme in Deutschland stationiert, die bis nach Russland reichen.

Sie sollen vollständig unter der Kontrolle der US-Streitkräfte stehen und sind Teil der „Conventional Prompt Global Strike“-Strategie der USA, die darauf abzielt, binnen kürzester Zeit jeden Ort der Welt mit konventionellen, nichtatomaren Systemen angreifen zu können. Bundeskanzler Olaf Scholz begründete die Entscheidung mit Russlands Aufrüstung, die eine Bedrohung für Europa darstelle.

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20 Kommentare

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  • Was ich neben dieser ganzen Aufrüstung erschreckend finde ist, dass die Stationierung der US-Mittelstreckenwaffen überhaupt ohne öffentliche Debatte und ohne Mitsprache des Bundestags getroffen werden darf. Das betrifft ja auch unsere Waffenlieferungen ins Ausland bei denen man auch nicht sagen kann anhand welcher Informationen, rechtlicher Überprüfung etc. man zu dem Schluß gekommen ist, dass die Waffen im Einklang mit dem Völkerrecht benutzt werden und somit weitergegeben werden können. Allein aufgrund unserer Geschichte finde ich dieses Vorgehen nicht nur fraglich, sondern extrem bedenklich. So flexible wie einige Politiker mit universellen Menschenrechten und Völkerrecht umgehen v.a. wenn es um die Wirtschaft geht, habe ich wenig Vertrauen in deren Entscheidungen besonders dann wenn sie hinter verschlossenen Türen getrofffen werden.

    • @Momo Bar:

      👍Ganz bei Ihnen - wo bleibt bei solchen essentiellen Entscheidungen unsere Demokratie ? Da fühlt man sich doch glatt als Bürger iwie übergangen.

  • Nur mal so: Wilhelm Busch (1890)



    Bewaffneter Friede

    Ganz unverhofft, an einem Hügel,



    Sind sich begegnet Fuchs und Igel.



    »Halt«, rief der Fuchs, »du Bösewicht!



    Kennst du des Königs Ordre nicht?



    Ist nicht der Friede längst verkündigt,



    Und weißt du nicht, daß jeder sündigt,



    Der immer noch gerüstet geht? -



    Im Namen Seiner Majestät,



    Geh her und übergib dein Fell!«

    Der Igel sprach: »Nur nicht so schnell!



    Laß dir erst deine Zähne brechen,



    Dann wollen wir uns weitersprechen.«



    Und alsogleich macht er sich rund,



    Schließt seinen dichten Stachelbund



    Und trotzt getrost der ganzen Welt,



    Bewaffnet, doch als Friedensheld.

  • Die Waffen, um die es geht, machen Deutschland doch gar nicht "erstschlagfähig".



    Und bezüglich der USA gilt: Auch sie wird damit nicht erstschlagfähig, die USA ist seit Jahrzehnten erstschlagfähig.



    Und was den verrückten Präsidenten angeht, der Hinweis : Es ist Trump, der ständig wiederholt er sei der Präsident, der keinen Krieg angefangen hat. Im Gegenteil: die Sorge ist doch, dass er bei einem russischen Angriff auf einen NATO Staat Verteidigungszusagen nicht einhält, sondern lieber einen Deal macht.

    • @Monomi:

      "Es ist Trump, der ständig wiederholt er sei der Präsident, der keinen Krieg angefangen hat."

      Das bedeutet aber nicht, dass er keinen anfangen wird. Aktuell stellt er sehr konkrete Gebietsforderungen an Dänemark und Panama. Kanada will er von der Landkarte verschwinden lassen. Die Einwohner von Gaza deportieren...

      Dazu umgibt er sich mit Leuten, die Gewalt für das Hauptmittel zur Konfliktlösung halten.

      Die sind gefährlich.

  • Für alle Mittelstreckdenfans.

    Diese Waffen stehen einzig und allein unter dem Kommando von Donald Trump. Er kann damit machen was er will. Er kann sie zu unserem Schutz einsetzen oder es lassen. Und er kann sie auch gegen unseren Willen gegenjeden einsetzen, der ihn stört.

    Unter diesen Umständen kann doch kein vernünftiger Mensch auf die Idee kommen, die Waffen zu stationieren.

  • Aus dem offenen Brief: "Die europäische Geschichte zeigt, dass Rüstungskontrollverträge und Strukturen der gemeinsamen Sicherheit und Zusammenarbeit der einzige Weg sind, um Konfrontationen ohne Blutvergießen beizulegen und Aufrüstungsspiralen zu durchbrechen."

    Wie man im nunmehr dritten Jahr des russischen Eroberungskrieges ernsthaft glauben kann, es mit einem Gegenüber zu tun zu haben, dem nach wie vor an "der gemeinsamen Sicherheit und Zusammenarbeit" gelegen ist, nachdem dieser sämtliche bisherigen Verträge genau dazu gebrochen hat, ist wohl nur noch mit massiver kognitiver Dissonanz zu erklären. Spätestens seit der russischen Besetzung der Krim 2014 kann ich das ständige Abspulen der immergleichen, die Realität beharrlich ignorierenden Sprach- und Denkschablonen verganger Zeiten immer schwerer ertragen.

  • 1) Im Gegensatz zu 1979 handelt es sich nicht um Kernwaffen, sondern um konventionell bestückte Mittelstreckenraketen.



    2) Vergleichbare russische Systeme stehen bereits im Oblast Kaliningrad. Ab ca. Mai 2025 sollen Mittelstreckenraketen mit Kernsprengköpfen im Weißrussland stationiert werden. Ich habe nichts gelesen, dass Russland damit Angebote zur Abrüstung verbunden hätte.



    3) Warum werden Verteidigungsmaßnahmen der Nato vonseiten der Friedensbewegten immer als potenzielle Angriffsdrohungen verstanden, während Putins Handeln (der nun Angriffskriege in der Realität betreibt) nicht einmal erwähnt wird?

    • @Vigoleis:

      1) Lässt sich in Handumdrehen ändern.

    • @Vigoleis:

      "Im Gegensatz zu 1979 handelt es sich nicht um Kernwaffen, sondern um konventionell bestückte Mittelstreckenraketen."



      Können die Russen da sicher sein? Werden die weniger als Bedrohung wahrgenommen?

      • @Francesco:

        Es sind die Russen, die die Nato bedrohen. Und zwar mit der unverhohlenen Ankündigung und Forderung, territorial das alte russisch-sowjetische Einflussgebiet wiederzuerlangen. Darauf soll der "Westen", die Nato nicht reagieren? Warum fühlt man die "Bedrohung" Russlands durch die Nato, sieht aber im Vorgehen Putins und Russlands mehr so eine Art Selbstverteidigung.



        Die Nato stellt Verteidigungswaffen auf im Rahmen ihrer Möglichkeiten, um Russland, ja, abzuschrecken. Ja, dann nennen Sie es eben "Bedrohung".

  • Schon das Vorhandensein eines irren Präsidenten genügt doch, hier keine Waffen hinzustellen die unter dessen Kontrolle stehen! Gehts noch?

    Ferner: JEDE Waffe macht einen Krieg ein wenig wahrscheinlicher. Der ursprüngliche Grund für die Herstellung und Stationierung einer Waffe ist dabei egal und sowieso fast immer der Gleiche: Die Rüstungsindustrie will Umsatz machen...

    • @realnessuno:

      Stimmt nur formal. Ohne die Waffen der Ukraine hätte es keinen Verteidigungskrieg in der Ukraine gegeben. Die Ukraine wäre jetzt komplett russisch.



      Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß der erfolgreiche Raubkrieg #4 Putin endgültig satt und zufrieden gemacht hätte. Das musste auch Chamberlain erst auf die harte Tour lernen.



      Ohne Waffen und Krieg wäre wohl auch realnessuno in der HJ aufgewachsen.

  • Wenn Russland sich aus allen besetzen Gebieten zurückzieht und seine nuklearen und konventionellen abrüstet, wird Deutschland sicher auch auf die Mittelstreckenraketen abrüsten. Aber erstmal muss Russland in Vorkasse gehen und zwar massiv, wenn es normale friedliche Beziehungen haben will. Was soll man da jetzt offiziell Forderungen dranhängen wenn Russland eh nein sagt.

    • @Machiavelli:

      Zumal diese Vorkasse lediglich die Rückkehr zum Völkerrecht bedeutet.



      Warum die Missachtung bis Verachtung des Völkerrechts als friedensstiftend gelten soll, verstehe ich nicht. Vielleicht bin ich einfach zu dumm

  • "Bundeskanzler Olaf Scholz begründete die Entscheidung mit Russlands Aufrüstung, die eine Bedrohung für Europa darstelle."



    Wie es weiterging, als die Verhandlungen nach '79 nicht zustande kamen, ist bekannt:



    "In der Zeit von 1981 bis 1986 führten die USA ein gigantisches Aufrüstungsprogramm durch.



    Reagan bezog sogar den Weltraum mit in seine Rüstungspläne ein. Die strategische Verteidigungsinitiative, kurz SDI, sah ein Raketenabwehrsystem im All vor. Kosten des Fünf-Jahres-Programms: 26 Milliarden Dollar.



    Ronald Reagan war davon überzeugt, dass er auf diese Weise die Sowjetunion in Grund und Boden rüsten konnte. Zu diesem Zeitpunkt war die sowjetische Wirtschaft stark angeschlagen, ein erneutes Wettrüsten würde den Osten endgültig in die Knie zwingen."



    www.planet-wissen....lbeschluss100.html



    Nicht nur einmal, wie b. Manöver "Able Archer", waren wir kurz v. d. WK III.



    www.br.de/nachrich...eg-standen,TVwNtSj



    "Dabei wird ein atomarer Krieg unter realistischen Bedingungen geübt. Generalsekretär Andropow hat jetzt keine Zweifel mehr, dass ein Atomangriff..."

    • @Martin Rees:

      Ja, wirklich lächerlich, was Reagan da wollte. Als ob die Sowjetunion jemals zerbrechen und die Osteuropäer aus ihrem Völkergefängnis entlassen könnte.

  • Wieviele Millarden Dollar hat Scholz denn für die Standortnutzung in Deutschland von den USA herausgehandelt ?

  • "Friedensfähig statt erstschlagfähig"



    Die ewig alte Leier 🙄🤦‍♂️ - diese Idee krankt seit jeher daran, dass sie völlig außer Acht lässt wer mein Gegenüber ist.



    Will auch er Frieden, dann ist Abrüstung und sachlich ruhiges Reden natürlich der beste Weg für einen nachhaltigen Frieden oder ein Miteinander auskommen.



    Hat mein Gegenüber aber Frieden nicht im Sinn, dann ist wer nicht widerstandsfähig ist nichts anderes als leichte Beute🤷‍♂️



    Neutrale Staaten/unbewaffnete Parteien kamen noch immer als erstes unter die Räder wenn sich durch den Geschichtslauf Despoten jeglicher Couleur anschickten Großreiche zu erreichten...



    Si vis pacem, para bellum - wer Frieden will der bereite den Krieg vor. Das hat nichts mit Lüsternheit zu tun, das nennt man vorbeugen.



    Wer das nicht glaubt möge gerne mit dem Ölzweig in der Hand an die ukrainische Front und John Lennons' "Imagine" singen - toitoitoi✌️



    "Friedensfähig statt erstschlagfähig"... - nur wer erstschlagfähig ist hat Argumente für Frieden, so schauts aus 🕊️

    • @Farang:

      Persönliche Erfahrung! beim Rechte- und/oder Hansasticker abreißen werde ich immer bedroht. Seit ich zufällig immer meine Fahrradpumpe aus Stahl oder ein Stück Gardinenstange aus Holz dabei habe, werde ich relativ schnell in Ruhe gelassen. Einfach zurück drohen und filmen. Hat bisher funktioniert.